1285 - Der Vampirhasser
Blutsauger. Sie war immer in der Lage, auf diese Wesen zurückzugreifen. In der düsteren Vampirwelt hausten genügend Blutsauger, die darauf warteten, ihre Zähne in frisches Fleisch schlagen zu können. Wenn sie in die normale menschliche Welt transportiert wurden, war das für sie wie Weihnachten und Ostern zugleich für einen normalen Menschen.
Das erklärte ich auch Suko, der mir aufmerksam zuhörte und sich meiner Ansicht anschloss.
»Trotzdem beschäftigt mich noch ein Problem.« Er deutete auf das zerstörte Fenster. »Warum ist die Scheibe zerschlagen worden? Sag nicht, Urcan hat sie als Fluchtweg benutzt, was zugleich die nächste Frage aufwirft und wir daran denken sollten, aus welch einem Grund er überhaupt geflohen ist? Er hätte nur das Fenster zu öffnen brauchen, um zu verschwinden. Oder nicht?«
»Das schon.«
»Perfekt. Wenn er es nicht getan hat, muss das ein anderer übernommen haben.«
»Der Blutsauger.« Für mich gab es keine andere Möglichkeit. »Er ist ja nicht normal in die Wohnung gekommen. Die Tür wollte er nicht nehmen. Also hat er sich für das Fenster entschieden, nachdem er über das Dach geklettert war.«
»Das ist die Lösung.«
»Danke.«
Suko winkte ab. »Was haben wir davon? Weder einen Vampir noch diesen selbst ernannten Vampirjäger. Wir stehen wieder am Anfang, und ich sage nur: Wieder mal super.«
So einfach wollte ich nicht aufgeben, auch wenn es mich ärgerte, dass uns die Cavallo irgendwie gelinkt hatte. Wenn es dieser Urcan geschafft hatte, aus dem Fenster zu klettern, dann war das für uns ebenfalls kein Hindernis.
Ich umging den Tisch und hatte wenig später das recht hoch liegende Fenster erreicht. Der Blick nach draußen schweifte über ein nicht besonders schräges Dach hinweg, über das man sehr wohl laufen konnte.
Ich wollte mehr sehen und zog mich an der Fensterbank hoch. Jetzt fielen mir auch die Kamine in der Nähe auf. Ebenso wie andere Dächer, die mal tiefer als das hier lagen oder höher hinausragten und manchmal aussahen wie riesige abgeschrägte Stufen.
So konnte ein idealer Fluchtweg aussehen. Für mich war das nichts, und deshalb mussten wir es auf einem anderen Weg versuchen. Ich dachte an die konventionellen Methoden, an die Fahndung, an die Kontaktaufnahme mit den Anstalten. Das ging mir durch den Kopf, als ich noch einmal über das Dach schaute.
Es war wie abgesprochen, als hätte jemand Regie geführt. Der hohe Kamin stand da rechts von mir wie eine riesige, aber schmale Streichholzschachtel. Er bot eine gute Deckung oder hatte eine gute Deckung geboten. Ich wusste nicht, warum der Typ plötzlich dahinter zum Vorschein kam und sich für einen Moment zeigte.
Es war ein Mann, das sah ich.
Und ich glaubte auch zu wissen, wer es war. Das konnte nur Urcan sein, der seine Flucht nicht angetreten hatte, sondern sich nur versteckt hielt, um zu warten, bis bestimmte Dinge vorbei waren.
»He!«, rief ich ihm zu.
Genau das war ein Wort zu viel. Plötzlich geriet er in Panik und ergriff die Flucht…
***
Urcan war froh gewesen, das Dach so schnell erreicht zu haben. Er hatte mit dem Gedanken gespielt über die Dächer der Nachbarhäuser zu verschwinden, aber diesen Plan hatte er ziemlich schnell wieder verworfen, weil ihm eine andere Idee gekommen war. Hinter einem der größten der in der Nähe stehenden Kamine hatte er Schutz gefunden, und von dieser Stelle aus hatte er das Fenster gut im Blick, wenn er an der rechten Kaminseite entlangspähte.
Es passte in dieser Lage alles, und er würde dann auch sehen können, wer seine Wohnung betrat.
Urcan wusste genau, was er getan hatte. Auf sein Konto gingen drei Pfählungen, und das war den Bullen natürlich nicht verborgen geblieben. Sie würden alles daransetzen, um ihn zu finden. Aber er hatte keine Spuren hinterlassen, da war er sich immer sicher gewesen, darauf hätte er schwören können. Nun dachte er anders darüber. Die Besucher, die er bisher nur gehört und nicht gesehen hatte, schätzte er durchaus zur Polizei gehörig ein. Also hatten sie seine Spur gefunden, und das war für ihn ein Schock, viel stärker noch als das Erscheinen der schrecklichen Gestalt. Er hatte sich immer verdammt sicher gefühlt, und nun das.
Der Vampirhasser ließ das Fenster nicht aus dem Blick. Er stand wie unter Strom. Er zitterte innerlich. Er konnte zwar durch das Fenster in seine Wohnung hineinschauen, aber noch hatte sich da nichts verändert. Bis er ein Geräusch vernahm, das darauf hindeutete, dass
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