1285 - Der Vampirhasser
es recht ruhig. Natürlich standen die Fahrzeuge am Straßenrand dicht an dicht. Vor den recht wenigen Kneipen hingen auch die Typen herum. Hin und wieder machten sich Jugendliche lautstark bemerkbar, und eine harte Discomusik war auch zu hören. Sie drang aus einem Lokal, dessen Tür offen stand und animierte zwei junge Mädchen dazu, auf der Straße wie selbstvergessen zu tanzen.
Wer war Urcan?
Ein Spinner? Jemand, der in einer Anstalt gesessen hatte und nun auf Vampirjagd ging?
Ich wusste es nicht. Wir wussten eigentlich gar nichts über ihn, denn es war einfach keine Zeit gewesen, um zu recherchieren und seine Identität festzustellen. Urcan war für uns noch ein Phantom.
Allerdings eines, das bald konkrete Formen annehmen würde. Davon gingen wir aus.
Wenn die blonde Bestie uns anrief, dann wusste sie auch, dass er in seiner Wohnung war. Dann hätte sie ihn sich auch selbst holen können, aber nein, das hatte sie nicht getan. Allmählich dachte ich wie Suko, und mein Misstrauen nahm zu.
Man konnte Justine nicht trauen. Sie war jemand, der mit gezinkten Karten spielte und stets an den eigenen Vorteil dachte, wobei sie über Leichen ging.
Suko hatte sich von mir entfernt und war schon ein paar Meter vorgegangen. Er erreichte das Haus, das sich kaum von den anderen unterschied, die hier dicht an dicht standen, als Erster. Es gab keine Lücken. Nicht mal handtuchbreite Durchlässe, und zur Tür führten zwei breite und ziemlich platt getretene Stufen hoch.
»Und?« fragte ich leise.
Suko, der an der Fassade hoch geschaut hatte, senkte den Kopf. »Tolle Bleibe.«
»Mann kann es sich nicht immer aussuchen.«
»Nur wundert es mich, wer ihm diese Bleibe hier finanziert. Das ist meine Frage.«
»Er wird uns die Antwort geben.«
Suko zuckte die Achseln und öffnete die Tür, die nicht zugefallen war. Sie sah zudem so aus, als würde sie nicht mehr schließen. Sie litt an starker Altersschwäche.
Ich blieb hinter ihm, als ich den düsteren Flur betrat, der noch enger wurde, weil an der rechten Wand zwei Mülltonnen standen, die schon überquollen und geleert werden mussten. Einiges von dem Zeug war bereits zu Boden gefallen, und ich wunderte mich darüber, dass wir hier keine Ratten sahen.
Suko fand den Lichtschalter und drückte ihn. Es wurde heller, aber nicht richtig hell, denn das Licht war nichts anderes als ein trüber Schein, der sich im Flur verteilte und dabei auch über die Stufen einer Treppe fiel, die nicht eben vertrauenswürdig aussah.
Ein Klingelschild hatten wir zwar gesehen, aber die Schilder mit den Namen waren so verschmiert gewesen, dass wir sie nicht hatten lesen können.
Suko suchte die Türen hier im unteren Bereich ab. Es gab nur zwei, aber einen Erfolg erreichte er auch nicht, denn auch hier sahen wir keine Namensschilder.
»Wie sieht es aus?«
»Wir müssen hoch, John.«
»Dann los.«
Die Stufen waren aus Stein, aber ebenfalls renovierungsbedürftig. Wir stiegen hinauf, ohne uns an dem altersschwachen Geländer festzuhalten.
In der ersten Etage erschraken wir, denn plötzlich schauten wir auf eine Gestalt. Sie stand zwischen zwei Türen an der Wand und starrte ins Leere. Es war ein junger Mann, der unter einer billigen Jacke aus Lederimitat ein Unterhemd aus Feinripp trug.
Er glotzte uns an. Einen gewalttätigen Eindruck machte er auf uns nicht, denn schon beim ersten Blick war zu sehen, dass er mit Koks ziemlich voll war.
Suko sprach ihn trotzdem an. »He, Partner, wo finden wir unseren alten Kumpel Urcan?«
Er gab keine Antwort.
Suko versuchte es ein zweites Mal und stieß ihn mit der Spitze des Zeigefingers an. »He, wo finden wir Urcan?«
Jetzt zuckte er zusammen und öffnete auch den Mund. »Ganz oben.«
»Danke.«
»Schon gut.«
»Ist dir was aufgefallen?«
»Nein.«
»Dann schlaf weiter.«
»Leck mich«, knurrte der Typ mit den starren Augen.
»Ich kann mich beherrschen.«
»Wir müssen nach ganz oben«, sagte Suko zu mir gewandt.
»Das hatte ich mir gedacht.«
Es war immer wieder der schwerste Weg, den wir nehmen mussten, doch an so etwas waren wir gewohnt.
Bis wir das Ziel erreicht hatten, passierte nichts. Wir blieben vor einer Tür stehen, bis zu der das schwache Licht kaum reichte. Sie sah alles andere als stabil aus. Es existierte noch eine zweite Tür, um die wir uns kümmerten. Da schaute Suko genauer hin. Er entdeckte sogar ein Namensschild, winkte aber ab und meinte: »Du stehst genau richtig.«
Ich hatte keinen Klingelknopf entdeckt. So
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