1285 - Der Vampirhasser
über seine Lippen. Spürte es heiß und kalt über seinen Rücken hinwegrinnen. Er merkte den Schauer auch auf seinem Gesicht und hatte das Gefühl, etwas tun zu müssen.
Urcan schaute wieder nach draußen.
Ja, das war ideal. Diese Nacht war nicht nur für die Vampire wie geschaffen, sondern auch für ihn.
Hier tobten sie durch die Dunkelheit, und er würde ihnen zeigen, wo es lang ging. Da war er von sich wahnsinnig überzeugt.
Angezogen war er. Es stand nichts im Wege, die Wohnung zu verlassen, in der ihn sowieso niemand vermissen würde. Sie war für ihn ohnehin nur ein Unterschlupf. Sein wahres Leben fand draußen statt.
Urcan ging den kurzen Weg zur Tür. Bei jedem Schritt hatte er das Gefühl, abzuheben. Er war wie elektrisiert. Er war zu einem anderen geworden, seit er gesehen hatte, wie der Blutsauger zu Staub zerfallen war. Das war für ihn das Allerhöchste gewesen, und davon würde er auch in der Zukunft noch zehren.
An der Tür blieb er stehen und warf einen letzten Blick zurück. Da lag die Bestie oder das, was von ihr übrig geblieben war. Und das habe ich geschafft!, schoss es ihm durch den Kopf. Ich bin gut. In mir haben sie ihren Meister gefunden.
Mit dieser Gewissheit öffnete er die Tür und schob sich hinaus in den Flur. Er lächelte noch immer, aber dieses Lächeln zerbrach, als er eine fremde Stimme hörte, die nicht sehr laut war. In der Stille des Hauses allerdings wirkte der nicht eben breite Flur wie eine Röhre, und so hörte er jedes Wort.
»Wir müssen nach ganz oben.«
»Das hatte ich mir gedacht«, sagte ein anderer.
Urcan blieb wie vom Blitz getroffen stehen. Und er schaltete sofort.
Zwei Männer! Zwei Fremde, die zu ihm wollten. In seine Wohnung. Was hatten sie vor?
Er dachte an vieles, und jeder Gedanke war ihm suspekt. Da er sich als etwas Besonderes ansah, gab es auch Feinde, die ihm an den Kragen wollten. Nicht alle Menschen dachten so wie er, und da kam es zwangsläufig vor, dass es Feinde gab.
Sogar jetzt.
Möglicherweise wollten sie ihn wieder zurück in das verdammte Haus holen. Aber diese Zeit war jetzt vorbei. Er wollte nicht mehr zurück, sondern nur noch nach vorn sehen.
Und er wollte die Kerle nicht mal sehen. Wichtig war sein Entkommen, wichtig war die Nacht, und deshalb zog er sich zurück. Die Tür schloss er leise. Dann drehte er den Schlüssel zwei Mal von innen herum. Jetzt war abgeschlossen. Zwar kein großes Hindernis für jemand, der hinein wollte, aber er gewann Zeit.
Es gab nur den Weg durch das Fenster und anschließend über die Dächer hinweg.
Den Pfahl, den Hammer und auch Geld trug er am Körper. Mehr brauchte er nicht, um unterzutauchen.
Er stützte sich auf der schmalen Fensterbank ab und drückte sich vor. Danach kroch er wie ein großer Wurm durch die Fensteröffnung auf das Dach hinaus…
***
»Ob das stimmt?«, fragte Suko.
»Was meinst du damit?«
»Dass Urcan hier wohnt.«
Ich hob die Schultern und ließ den Rover ausrollen. »Warum sollte Justine gelogen haben? Sie will doch, dass wir ihn stellen, und da wird sie uns kaum in eine falsche Richtung schicken.«
»Was hältst du von einer Falle?«
»Damit rechne ich natürlich, aber nicht sehr intensiv, wenn ich ehrlich bin.«
»Okay, dann haben wir ja Glück.«
Das war zwar etwas übertrieben, aber ich nahm es hin, obwohl ich innerlich schon anders darüber dachte und mir wirklich Gedanken machte, was dahinter steckte.
Ich wusste es nicht! Uns war nur klar geworden, dass wir uns zu einem Spielball der blonden Bestie gemacht hatten, und das sorgte schon für ein gewisses Magendrücken. Justine Cavallo hatte von »entsorgen« gesprochen. Von einem »Abfall«, um den sie sich nicht kümmern wollte. Trotzdem traute ich ihr nicht. Eine wie sie hielt immer noch etwas in der Hinterhand.
Die Gegend war alles andere als perfekt. Ein altes Stück London mit alten Häusern und einem berühmten Bahnhof in der Nähe. Aber auch durch das Ende der Westautobahn geprägt, die nördlich des Bahnhofs auslief und über einen Seitenarm des Grand Union Canals hinwegführte.
Wir hatten einen Parkplatz dicht an einer alten Brandmauer gefunden. Hier hatte mal ein Haus gestanden, aber jetzt war nur noch eine Außenmauer zu sehen. Im Innern und hoch bis zum Dach war alles ausgebrannt.
Der alte Brandgeruch hatte sich noch im Mauerwerk gehalten. Ich konnte mir vorstellen, dass sich in einem solchen Bau auch einige Typen versteckten, die das Licht der Öffentlichkeit scheuten.
An diesem Abend war
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