1285 - Der Vampirhasser
Mensch - in diesem Fall ich - in einer so kurzen Zeit aufnehmen konnte. Ich sah die große Wunde oder das große Loch in seiner Brust und brauchte nicht lange zu raten, wer es hinterlassen hatte.
Es musste Urcan gewesen sein, der Mann, der seinen verdammten Pfahl schon ein paar Mal eingesetzt hatte. Diesmal hatte er wieder den Richtigen getroffen.
Auf dem Rücken liegend rutschte die langsam vergehende Gestalt auf mich zu. Das Maul hielt sie weit offen. Das Gesicht war starr geworden, aber der Körper befand sich noch nicht im Stadium der Auflösung.
Wenn er gegen mich prallte, dann nicht als Aschebahn, sondern leider noch mit einem bestimmten Gewicht.
Kurz bevor er mich erreichte, drehte er sich noch um die eigene Achse. Leider unglücklich, sodass ich nicht mehr ausweichen konnte, denn die verdammten Finger krallten sich an mir fest.
Zwar kniete ich breitbeinig auf dem Boden, doch mit dem Gleichgewicht hatte ich trotzdem meine Mühe. Das Zerren war zu stark, und der Kipppunkt erreichte leider auch mich.
Ich rutschte nach links weg und schaffte es auch nicht, mich zu halten. Plötzlich ging es bergab. Die Gestalt dachte gar nicht daran, ihre Klaue von mir zu lösen, und ich konnte mir ausrechnen, wann wir die Dachkante erreicht hatten…
***
Eigentlich hatte der Vampirhasser nicht schreien wollen. Er ärgerte sich auch über die Reaktion, aber ändern konnte er nichts mehr, und er sah sehr schnell, dass er es mit zweien dieser verfluchten Hassgeschöpfe zu tun hatte.
Man konnte sie als schwach und ausgemergelt bezeichnen. Auf irgendeine Art und Weise waren sie das auch. Trotzdem steckte in diesen Körpern eine Kraft, die weit über die eines Menschen hinausging. Ein Vampir war auch nicht leicht zu töten, man musste sich schon auf bestimmte Waffen verlassen. Das wusste Urcan, und darauf hatte er sich eingestellt.
Mit einer schnellen Drehung wusste er die Breitseite des Kamins hinter sich. So besaß er etwas Rückendeckung, fühlte sich wohler und konnte den Blutsauger kommen lassen.
Er stolperte auf ihn zu. Er hatte nur Augen für seine Beute. Er musste das Blut schon riechen, und es konnte ihn durchaus wahnsinnig machen. Sein Maul bewegte sich in einer zuckenden Vorfreude.
Immer dann, wenn er es weit geöffnet hatte, schimmerten die blassen Vampirhauer.
Noch auf der Schräge stehend und nicht auf dem Sims, fiel er Urcan an wie eine schwerfällige Katze.
Der Vampirhasser behielt die Nerven. Er ließ sich mit beiden Händen berühren und spürte an seinem Körper den Druck der Knochen. Er wurde noch härter gegen den Kamin gepresst, aber er ließ sich seine Bewegungsfreiheit nicht ganz nehmen.
Bevor ihn der Vampir hart gegen die Wand des Kamins pressen konnte, zog er die rechte Hand von unten nach oben. Er hielt auch seinen Pfahl in der Hand, und dessen Spitze zielte genau auf die Brust des blutleeren Geschöpfs.
Volltreffer!
Hinzu kamen die Geräusche, die der Vampirhasser so gern hörte. Das Knirschen der Knochen, als der lange Pfahl den Körper des Wiedergängers durchstieß. Das Geschöpf hing förmlich an dem Pflock fest. Es zappelte, es wollte zurück, aber Urcan machte weiter. Er drückte die Gestalt nach links, weil er sie in eine Lücke zwischen zwei Kaminen schieben wollte.
Das musste er tun. Das war er sich schuldig. Er wollte diese Gestalt noch etwas länger sehen, wie sie sich quälte, wie sie an dem Pflock festhing.
Sie zappelte. Sie schlug mit den Armen um sich, und trotz der schlechten Lage ging Urcan das Risiko ein. Er stemmte sich mit dem linken Bein ab, hob das rechte an und rammte es dann wuchtig nach vorn.
Der Fuß traf die Körpermitte. Noch immer hing der Blutsauger am Pfahl fest. Durch den Stoß aber flog er nach hinten. Das Holz löste sich aus seinem Körper. Er sackte zusammen, stolperte über die eigenen Beine und landete auf dem Rücken. So rutschte er nach unten, und Urcan, der seine Reise mit weit geöffneten Augen verfolgte, erhielt einen starren Blick, als er den Mann sah, der das Dach hochkletterte. Das musste einer der Typen aus dem Hausflur sein, aber er würde Probleme bekommen, denn der vernichtete Blutsauger rutschte genau auf ihn zu. Auch wenn er dürr war, besaß er trotzdem sein Gewicht, sodass es für den Menschen schwer sein würde, es auszugleichen.
All dies nahm Urcan innerhalb kürzester Zeit in sich auf. Wenn er an den Mann aus dem Treppenhaus dachte, dann dachte er auch gleich noch an dessen Begleiter.
Aber es gab noch den zweiten Blutsauger, und
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