1286 - Todesruf der Geisterfrau
gehören dazu, da haben Sie Recht.«
»Das war es auch, was ich meinte.« Montero löste sich von der Wand und kam einen Schritt auf mich zu. »Aber Sie werden sich darum kümmern, denke ich.«
»Das schon.«
»Sehr gut.« Er konnte sein Lächeln nicht zurückhalten. Meine Antwort hatte ihn zufrieden gestellt. Er war nur noch nicht fertig und fragte mit leiser Stimme: »Haben Sie denn schon einen Plan, Mr. Sinclair, wie Sie vorgehen wollen?«
Ich dachte nicht lange nach. »Es liegt auf der Hand, dass ich mir den Friedhof und den Tatort mal genauer anschauen werde. Allerdings würde ich Mr. Caine gern mitnehmen, falls Sie nichts dagegen haben.«
»Nein, nein, er ist kein Verdächtiger.«
»Danke.«
Es war zu hören, wie Eric Caine nach Luft schnappte. »He, he, Sie wollen, dass ich mit Ihnen gehe?«
»Ja.«
»Das ist Mist, verdammt.«
»Wieso das denn?«
Er drehte und wand sich. »Nun ja, das ist nicht eben ein Spaß, dahin zu gehen, wo man etwas erlebt hat, das einen Menschen wohl kaum mehr loslassen wird.«
»Das verstehe ich, Mr. Caine. Ich möchte Sie da auch nur um einen Gefallen bitten. Sie können natürlich ablehnen, das ist keine Frage. Aber Sie sollten auch daran denken, dass Sie nicht allein sind.«
»Stimmt.« Er räusperte sich. »Und was, bitte schön, hoffen Sie dort zu finden?«
Ich war ehrlich und sagte: »Das weiß ich noch nicht.«
»Die schöne Helena?«
»Nun ja, so ähnlich. Ich denke mir, dass es dort einen Hinweis auf sie gibt. Nicht grundlos hat sie ihre Liebhaber auf den Friedhof bestellt. Oder haben Sie eine andere Idee?«
»Nein, nein.« Er hob abwehrend die Hände. »Ich habe überhaupt keine Idee, Mr. Sinclair. Ich möchte mir darüber auch nicht den Kopf zerbrechen, wenn Sie verstehen. Ich bin nur froh, wenn alles glatt über die Bühne läuft und ich weiterleben kann, auch wenn mein Leben verdammt beschissen ist. Allerdings habe ich auch erlebt, dass es noch schlechter ist, wenn man es einfach so wegwirft.«
»Da haben Sie ein wahres Wort gesprochen.«
Er fragte: »Wann sollen wir denn starten?«
»Sofort, denke ich.«
»Oh…«
»Probleme?«
»Eigentlich habe ich Hunger.«
»Wir werden unterwegs anhalten. Keine Sorge, ich bekomme Sie schon satt.«
»Das ist ein Wort«, sagte Eric Caine und stand mit einer ruckartigen Bewegung auf.
Auch ich erhob mich und sah, dass Montero mir zunickte. »So habe ich mir das auch vorgestellt. Handeln, nicht reden.«
»Und Sie sind aus dem Schneider.«
Er zeigte ein breites Grinsen und lachte danach. »Zumindest vorläufig. Man weiß ja nie, was noch passiert, und ich habe da schon die verrücktesten Dinge erlebt. Auch das hier ist nur ein Anfang, schätze ich.«
Mein Blick, mit dem ich ihn bedachte, war nicht eben fröhlich. »Ich befürchte, dass Sie damit leider Recht behalten, Kollege…«
***
Kopfschmerzen, verfluchte Kopfschmerzen!
Die Säge im Schädel, die die Knochen malträtierte. Dazu die völlig ausgetrocknete Kehle. Das Gefühl, nicht richtig zu leben, aber trotzdem auch nicht sterben zu können. Platt zu sein und sich zu wünschen, wieder tief einzuschlafen und darauf hoffen, dass alles nur ein böser Traum war.
Dem Reporter Bill Conolly ging es schlecht!
Das war noch etwas untertrieben. Es ging ihm sogar sauschlecht, aber das lag nicht an irgendwelchen schlimmen Umständen, die ihm andere Menschen beigebracht hatten, sondern an ihm selbst, denn es war eine verdammt lange Nacht gewesen.
Er hatte sich mit ehemaligen Kollegen in einer Cocktail-Bar getroffen, und genau das war sein Fehler gewesen. Nicht die Cocktails und das Treffen, er hätte eigentlich wissen müssen, dass die so harmlos aussehenden Drinks auch die stärksten Männer umhauten, denn die oft wilden Farben verbargen, was in ihnen steckte.
Mindestens fünf Cocktails hatte er getrunken. Oder waren es sechs gewesen? Bill konnte sich nicht so genau daran erinnern, aber den Namen des Cocktails hatte er behalten.
Zombie!
Die Hölle, der perfekte Name für den Drink, der aus mehreren Sorten Rum bestand. Hinzu kam noch Orangensaft, Maracuja, Limettensaft und etwas Süßes, das den Trinker in Sicherheit wiegen sollte.
Das war bei Bill auch einigermaßen gut gegangen. Er hatte zwischendurch ja auch etwas gegessen, doch nach Mitternacht hätte er davon Abstand nehmen sollen. Er hatte es nicht getan, und es musste etwa gegen vier Uhr am Morgen gewesen sein, als er in das Taxi gestiegen war.
Es war ihm verdammt schwer gefallen, dem Fahrer seine
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