129 - Der Vampir von Budapest
Wartburg, Polski Fiat…
Vor dem Haus der Kornös stand ein großer russischer Wolga.
Bela Kornö empfing uns freundlich lächelnd. Er sprach fließend deutsch, und wie sich später herausstellte, beherrschte seine junge Frau diese Sprache fast ebenso perfekt wie er.
Der Mann war mir auf Anhieb sympathisch. Ich beglückwünschte ihn zu seiner hehren Tat. Da Janos Selpin uns avisiert hatte, bestand von Anfang an eine solide Vertrauensbasis.
»Wir haben eine harte Zeit hinter uns«, sagte Bela Kornö. »Aber wir sprechen kaum noch davon. Ich möchte, daß Natalja darüber hinwegkommt. Wenn Jonas mich nicht angerufen und gebeten hätte. Sie zu empfangen…«
»Hätten Sie uns nicht eingelassen«, sagte ich. »Wir können das verstehen.«
»Es ist nicht gut, das Ganze wieder aufzurühren.«
»Aber vielleicht tragen Sie Ihr Scherflein dazu bei, den Vampir zu vernichten«, warf Vladek ein.
»Ich wollte, ich wäre ein Nagel zu seinem Sarg«, sagte Bela Kornö grimmig. Er wies auf seine Brust. »Was er mir da drinnen angetan hat, wird lange nicht vernarben.«
Er bat uns, seine junge Frau mit Samthandschuhen anzufassen. Erst nachdem wir das versprochen hatten, führte er uns ins Haus und machte uns mit Natalja bekannt. Sie wirkte scheu wie ein Reh. Obwohl sie sich die größte Mühe gab, es sich nicht anmerken zu lassen, sah ich doch, daß sie unter den Nachwirkungen des furchtbaren Erlebnisses litt.
Sie kochte Kaffee und stellte einen phantastischen Kuchen auf den Tisch, Ich war so unverschämt und nahm drei Stück davon. Vladek langte auch tüchtig zu, und da Natalja den Kuchen selbst gebacken hatte, freute es sie, daß er uns so gut schmeckte.
Wir fielen nicht gleich mit der Tür ins Haus, sondern ließen die Zeit reifen. Dann erzählte Vladek, was Lazar gestern seiner Freundin anzutun versucht hatte, und so nach und nach erfuhren wir, wie sich der Blutgraf an Natalja Kornö herangemacht hatte.
Sie sprach langsam, unterbrach sich immer wieder, war sehr ernst. »Ich war ihm völlig verfallen. Sein Gift hatte von mir so sehr Besitz ergriffen, daß ich ihm hörig war. Ich wollte von meinem Mann nichts mehrwissen. Für mich gab es nur noch Istvan. Mir war bewußt, daß ich an Istvan zugrundegehen würde, doch das machte mir nichts aus. Ich wollte sterben, denn ich spürte, daß ich erst nach meinem Tod ganz mit ihm eins sein würde. Als mir Bela diesen letzten Schritt verwehrte, haßte ich ihn abgrundtief. Ich hätte ihn am liebsten umgebracht. Ich wollte unbedingt mit Istvan ›zusammenleben‹. Er hatte mir erzählt, wie es sein würde - nach meinem Tod. Stark und unsterblich würde ich sein, für immer mit ihm vereint. Er versprach, mich auf sein Schloß zu holen.«
»Ihm gehört ein Schloß?« fragte ich aufhorchend. »Wo befindet es sich?«
»Der Berg, auf dem das Schloß steht, erhebt sich unmittelbar vor den Toren der Stadt«, sagte Natalja Kornö. »Nördlich von Budapest, vor Dunakeszi,«
Ich warf Vladek Rodensky einen prüfenden Blick zu. »Weißt du, wo das ist?«
Vladek nickte. »Wenn mich nicht alles täuscht, nahm ich sogar schon mal an einer Führung durch dieses Schloß teil. Wenn ich geahnt hätte, daß es sich um ein Vampirschloß handelt, wäre ich dageblieben und hätte auf Graf Lazar gewartet,«
»Sie werden ihn töten, nicht wahr?« fragte Bela Kornö düster.
»Ja«, antwortete Vladek Rodensky. »Sowie sich eine Gelegenheit dazu bietet.«
»Ich wäre gern dabei.«
»Das geht nicht«, sagte Vladek.
Der Ungar nickte. »Ich weiß, aber es wäre mein größter Wunsch, und noch viel glücklicher würde es mich machen, wenn ich selbst ihn vernichten könnte.«
»Das kann ich verstehen«, sagte mein Freund.
»Wenn es… geschehen ist… Kommen Sie noch einmal hierher, um uns davon zu berichten?« fragte Bela Kornö. »Damit meine Frau und ich wenigstens hören, wie es sich abgespielt hat.«
»Wenn wir es einrichten können, kommen wir«, versprach ich.
Kornös Augen strahlten. »Dann lade ich Sie ein. Wir feiern ein ganz großes Fest.«
»Okay«, sagte Vladek Rodensky. »Aber zuerst einmal müssen wir den verdammten Blutsauger ausfindig machen.«
»Meine Frau und ich drücken Ihnen die Daumen«, sagte der Geschäftsmann. »Wir hatten unerhörtes Glück, dafür sind wir dem Schicksal unendlich dankbar. Sie ahnen nicht, wie bescheiden man nach so einem entsetzlichen Erlebnis wird. Plötzlich genügt einem alles, und man ist heilfroh, noch zu leben.«
Ich drängte zum Aufbruch.
Natalja
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