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1291 - Die Verblendeten

Titel: 1291 - Die Verblendeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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er den atomaren und molekularen Aufbau seines Körpers sofort im Moment des „Aufstiegs" strukturell so umgeformt hatte, daß er in Härte und Widerstandskraft einem Block aus Terkonitstahl entsprach.
    Diesmal umging er die Stelle des Disgravs.
    „Alles in Ordnung, Domo?" fragte Nia, als er uns erreicht hatte.
    Er klopfte sich den Dreck vom Shant und entblößte seine „Beißerchen" zu einem furchterregenden Grinsen.
    „Bei mir schon", erklärte er. „Nur der Flurschaden dürfte beträchtlich sein." Er zog die Metallplastikkapsel aus der Brusttasche. Sie war platt gedrückt. „Wahrscheinlich ist der Kristall oder der Draht, auf dem die Nachricht unseres Sothos gespeichert wurde, hinüber", bemerkte er betrübt.
    Ich sah eine Möglichkeit, den Marsch durch den Dschungel abzukürzen, den ich sowieso für sinnlos hielt, solange wir nicht Stalkers Befehle kannten.
    „Dann können wir direkt umkehren", meinte ich. „Es sei denn, die Kapsel gibt noch etwas her.
    Aber das sollten wir dann hier und jetzt ausprobieren."
    Domo blickte durch seine „Flugschneise" nach oben, dann grollte er: „Mein Kunstflug dürfte ein guter Ersatz für eine Stunde Fußmarsch gewesen sein, Kinderchen."
    Er schob die Kapsel zwischen die Zähne und biß sie mittendurch. Im nächsten Moment hörten wir Stalkers Stimme sagen: „Darum ist es notwendig, daß ihr jeden Ertruser, der euch in Satans Arena begegnet, tötet, denn dieses Gebiet wurde von mir zur Schutz- und Sperrzone der Upanishad erklärt - und einer solchen Anordnung muß mit allen Mitteln Respekt verschafft werden. Ich wiederhole..." Es knirschte, knackte und rauschte eine Weile, dann hörten wir zum zweiten Mal das, was wir schon gehört hatten.
    „Zumindest ein Teil der Nachricht ist hinüber", meinte Nia nachdenklich. „Und der andere Teil ist ohne Kenntnis des ersten Teiles nicht nur sinnlos, sondern ungesetzlich."
    „Du hast recht, mein Kind", erwiderte Domo. „Aber der siebte Schritt verlangt uns unbedingten, blinden Gehorsam gegenüber unserem Sotho ab - und das war meiner Meinung nach die Stimme Stalkers."
    „Jadj!" flüsterte ich - und sah im Geiste wieder das Männchen Fitu vor mir, wie es mich vorwurfsvoll und auffordernd anblickte.
    Eine Woge von Emotionen wallte in mir auf, stieg empor und wuchs höher und höher.
    „Jadj!" wiederholte ich, aber diesmal klang es wie ein Fluch. „Bedingungsloser Gehorsam!" Ein Schatten uralter Erinnerungen schlich sich in mein Bewußtsein. „Es kann nicht rechtens sein, bedingungslosen Gehorsam zu verlangen. Ich werde jedenfalls niemals ohne äußerste Not ein intelligentes Lebewesen töten. Niemals! Ob Stalker oder nicht, aber hier hat mein Gehorsam eine Grenze."
    „Meiner auch", pflichtete Nia mir bei.
    „Aber dann werden wir den siebten Schritt niemals schaffen!" röhrte der Haluter.
    Diese Feststellung schmerzte mich so sehr, daß ich stöhnen mußte. Ich wußte, daß es für mich fast nichts Schlimmeres gab als meine Upanishad-Ausbildung abbrechen zu müssen.
    Aber nur fast - und das war ausschlaggebend.
    Schlimmer wäre es für mich gewesen, durch bedingungslosen Gehorsam das Leben anderer intelligenter Lebewesen zu gefährden. Es war auch schlimm für mich, Stalker nicht zu gehorchen, doch meine innere Stimme, die mir verbot, gegen die elementarsten Grundsätze einer Ethik zu verstoßen, die ich schon vor langer Zeit zu meiner Ethik gemacht hatte, war stärker.
    „Es ist egal", wandte ich mich an Domo. „Ich weiß nicht, was mit mir los ist. In letzter Zeit kam ich mir sehr oft vor, als würde mein Bewußtsein von etwas anderem überlagert. Ich mußte immer wieder daran denken, daß Hibiskus Hainu behauptet hatte, ich wäre geistig konditioniert. Aber das kann nicht sein, denn sonst könnte ich mich nicht gegen diesen ethisch verwerflichen Befehl Stalkers auflehnen. Ich bin immer noch ich."
    „Mir geht es genauso", flüsterte Nia und ergriff meine Hand.
    „Oh, meine Kinder!" grollte Domo Sokrat. „Eure Worte treffen mich tief in meiner ÜBSEF-Konstante. Ich weiß ja, daß wir Haluter von den Bestien aus M87 abstammen, die angeblich keinerlei Ethik und Moral gekannt haben sollen, aber diese Geisteshaltung wurde schon vor vielen Jahrzehntausenden von meinen Urahnen abgelegt. Mein Denken und Fühlen stimmt mit eurem Denken und Fühlen überein, Nia und Tiff."
    Ich atmete erleichtert auf.
    „Dann bist du auch dafür, daß wir diesen Befehl Stalkers verweigern?" erkundigte ich mich.
    „Ja!" sagte Domo schwer.

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