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1294 - Die Botschaft des Elfahders

Titel: 1294 - Die Botschaft des Elfahders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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mußten zurückschießen, wenn sie überleben wollten. Aber sie taten es nicht. Teilweise sprangen sie hinaus in den Fluß und wurden von den Strahlern der Soldaten erfaßt. Sie starben oder wälzten sich schreiend im Staub. Unter den Männern brach Panik aus. Sie warfen die Waffen weg und ergaben sich. Aber Feigheit war eines der schlimmsten Delikte in der Lehre vom Permanenten Konflikt. Ein Feigling war kein würdiger Gegner. Die Soldaten kamen über die Böschung gesprungen und räumten unter den Männern auf. Erst als sich keiner mehr bewegte, kehrten sie in ihre Stellungen jenseits der Lager zurück. Diejenigen, die das Massaker überlebten, gehörten zu denen, die sich reflexartig totgestellt hatten und von den Schüssen der Mlironer der Population Iverschont geblieben waren. Mit Nami Klen waren es zehn, die drei Stunden später völlig entkräftet in die Siedlungen zurückkehrten.
    Die Mlironer warteten die Nacht ab. Sie schleppten sich nach Süden, immer am Ufer des Leeren Flusses entlang. Sie machten sich daran, die tote Steinlandschaft zu durchqueren, während hinter ihnen die Siedlungen in Feuer aufgingen. Sie hatten sie selbst angezündet, um zu dokumentieren, daß sie nie mehr zurückkehren würden. Die Waffen hatten sie fortgeworfen.
    Mitten in der Steinlandschaft blieben sie liegen. Nur wenigen gelang es, sich bis zum Rand des Radiodschungels durchzuschlagen. Die Alten und die Kinder mit ihren Müttern blieben mitten in der Hitze zurück. Sie starben, und ihre letzten Gedanken galten dem Desotho und ihrem Volk, das so standhaft war.
    Über tausend Mlironer fanden den Tod. Sie waren Opfer des Permanenten Konflikts, aber sie hatten ihm widerstanden wie so viele vor ihnen.
    Sie waren stolz darauf, nicht auf ihre Artgenossen geschossen zu haben, und dieser Stolz stand ihnen noch im Tod ins Gesicht geschrieben.
     
    *
     
    Hoch über der Oberfläche hing das Schiff der Somer in der Atmosphäre und beobachtete die Vorgänge. In dem rundum von Bildschirmen umgebenen Beratersaal hielten sich zwölf Kodexberater sowie der Kodexwahrer Runoek auf. An den Eingängen unter den Bildschirmen wachten Gardisten mit entsicherten Waffen.
    „Sprich, Kodexwahrer!" sagte der Vorsitzende Berater. „Wir sehen es als Ehre an, wenn du das erste Wort sprichst!" Seine Stimme klang hell und zirpend. Somer waren Vogelabkömmlinge mit allen Attributen dieser Gattung. Ihr Kopf war von dunklem bis hellgrauem Flaum bedeckt, der unter dem Schnabelkiefer einen Flaumbart bildete. Die Schnäbel leuchteten von Gelb bis Rot oder auch in Mischfarben. Die Brust war vorgewölbt, das im Nacken deutlich sichtbare Rückgrat reichte bis zum Gesäß. Die Arme waren von langem, seidigem Gefieder bedeckt. Die Hände waren dreifingrig, die Füße zweizeilig mit einer Fersenkralle. Die Beine waren sehr dünn. Somer waren zwischen eineinhalb und zwei Meter groß. Runoek war der größte, der sich in dem Beratersaal aufhielt. Er schritt ein wenig hin und her und musterte alle Bildschirme noch einmal. Sein Körper machte hektische Bewegungen, als müsse er sich anstrengen, die passenden Worte zu finden.
    „Was ich gesehen habe, stellt mich zufrieden", zirpte er. „Die einst so stolzen Mlironer werden langsam weich. Vor wenigen Generationen haben wir viele von ihnen aus ihrer Heimat verschleppt und hier angesiedelt. Wir beeinflußten sie nach allen Regeln der Kunst im Sinn des Permanenten Konflikts. Sie sind längst zu treuen Gefolgsleuten geworden. Es ist euch Kodexberatern zu verdanken, daß ihre Kondition so stark wurde, daß nichts mehr an ihnen auf die Eigenschaften ihres Stammvolkes hinweist. Und jetzt haben wir vor weniger langer Zeit neue Mlironer von Mliron hierher deportiert, die alle die schändlichen Eigenschaften noch besaßen. Sie sind stolz und unbeugsam und wollen nichts vom Kodex und dem Permanenten Konflikt wissen. Wir haben die beiden Bevölkerungsschichten Population Iund Population II genannt. Ihr Kodexberater bezeichnet sie auch als die Falken und die Tauben. Die Falken versuchen seitdem, die Tauben von ihrer Philosophie zu überzeugen, auch mit Gewalt, wenn es nicht anders geht."
    „Es geht nur mit Gewalt!" warf Kodexberater Schlowag ein. „Wir danken dir für das Lob, das du uns erteilt hast, Kodexwahrer. Wie beurteilst du die Zukunft des Experiments?"
    „Ich sagte es schon!" Der Somer bewegte seine Arme, das seidige Gefieder rauschte.
    „Die hundert Siedlungen, die den Querschnitt liefern, machen eine unterschiedliche

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