1295 - Feuerfluch
Ihnen beiden noch etwas sagen oder gestehen. Es fällt mir nicht leicht, aber es entspricht den Tatsachen, und ich will offen sein.«
»Bitte.«
Sie räusperte sich noch mal und drückte ihren Rücken durch. »Ich habe den Vorschlag gemacht, nach Bayham Castle zu fahren. Ja, es ist auf meinem Mist gewachsen. Tut mir Leid, das sagen zu müssen, aber ihr wusstet alle Bescheid.«
Sie erntete ein Nicken, doch bei Suko und mir blieben natürlich Fragen offen.
»Und wie kamen Sie darauf, Mrs. Moore?«, fragte Suko.
»Es ist ganz einfach. Ich stamme aus dieser Gegend. Ich kenne mich dort aus. Erst mit zwanzig Jahren bin ich nach London gegangen. So lange habe ich vorher in der Prärie gelebt, wie man bei uns immer sagte.«
»Weshalb genau schlugen Sie die Ruine vor?«, fragte ich, nachdem ich meine Überraschung verdaut hatte.
»Sie ist ein guter Platz. Einsam, aber nicht zu einsam. Man kann von ihr aus relativ schnell ein Dorf erreichen, sollte das nötig sein. Das war der Grund.«
»Nicht schlecht gedacht«, sagte ich.
»Ich denke auch noch weiter, Mr. Sinclair, und möchte Sie beide um etwas bitten.«
»Wir hören.«
»Wenn Sie fahren, will ich Sie begleiten. Wie gesagt, ich kenne mich aus. Ich könnte Ihnen unter Umständen eine Hilfe sein. Zwar bin ich keine Polizistin, aber ein Scout kann auch für einen Gesetzeshüter manchmal von Vorteil sein.«
»Das stimmt«, gab ich zu.
»Dann nehmen Sie mich mit?«
Ich gab die Antwort nach kurzem Nachdenken. »Sie wissen sicherlich, dass dies keine Spazierfahrt wird. Es kann lebensgefährlich werden. Da bin ich ehrlich.«
»Danke, Mr. Sinclair, doch auch das kann mich von meinem Plan nicht abhalten. Ich bin es den beiden Toten einfach schuldig. Ich habe darauf gedrängt, zur Ruine zu fahren, und nun muss ich mich dem stellen. Ich will dorthin. Ich würde auch alleine losziehen. Es geht hier um mein Gewissen. Ich könnte so nicht leben und am Morgen in den Spiegel schauen. Bitte, das ist meine ehrliche Meinung, und das müssen Sie mir auch glauben.«
»Richtig, wir glauben Ihnen.«
»Und?«
Ich zuckte die Achseln. »Sie sind erwachsen, Mrs. Moore. Ich kann Sie nicht daran hindern, dem alten Kloster einen Besuch abzustatten. Aber denken Sie auch an die Gefahren.«
»Keine Sorge, das werde ich machen.«
»Wann können Sie fahren?«
»Sofort, wenn Sie wollen.«
»Das geht nicht. Wir müssen noch etwas regeln. Es hat einen zweiten Fall gegeben. Sagen wir in einer Stunde?«
»Einverstanden.«
»Gut, bis dann.«
Wir verließen das Büro. Viel hatten wir nicht erfahren, doch es gab einige Punkte, über die wir nachdenken konnten, und Suko stellte mir die erste Frage.
»Hast du damit gerechnet, dass es ein Kloster war?«
»Nein.«
»Klöster haben oft ihre Vergangenheit.«
Ich hielt bereits mein Handy am Ohr, um mit dem Kollegen Murphy zu telefonieren. Er würde sich wundern, wenn er von dem zweiten Toten erfuhr. Auch wenn ich nicht mehr davon ausging, dass sich die restlichen Mitarbeiter in akuter Gefahr befanden, wollte ich noch dafür sorgen, dass sie in Sicherheit gebracht wurden. Bis der Fall erledigt war, konnten sie unter Polizeiaufsicht in Einzelzellen bleiben. Sollte das Feuer sie trotzdem noch erwischen, würden keine anderen Menschen in Mitleidenschaft gezogen werden.
Als Murphy meine Stimme hörte, stöhnte er auf. »Nicht schon wieder, John.«
»Doch - leider.«
»Wo?«
»Im selben Haus auf derselben Etage.«
»Okay, wir kommen…«
***
Die Abfahrtszeit hatten wir nicht ganz einhalten können, es gab eine Verspätung, aber das war nicht weiter tragisch. So fuhren wir um die Mittagszeit los, und das bei strahlendem Sonnenschein, der so gar nicht zu dem trüben November passen wollte.
In dieser Zeit konnte man sich auf das Wetter eben nicht verlassen. Diesmal hatte es uns positiv überrascht.
Zuerst führte uns die Fahrt nach Süden, dann nach Westen über die M 26. Diese Autobahn schnitt mitten in das grüne Herz der Provinz Kent, die zu den Vorzeigelandschaften des Landes gehörte.
Sanfte Hügel, Weiden, Wälder, lange Hecken, Mulden, verschwiegene Gewässer, Romantik pur. In diesem Land hielten sich die alten Geschichten und Legenden über Generationen hinweg. Auch in den modernen Zeiten glaubte man das Flüstern der Geister und Elfen zu hören, die sich in den Büschen und Hecken oder auch unter der Erde versteckt hielten. Gnome und Trolle hatten hier ihre Heimat. Das jedenfalls tauchte immer wieder in den Geschichten auf.
Kriege,
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