1299 - Zeit der Bestie
sich in ein Kostüm zwängte. Er überfällt Menschen und tötet sie in seinem Wahn. Dir muss ich nicht erzählen, dass auf dieser Welt nichts unmöglich ist.«
»Klar, Donald. Damit hast du ein Eigentor geschossen.«
»Wieso?«
»Auf dieser Welt ist deiner Ansicht nach nichts unmöglich. Das gebe ich zu. Und deshalb können wir auch davon ausgehen, dass es sich um einen Werwolf handelt.«
Harris wollte das nicht akzeptieren. Er beugte sich vor. Seine Lippen waren so blass, dass Tanner sie kaum sah. »Ich werde die Bestie fangen. Das verspreche ich dir. Und du wirst sehen, dass wir keinen Werwolf oder was immer auch vor uns haben, sondern ein durchgeknalltes Arschloch, das ein Faible für Polizisten hat.«
»Meinst du?«
»Sonst hätte ich es dir nicht gesagt.«
Tanner drückte seinen Filzhut etwas zurück. Auch im Büro hatte er sich nicht von seinem Hut getrennt. »Ich fürchte, dass du Probleme bekommen wirst, Donald. Aber ich habe nichts gegen eine andere Meinung einzuwenden. Lass es uns so durchziehen.«
»Das werden wir auch.« Der Captain lächelte etwas überheblich. »Der Einsatzplan steht bereits fest. In der folgenden Nacht werden unsere Leute mehr auf andere Dinge achten als normal. Sie werden sich vor allen Dingen an exponierten Orten herumtreiben und sich praktisch als Köder anbieten. Das habe ich bereits besprochen. Die meisten haben sich freiwillig für diesen Sondereinsatz gemeldet. Es waren schließlich zu viele. Einige musste ich sogar wegschicken. Aber ich sage dir, dass er den nächsten Morgen nicht überlebt, wenn er sich in unsere Nähe wagt. Ein jeder ist gewarnt. Böse Überraschungen kann es nicht mehr geben.«
»Wollen wir hoffen, dass es stimmt. Ich möchte noch mal auf Terry McBain zurückkommen, Donald. Du hast mit ihm gesprochen. Er hat dir den Killer beschrieben. Was sagst du dazu?«
»Der war überdreht.«
»Hältst du ihn für einen Spinner?«
»Nein, das nicht. Ich glaube sogar, dass er Besuch bekommen hat. Aber von einem Irren und nicht von irgendeiner Kreatur wie ein Werwolf oder so.« Harris schlug mit der Faust auf den Tisch. »Und den werden wir fangen, Tanner. Du bist auch bei dem Einsatz dabei. Ich kann es dir nicht verbieten. Ich freue mich sogar darauf, wenn du schließlich einsehen musst, dass du dich geirrt hast. Wo kann man dich denn eigentlich finden, wenn es so weit ist?«
»Ich werde mit meinen Freunden zusammen sein.«
»Sinclair und Co.?«
»Genau.«
»Das bleibt dir überlassen. Aber kommt uns bei der Jagd bitte nicht in die Quere.«
»Keine Sorge, du wirst den Ruhm schon einheimsen können, wenn es denn zu einem Erfolg kommen sollte. Da brauchst du dir wirklich keine Gedanken zu machen.«
Harris stand auf und nickte. »Okay, wir werden sehen. Ich bin auf den Abend und die Nacht gespannt.«
»Ich auch.«
Die beiden Männer gingen auseinander. Tanner ärgerte sich. Er kannte den Captain und wusste, dass sein Kollege ein harter Knochen war und andere Meinungen nur ungern akzeptierte. In diesem Fall war möglicherweise ein Weltbild zusammengebrochen, was er auch irgendwie verstehen konnte. Auf der anderen Seite war es auch schwer zu begreifen, dass ein Wesen, das es einfach nicht geben konnte, durch London schlich und es auf Polizisten abgesehen hatte.
Ihm war es im Moment egal. Er wollte sich nur noch mit seinen Freunden John und Suko absprechen.
Sie würden in der Nacht zu dritt unterwegs sein und ebenfalls die Routen fahren, die sehr einsam lagen und sich für einen Überfall eigneten.
Jedenfalls waren sie der Bestie auf der Spur, und diese Spur durfte auf keinen Fall kalt werden…
***
Natürlich gibt es die moderne Technik, ohne die man sich eine Organisation wie Scotland Yard nicht vorstellen kann. Manchmal stellt man sich sogar die Frage, wie vor 50 und mehr Jahren gearbeitet worden war. Schon da hatte es Erfolge gegeben.
Ich griff ebenfalls immer wieder auf diese Technik zurück, aber es gab auch etwas, das von damals mit in die moderne Zeit hinübergerettet worden war.
In diesem Fall war es der Kollege Bernie Barnes. Er stand kurz vor der Pensionierung, aber die Computer hatten es nicht geschafft, ihn wegzurationalisieren.
Bernie Barnes war Zeichner. Ein Künstler, der sich darauf spezialisiert hatte, Gesichter zu zeichnen.
Natürlich arbeitete auch er mit dem Computer, aber er benutzte dazu einen elektronischen Zeichenstift und konnte wichtige Details sofort auf den Bildschirm bringen. Dafür brauchte er nicht nach seinen
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