1299 - Zeit der Bestie
Bestie eine Mischung aus beidem. Vampir und Werwolf zusammen. So weit wollte ich erst mal nicht denken…
***
Captain Donald Harris war ein Mann, der sich von der Pike an hochgedient hatte. Deshalb gehörte er auch zu den Vorgesetzten, die bei den Untergebenen beliebt waren. Er kannte ihre Probleme sehr gut. Er wusste viel über die Frustration des Jobs, und deshalb hatte er für seine Leute stets ein offenes Ohr.
Was in seiner Abteilung nun passiert war, konnte er nicht begreifen. Ein Monster mitten in London, das zudem noch einen seiner Männer umgebracht hatte, an so etwas durfte er gar nicht denken. Damit hatte er sich auch noch nie beschäftigt.
Trotzdem musste er es tun, und er tat es nicht allein, denn er und Chief Inspector Tanner hatten sich an diesem späten Vormittag in Harris' Büro getroffen.
Der Captain wollte bei diesem Gespräch nicht gestört werden. Er kannte Tanner, den alten Fuchs, und er war klug genug, um auf dessen Meinung zu hören. In diesem Fall mussten persönliche Eitelkeiten über Bord geworfen werden. Hier ging es einzig und allein um die Sache, und die verlangte Aufklärung.
Harris hatte für Kaffee gesorgt. Die Warmhaltekanne stand zwischen ihnen auf dem Schreibtisch. Die Brühe schwappte in großen Tassen, von denen jeder schon eine geleert hatte.
Im Vergleich zu dem drahtigen Harris wirkte Tanner fast wie ein müder und zerknitterter Opa. Aber da täuschte man sich. Der alte Fuchs hatte schon manchen hinters Licht geführt.
Er und Harris hatten den Fall noch mal durchgesprochen und auch über die Vorgänge geredet, die Tanner von seinem Freund John Sinclair erfahren hatte.
Donald Harris kannte den Geisterjäger flüchtig. Beruflich zu tun gehabt hatte er mit ihm noch nicht, und er stand dessen Arbeit sehr skeptisch gegenüber.
»Verlassen Sie sich nur auf Sinclair?«
»Nein, Donald, das tue ich nicht. Auch wir werden unseren Teil dazu beitragen. Aber es gibt dieses Monster. Es gibt einen Toten unter unseren Leuten, und ich weiß, dass es die Gestalt nicht erst seit gestern gibt. Sie hat sich schon öfter gezeigt. Sie hat unsere Leute angegriffen, und das weißt du, Donald.«
»Ich kann es trotzdem nicht glauben.«
»Es stimmt aber. Wir haben die Aussagen der Leute. In den letzten Nächten sind immer wieder Mitarbeiter attackiert worden. Diese Bestie war nicht zu stoppen, und sie kannte sich verdammt gut aus. Sie wusste, wo die Kollegen Streife fuhren, und wenn sie an einsame Stellen gerieten, schlug sie zu. Für mich ist es wie ein Wunder, dass es bisher nur einen Toten gegeben hat. Das hätten viel mehr sein können, wenn alles so geklappt hätte.«
»Ich habe dieses Monster noch nie gesehen, Tanner.«
»Weiß ich. Auch mir ist es noch nicht über den Weg gelaufen, doch ich verlasse mich auf die Aussagen der Zeugen. Du hast heute Morgen mit Terry McBain telefoniert. Er hat Besuch von dem Killer bekommen. Er drang in seine Wohnung ein. Er hat ihm nichts getan, aber der Besuch zeigt mir, dass er noch immer am Ball ist. Ich weiß nicht, was genau dahinter steckt, jedenfalls müssen wir mit weiteren Toten rechnen, wenn dieses Wesen wieder in einen verdammten Blutrausch hineingerät.«
»Du sprichst immer von einem Wesen, Tanner.«
»Ja, das ist es auch.«
»Kann man das nicht genauer definieren?«
Der Chief Inspector schüttelte den Kopf. »Nein, das kann man nicht. Ich habe zunächst an einen Werwolf gedacht, aber die Beschreibung traf darauf nicht zu.«
Donald Harris lachte hart in Tanners Worte hinein. »Hör auf, von diesen Figuren zu sprechen. Das sind doch Märchen. Heute ist es ein Werwolf, morgen ein Vampir. Auf diesen Zug steige ich nicht auf.«
»Schön, auf welchen dann?«
»Ich habe die Lösung noch nicht.« Harris hob die Schultern. Die Geste sah ziemlich arrogant aus.
»Was denkst du dir?«
Der Captain massierte seine Schläfen. »Ich bin der Meinung, dass wir hinter einem Psychopathen herlaufen. Das muss ein Mensch sein, der nicht mehr ganz richtig im Kopf ist.«
»Ein Mensch?«
»Klar, wer sonst? Einer, der sich verkleidet hat, verstehst du? Irgendein Psychopath, der sich für etwas Besonderes hält. Eine andere Antwort habe ich nicht. Und wenn du von einem Werwolf oder einer ähnlichen Gestalt ausgehst, dann gebe ich dir im Prinzip sogar Recht. Aber…«, er streckte Tanner den rechten Zeigefinger entgegen, »… ich gehe davon aus, dass wir es hier mit jemandem zu tun haben, der sich verkleidet hat. Einer, der sich für einen Wolf hält und
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