1299 - Zeit der Bestie
winkte mit beiden Händen ab. »Keine Angst, John, ich kann schon auf mich Acht geben. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Noch gehöre ich nicht zum alten Eisen. Außerdem bleiben wir in Verbindung.« Er stand auf und nickte uns zu.
Wenn Tanner so reagierte, dann hielt ihn keine Macht der Welt von seinem Vorhaben ab. So auch jetzt. »Wir sehen und hören voneinander.«
Ich erhob mich ebenfalls. »Moment noch, was hast du jetzt vor?«
Der Chief Inspector starrte für einen Moment auf seine Fußspitzen. »Das weiß ich noch nicht genau. Jedenfalls werde ich mit Harris reden, ohne etwas zu verraten. Von Kollege zu Kollege gewissermaßen.« Er wischte über sein Gesicht und schüttelte den Kopf. »Mein Gott, ich hoffe noch immer, dass wir einem Irrtum erlegen sind.«
»Aber einen Mörder gibt es«, sagte Suko.
»Ja, das weiß ich. Und wir werden ihn stellen. Darauf könnt ihr euch verlassen!«
Für ihn war Schluss. Er verließ uns, ohne seine Tasse leer zu trinken.
»Puh«, sagte ich und stieß die Luft aus. »Das war verdammt hart!«
»Kannst du laut sagen.« Suko stand ebenfalls auf. »Was unternehmen wir jetzt?«
»Tja, wir gehen ein paar Türen weiter. Ich denke, dass auch Sir James eingeweiht werden muss.«
Damit war Suko einverstanden. Vor dem Verlassen des Zimmers sprach er mich noch an. »Soll ich dir ehrlich was sagen, John? Ich hoffe auch, dass sich Tanner geirrt hat.«
»Würde mir ebenfalls gefallen.«
Damit hatte ich nicht gelogen. Ein hoher Polizeibeamter, der sich ab und zu in ein Monster verwandelt, das war einfach nicht zu verkraften.
Im Vorzimmer sprach uns Glenda Perkins an. »He, was war eigentlich mit Tanner los?«
»Später«, sagte ich nur, »später…«
***
Der Wetterbericht hatte eine Veränderung angekündigt. Zu merken war davon nichts. Nach wie vor war es knochenkalt. Auch im Rover, denn der Wagen besaß keine Standheizung.
Wir hatten mit Sir James gesprochen und von ihm sein Okay bekommen. Er hatte auch nicht vergessen, uns zu sagen, wie unangenehm ihm dieser Fall war. Er hoffte auf einen Irrtum unsererseits. Darüber wären auch wir erfreut gewesen, aber recht daran glauben konnte ich einfach nicht.
Mit Tanner hatten wir ebenfalls gesprochen. Er hatte es geschafft, sich an Captain Donald Harris zu hängen. Harris hatte nichts dagegen gehabt, dass ihn Tanner begleitete. Er hatte völlig normal reagiert und sogar Verständnis für die Lage des Kollegen aufgebracht.
So ganz geheuer war das unserem Freund nicht. Er war der Meinung, dass Harris doch wissen musste, was mit ihm passierte, und da hätte er zumindest Einwände haben müssen.
Nichts davon war geschehen.
Jedenfalls würden wir in Verbindung bleiben, und wir alle warteten darauf, dass sich die Bestie zeigen würde. Der Ring jedenfalls war geschlossen. Die Kollegen fuhren verstärkt Streife, und sie würden die Augen offen halten.
Wir waren auch dabei!
Es war natürlich eine verrückte Arbeit. Ein Job, über den man den Kopf schütteln konnte. Wie sollten wir eine Person in dieser Riesenstadt und dann noch in der Dunkelheit finden? Da musste uns schon der Zufall zu Hilfe kommen, dass gerade Suko und ich auf diese Bestie treffen würden.
Es gab sie, das stand fest. Und sie hatte uns auch nicht grundlos angegriffen. Wir stellten für sie eine Gefahr dar, und das war zugleich so etwas wie eine Hoffnung für uns. Es konnte durchaus sein, dass die andere Seite es noch mal versuchte. Fatal wäre das für uns nicht gewesen, denn wir waren gewappnet.
Nur - wo sollten wir beginnen?
Tanner und Donald Harris befanden sich noch nicht auf der Piste. Sie waren die beiden Spinnen, die in der Mitte des Netzes lauerten, das in diesem Fall die Zentrale der Metropolitan Police war. Dort liefen die Fäden zusammen, und von dieser Zentrale aus wollten sie den Einsatz lenken. Wenn die Bestie erschien, würden sie in einen Wagen steigen, um so schnell wie möglich am Einsatzort zu sein.
Wir parkten in der Nähe des Hyde Parks. Hin und wieder warf ich einen Blick zum frostklaren Himmel.
Ich sah das Funkeln der Sterne, den ebenfalls kalt wirkenden Mond und blickte an den starren Bäumen des Parks entlang, die mir vorkamen wie winterliche Gespenster.
Die Kälte hatte in der Stadt ihre Spuren hinterlassen. Wer eben konnte, der blieb zu Hause. So würde auch der Park recht leer sein. Die kleinen Gewässer waren zugefroren, doch um diese Zeit dachte niemand mehr daran, auf dem Eis mit seinen Schlittschuhen zu laufen. Dieses
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