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13 alte Esel

13 alte Esel

Titel: 13 alte Esel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Bruns
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mühelos der Umgebung, dem Düster der Nacht sich anpassend; die Füße schienen zu wissen, wo ein rollender Stein sie verraten konnte. Kein Jota Überlegung verschwendete er mehr darauf. Seine Augen, in den Neumondnächten eines halben Lebens scharf geworden, folgten dem Schatten, der nun übers Wiesentor stieg, sich den Eseln näherte.
    Wer war es? Und was wollte er?
    Die Herde überrann das Erschrecken, das in jede Herde, wie zahm auch immer, fährt, die nachts aufgestöbert wird. Don Chaussee blähte unwillkürlich die Nasenflügel, sog die vertraute Unruhe mit dem Wind ein, spürte sie in den Fingerspitzen. Tausende von Rindern — Nachtwind über den Savannen — unaufhörliche, leise Rastlosigkeit; Schnobern und Prusten, Aneinanderscharren lehmiglederner Flanken, mahlendes Kauen, Aufspringen, helles, ärgerliches Bellen der Präriehunde, das klagende Heulen der Coyoten, und ewig der Wind im schilfharten Gras. Wie es einem nachging, einem in den Knochen saß!
    Einmal zog er den Atem scharf durch die Zähne, schüttelte sich dann. Keine Träume mehr! Zehn alte Esel und er selbst als elfter — das war hier und jetzt. Er grinste breit.
    Ephraim flüchtete gleich verscheucht ins Brombeergerank, und die Herde folgte ihm. Davor stand der Schatten. Er war nicht zu erkennen. Nun sprach er, flüsternd zuerst, dann dringlicher und lauter: »Habakuk, Habakuk, komm !« Schmeichelnd zuerst, schließlich angstvoll: »Habakuk, komm doch zu mir, komm !«
    Andreas!
    Was wollte er mitten in der Nacht bei seinem Esel?
    Und dann, gerade als die Jungenstimme, glücklich diesmal, wieder »Habakuk« sagte und das Knurpsen kauender Zähne anzeigte, daß der kümmerliche kleine Esel tatsächlich zu seinem neuen Freund, dem einzigen vermutlich, den er je gehabt, hingetrottet war und die Rübenschnitzel nahm, ging Don Chaussee in der Finsternis ein großes Licht auf.
    Er tippte sich an die Stirn. Da glaubte er nun die Jungen allmählich zu kennen und übersah an einem einzigen Tag gleich ein halbes Dutzend schreiend deutlicher Zeichen: Andreas’ Spiel mit dem Esel auf dem Weg zur Försterei, den Schimmer aufblühender Lebensfreude in den stumpfen Augen; Andreas’ Sorge um den Gestürzten, das zornige Aufblitzen der Augen bei Leos borstigem Spott; Andreas’ kalkweißes Gesicht bei der Ankündigung der Kommission, die feindselige Furcht in seinen Augen; Schwester Monikas Bericht über Leos Prophezeiung für morgen und Andreas’ Prügelei mit ihm. »Don Jose, wenn Sie nicht aufpassen, werden Sie alt, amigo mio !« , und damit hätte er dann recht.
    Wieder kamen sie dicht an ihm vorbei. Das Tor knarrte ein wenig in den ungeölten Angeln. Er folgte unbemerkt. Der Esel stuckerte eifriger als sonst über den Schotter des Feldwegs; vielleicht zog Andreas ihn, vielleicht spürte er das Ungewöhnliche des Marsches. Als sie bei Bormanns vorbeikamen, fuhr Fanny heiser rasselnd den Draht entlang und heulte. Andreas begann zu laufen, den Esel fortzerrend: »Komm, komm, Habakuk !« Seine Stimme klang so verängstigt, daß sich Don Chaussee versucht fühlte, ihn zu beschwichtigen: »Nicht bange werden, das ist die Nacht, die jeden Laut verschärft. Du wirst doch keine Angst vor Fanny haben !« Doch er schwieg und folgte lautlos weiter: über den Feldweg zu Müntes, am Hof vorbei, schräg über einen Acker, bis zur alten Feldscheune am Busch. Sie war zur wetterabgewandten Seite offen und halb mit Strohballen, halb mit Heu gefüllt. Es raschelte, als Andreas sich einen Weg hinein bahnte, und er keuchte, als er die Ballen verschob.
    Don Chaussee stand zehn Schritte entfernt auf dem offenen Feld. Andreas hätte ihn sehen müssen, aber so verkümmert waren seine Sinne durch ein Leben in Hinterhöfen und muffigen Wohn-löchern, so abgestumpft und unentwickelt, daß er ihn wohl nur für einen Wolkenschatten hielt, wenn er überhaupt hinsah. Don Chaussee fühlte sich vor eine Entscheidung gestellt: Mußte er jetzt nicht Schluß machen mit diesem Bubenabenteuer und den Jungen ins Bett zurückbefördern? Martha würde außer sich sein, wenn sie nur ahnte, welche Disziplinlosigkeit hier vor sich ging. Und der Junge selber, Andreas, welch eine Nacht stand ihm bevor! Mit welch bebender Angst würde er im Heu hocken, den Esel festhalten und vor der Entdeckung bangen! Andreas war nicht Hubert. Hubert würde frohlocken, mit vor Widerspenstigkeit knisternden roten Haaren, und sich ins Fäustchen lachen über seine Pfiffigkeit. Andreas hatte nur Angst, das wußte er

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