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13 alte Esel

13 alte Esel

Titel: 13 alte Esel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Bruns
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hatte sich in seinem krausen Leben aus schierer Notwendigkeit einen sechsten Sinn antrainieren müssen. Als Ferdi am frühen Nachmittag im Wohnzimmer »Jod« sagte, klingelte es in ihm. Er sah das Aufblitzen in den Augen der angeblich schreibenden Jungen und wußte genug. Das Jod hatte er in eine Flasche gefüllt, die Ferdi in dem hohlen Eichenstumpen hinter dem Schuppen versteckte, und die Blechbüchse hatte er voll Wasser laufen lassen. Die Jauche hatte ihn also nicht sehr verwundert. Er hatte sie ausgewaschen und das Jod zurückgefüllt.
    Das wußten Leo und Andreas nicht. Es würde auch nichts an ihrer Meinung geändert haben. »Verdammt gerissener Bursche«, sagte Leo, auf allen vieren rückwärts aus dem Gebüsch kriechend, mit gekrauster Stirn und gesträubten Borsten. »Dem wer’n wir’s zeigen .« Andreas nickte schweigend. Es war eine Drohung — unterlegt mit einem ersten Hauch von Achtung.

    Hubert tauchte aus kreiselnden Nebeln auf. Sein Kopf war benommen wie vor dem Einschlafen. Im Zimmer herrschte rötliches Dämmern von dem Öllämpchen mit dem tanzenden Docht auf dem Tisch. Wenn er die Augen öffnen würde, sähe er an den Wänden und an der Decke huschende, düstere Schatten. Er kannte das. Die Monika stellte die Dinger schon bei Zahnschmerzen auf. Hatte sie wohl mal irgendwo gelesen. Er haßte das Zeug, weil der Docht so ruhelos auf dem öl herumtanzte und die Schatten sich immerfort bewegten. Aber er würde einfach die Augen nicht aufmachen. Er wollte weiterschlafen. Doch jetzt begann der Arm weh zu tun, und das Bein lag wie ein Klotz da. Langsam wurde er wacher. Die Esel fielen ihm ein, und bleierne, hoffnungslose Wut kroch von den kranken Stellen aus durch seinen Körper, bis er so voll damit war, daß er mit den Zähnen knirschen mußte.
    Dann fiel ihm der Geruch auf. Tabak. War das vielleicht die neueste Heilmethode der verrückten Monika? Tabakdämpfe? Doof genug, um an jeden Zauber zu glauben, war sie. Nun machte er die Augen doch auf. Sein Blick fiel auf ein Schild neben der Öllampe, dessen Weiße rosig überflackert wurde. Die Schrift sah dunkelrot aus. »Es ist deines Ungehorsams Schuld, daß du so gestraft wirst. Jer. 2,19.«
    »Herrgottsakrahimmelbombenelement! Der dreh’ ich den Hals um !« Er fluchte erbittert vor sich hin. Schreiend, wie er glaubte, doch das heisere Gemurmel war knapp bis dahin hörbar, wo der Tabaksgeruch entstand.
    »Dreh lieber das Ding um !« rief Don Chaussee halblaut.
    Hubert fuhr hoch, um gleich ächzend zurückzusinken. Jetzt sah er den Mann, der fast ein Teil der tanzenden Schatten war. Er saß mit weggestreckten Beinen bequem zurückgelehnt vor der Wand. Der Hut schien an die Decke zu reichen. Die Pfeife reckte sich im rotdunklen Licht einen halben Meter weit vor.
    Der Blödian mit den Eseln. Der war überhaupt an allem schuld. Huberts Körper spannte sich; widerspenstig bis in den Wirbel des roten Schopfes keuchte er: »‘raus !«
    Der Mann nahm keine Notiz davon, sondern rauchte schweigend weiter. Hubert schloß die Augen. Er war unsicher und müde. Wenn einer schwieg, half Fauchen nichts; soviel war ihm trotz seiner Benommenheit klar. Was wollte der bloß? Schimpfen? Pöh, war er an der falschen Adresse. Soviel Schimpfe, wie er im Leben schon vergessen hatte, fiel dem nicht mehr ein. Trübe Tasse.
    Als das Schweigen andauerte, wurde er ungeduldig. Der wußte doch, daß er wach war; weshalb schoß der dann nicht los? Hubert hatte in seinen besten Zeiten kein sanftes, abwartendes Temperament, aber hier, in diesem Dampfkessel von Bett, mit glühenden Knochen, inmitten der verhaßten roten Schemen und mit einem Schädel, in dem hundert Nadelstiche piekten von der schweren Tablette, barst er vor Ungeduld. Die abwartende Verschlagenheit, die er sich zum Schutz angewöhnt hatte, verging vor dem Verlangen, endlich zu wissen, was der Kerl wollte. Don Chaussee rauchte friedlich und schwieg, bis Hubert es einfach nicht mehr aushielt. »Was wollen Sie hier ?«
    »Ich?« Der Schatten der Pfeife kam an der Wand auf ihn zugeglitten, als Don Chaussee den Kopf wandte, träge fast. Nach einer Hubert endlos scheinenden Weile sagte er, zwischen zwei Zügen an der Pfeife, beiläufig: »Och, was fragen .«
    »Was?« Hubert war bis in die Fingerspitzen gespannt und auf der Hut. Er wußte nicht, was der andere aus ihm herausbekommen wollte, aber er würde nichts herausbekommen. Nicht aus ihm.
    »Ist nicht so wichtig. Schlaf nur weiter .«
    »Was?« Jetzt wollte er’s

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