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13 alte Esel

13 alte Esel

Titel: 13 alte Esel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Bruns
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sollte, sondern auch wie er es tun sollte — und warum.
    Daß zwei Esel tot waren, beeindruckte sogar die aus der Schule Heimkehrenden. Hände in den Taschen, trotteten sie hinter die Wiese, an die von Ferdi geschmückte Stelle, und starrten verlegen darauf hin, bis Änne mit einem verächtlichen »Pöh, solche rührseligen Kinkerlitzchen!« die Zweige mit der Fußspitze wegfegte, worauf Andreas ihr mit stummer Geste einen Tritt androhte. Franziska steckte, halb um Änne zu ärgern, halb auch aus einem ungewissen Gruseln heraus, die Zweige kreuz und quer wieder in den Boden.
    Das Mittagessen verlief unter diesen Umständen eine Spur beschattet, jedoch in spannungslösender Beschattung. »Hubert hat sich nach den Eseln erkundigt — wie lange sie bleiben und ob seiner noch lebt. Als ich ja sagte, fing er an zu fressen wie ein Wilder. Und seine Umschläge will er alle halbe Stunde erneuert haben. Sogar Medizin nimmt er. Ich möchte nur wissen, was ihn so verändert hat«, sagte Schwester Monika verwundert.
    »Der Esel«, murmelte Don Chaussee.
    »Wie bitte?«
    »Nichts, nichts, ich dachte nur gerade an was«, beeilte er sich im Interesse des Friedens zu versichern. Frau Martha sah kurz auf. Ihre Blicke begegneten sich. Don Chaussee freute sich, daß er nur gemurmelt hatte. Friede war etwas Wunderbares; und man mußte ja auch nicht immer alles laut sagen.
    Der Tag war so mild, daß die Jungen ihre Aufgaben auf der Terrasse machen konnten. Änne und Franziska halfen vorerst in der Waschküche. Don Chaussee saß auf den Stufen, rauchte friedlich und reparierte, umgeben vom Inhalt des Schuppens, der Handwerkskiste aus dem Keller und allem heute morgen Erstandenen, die Gartenwerkzeuge. Ferdi bemühte sich hingegeben, krumme Nägel geradezuschlagen, ohne mehr als zwei Drittel aller Hammerschläge auf seinen Fingern zu landen. Leo starrte unter der aufgestützten Hand her fasziniert auf die Geschicklichkeit, mit welcher der »Waschlappen« Spaten zurechtklopfte und schliff, Stiele einzog, Feilengriffe schnitzte und Sägeblätter schärfte. Es kribbelte ihm in den dicken Fingern, mitzumachen. Dann wölbte er die Lippen. Pöh! Bei nächster Gelegenheit würde er zuerst mal alles wieder kaputt schlagen.
    Der Nachmittag war zur Hälfte verstrichen, als ein schriller Aufschrei hinter dem Haus die septemberliche Stille jäh durchschnitt wie mit einem rostigen Messer. Ein halbes Dutzend Geräusche folgten einander mit größter Schnelligkeit, ehe die auf der Terrasse Sitzenden den Tatort erreichten: Klirren von Porzellan, Blechscheppern, der Knall einer zugeworfenen Tür, Schwester Monikas Jammern, Franziskas leeres, lautes Lachen und das klagende »I-aa« eines Esels, hinter welchem Änne mit dem Wäschestampfer herlief.
    Don Chaussee fand die Erklärung zunächst unglaubwürdig; erst der Augenschein überzeugte ihn. Die Küche, in welcher Frau Martha soeben mit dem Bestreichen von Krautbroten fertig geworden war, sah — es war nicht zu leugnen — wüst aus. Der mit Broten beladene Teller lag zerbrochen auf den Fliesen, die Brote pappten, durchweicht von einem See heißen Malzkaffees, an den weit verstreuten Blechgeschirren des heruntergeworfenen Tabletts und den Schuhen der aus der Waschküche Herbeigeeilten. Malwine, die statt aufzupassen wieder geträumt hatte, saß mit verbrühten Beinen unter dem Küchentisch und schluchzte. Der Untäter hackelte unter gellendem Geschrei, verfolgt von Änne, davon.
    Frau Martha zitterte vor kaum verhehlter Empörung. »In der Küche«, sagte sie, »in meiner eigenen Küche! Also — das ist die Höhe! Das reicht! Krautbrote. Seit wann fressen Esel Krautbrote? Lach nicht so dumm, Franziska. Räum auf und sieh zu, ob du dann immer noch lachen mußt !« Ihre Stimme festigte sich merklich. Es hagelte Ordnungsrufe. Im tiefsten Grunde ihres Wesens stritten der eingewurzelte Haß gegen alles Unnütze, Unordentliche mit der Wonne, knapp und fähig das Chaos wieder zu wandeln. »Andreas, fl hole einen Eimer heiße Lauge aus dem Waschhaus, damit Leo den Boden schrubben kann. Brote gibt es nicht mehr, die hat euer Esel gefressen. Monika, sammeln Sie die Reste für die Kleinen und wärmen Sie etwas Milch, den Kaffee hat das Untier ja auch umgerissen .« Sie dirigierte das Geschehen von der Schuhbank aus wie ein Kapitän sein Schiff von der Kommandobrücke.
    Don Chaussee bewunderte die unerschütterliche Selbstbeherrschung, mit der sie schließlich jeder Lage gerecht wurde. Und der unterdrückte Zorn

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