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13 alte Esel

13 alte Esel

Titel: 13 alte Esel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Bruns
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Filzpantoffeln an den gekreuzten Füßen, auf denen die Katze schlief, und seine Frau goß ohne Umstände jedes halbleere Glas wieder voll mit selbstaufgesetztem Beerenschnaps, ehe sie, die Hände im breiten Schoß gefaltet und begleitet vom Knarren des überlasteten Stuhles, einen neuen Wortschwall über den Besucher ergoß — da wurde die Umgebung sowieso unwichtig. Sie lebten, wie man in diesem Haus seit Jahrhunderten schon lebte, ohne je einen Gedanken an Gemütlichkeit zu verschwenden; wenn sie sich gemütlich fühlten, war es gemütlich.
    Und jetzt fühlten sie sich ganz augenscheinlich wohl. Don Chaussee merkte, daß das Thema der alten Frau schon lange auf der Seele gebrannt hatte. »Einmal gestohlen, immer gestohlen, sag’ ich, un da können andere sagen, was sie wollen! Uns klauen sie die Möhren vom Feld, un bei Nachbar Bormanns gehen sie an die Appel, das gehört sich doch nich oder vielleicht wohl? Seines Lebens is man nich mehr sicher mit so ‘ne Kinder in der Nähe. Nee, nee — bleiben Sie mir mit die vom Leib! Un nich auf unsern Hof, das nicht !« krähte sie bekräftigend.
    »Es sind wirklich ganz ordentliche Kinder«, erwiderte Don Chaussee schon zum viertenmal, »natürlich sollen sie keine Möhren klauen, aber tun das nicht alle Jungens auf der Welt? So auf ein Feld gehen und eine frische Möhre ‘rausziehen und mit möglichst viel Dreck dran aufessen, daß der Sand zwischen den Zähnen knirscht? Sicher, Leos Vater ist bestimmt kein Heiliger, aber von Andreas’ Vater weiß kein Mensch, ob er gesoffen oder auch nur überhaupt getrunken hat. Keiner hat ihn je gekannt; er ist schon so lange tot, wie der Junge lebt. Der arme Kerl ist von einer Ziehmutter zur anderen geschubst worden und hat nie das kleinste bißchen Liebe empfangen — das wär’ ja fast ein Wunder, wenn der nicht eines Tages Verbrecher würde! Den sollten Sie mal im Garten arbeiten sehen !« Und er erzählte, wie sie gestern gegraben hatten und wie ihm, als er heute morgen wieder in aller Herrgottsfrühe losging, ein dünner Schatten zum Schuppen gefolgt war und sich schweigend auch einen Spaten geholt hatte und wie sie — der Andreas und er — bis zum Frühstück das restliche Gartenstück umgegraben hatten.
    Während der Unterhaltung hatte er auf dem Weg von der »Filla« her Leo und Andreas mit dem Karren auf den Hof zukommen sehen, offenbar um Heu zu holen. Daß sie ihn nicht vorher gefragt hatten, fiel ihm kaum auf; es wurde ihm bloß heiß bei dem Gedanken, sie könnten der alten Frau in den Weg laufen, die ihnen ja gerade erst den Hof so gut wie verboten hatte. Er flehte innerlich alle Heiligen an, die Jungen mit dem Heu verschwinden zu lassen, ehe Mutter Münte ihre Hühner füttern ging.
    »Hä — «, krähte sie soeben, »un die Ässel? Meinen Sie, wir wüßten keinen Bescheid? Grün un blau geschlagen, was? Meinen Sie, das spräche sich hier nich rund, wenn auch keiner aus der Nachbarschaft ins Haus darf? Ich will Ihnen mal was sagen: Mit denen will überhaupt keiner was zu tun haben !«
    Don Chaussee begriff den Nachdruck nicht, den sie auf diese Worte legte. Er erklärte ihr die Untat vom Sonntag, so gut er sie selbst verstand: mit dem lebenslangen Unterdrücktsein dieser Kinder, die immer nur gestraft worden waren, denen aber niemand jemals Gelegenheit gegeben hatte, sich richtig zu bessern, die nie eine Aufgabe bekommen hatten, an der sie sich bewähren konnten, die kein Vorbild und keine Liebe kannten. »Sie haben kein Vertrauen in sich und die Welt; ihre Welt ist kaputt; man muß sie heil machen...« Er redete und redete, trank ein paar Schnäpse dazwischen, lief gegen immer die gleichen Vorurteile an und verlor nahezu die Hoffnung. Das war ihm noch nie passiert. Jedes seiner Worte vertiefte den eigensinnigen Zug um den Mund der alten Frau nur noch. Er wußte schon gar nicht mehr, was er sagen sollte. Es war ihm auch alles selber zu neu. Nie im Leben hatte er sich mit Kindern, geschweige denn solchen Kindern, beschäftigt. Vielleicht war alles falsch, was er tat? Manchmal meinte er, den Faden erwischt zu haben, der ihn leiten würde; dann wieder hatte er ihn verloren und fühlte sich hilflos.
    Das war nun der erste Nachbar, den er kennenlernte, und gleich rannte er gegen diese Mauer von Vorurteilen an. Ob denn alle Welt so dachte? Das ging einfach nicht. Kinder brauchen eine gesunde, freundliche Umgebung, um gesund und gerade aufzuwachsen. Würden diese alteingesessenen Bauern in ihrem Starrsinn ihn denn

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