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13 alte Esel

13 alte Esel

Titel: 13 alte Esel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Bruns
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blöd, daß keine richtigen Jungen da waren. Später würde sie jedenfalls nur mit jungen Herren auf Feste gehen, auf schicke Bälle und .so was. Da immerhin aber Herr Ess und der Doktor und der Bürgermeister da sein würden, widmete sie der Frage ihrer Frisur eine gründliche Viertelstunde. Sie setzte sich auf einen Baumstamm, nahm den runden Spiegel, den sie immer bei sich trug, aus der Tasche und versuchte, mit Klemmen und Spucke eine kesse Lockenreihe auf ihre Stirn zu pappen. Leider waren ihre Haare zu dick und widerspenstig und viel zu lang; sie beschloß, heute abend ein paar Strähnen abzuschneiden und den Rest auf Lockenwickler zu drehen. Und nur die Neugier darauf, wie sie dann wohl aussehen würde, führte sie nach geraumer Zeit wieder ins Haus zurück.
    Malwine war tatsächlich auf der Weide. Als Don Chaussee Otto anspannte, hatte sie im Schuppen die schönen neuen Wurzelbürsten entdeckt und war nun seit Stunden selbstvergessen damit beschäftigt, ihren Lieblingsesel zu striegeln. Sie faßte die Bürste mit beiden Händen, doch selbst dann wurde es eher ein Streicheln als ein Striegeln. Versponnen in einen zärtlichen Traum, folgte sie dem grasenden Esel und erzählte ihm flüsternd Geschichten. Er war ein armer Esel, denn er hatte nur noch ein Auge, und am Schwanz fehlte die Quaste, aber er war brav und lieb und leise, und seine Haare waren weich, und er selber fühlte sich warm an, und wenn sie sich vor ihn setzte, um seine schlappen Ohren zu bürsten, hielt er im Grasen inne und lehnte einmal sogar den dicken Schädel an ihre Brust. Sein warmer Atem strich über ihre Beine. Ihr versank die Zeit.
    Bis dicht neben ihr eine Stimme schrillte: »He, Malwine — du Trantute !« und sie unwillkürlich mit der Hand zum Ohr fuhr, um sich gegen das Grelle zu schützen. Franziska zerrte sie am Zöpfchen hoch. Es tat weh. Beides tat weh; aber am meisten schmerzte das Schreien. Schon schossen die Tränen wieder in die Augen.
    »Sei nicht so ‘ne Heulliese !« Franziska gab ihr einen gutmütig gemeinten Schubs, der sie nahezu umwarf, griff lachend nach dem Zopf und zog sie wie ein erbeutetes Kaninchen hinter sich aufs Haus zu. »Die Alte will dich sehen, und du hast deine Milch nicht getrunken, und schließlich kannst du auch was tun, wenn alle sich abrackern. Na, nu laß schon die Flennerei, dir tut ja sowieso niemand was. So gut möcht’ ich’s auch mal haben .« Der Seufzer klang, als habe sie, anstatt sich im Spiegel zu bewundern, wirklich gearbeitet.
    Sie kam gerade früh genug, um eine Schlägerei zwischen Andreas und Leo mitzukriegen. Franziska blieb breitbeinig und begeistert stehen, und aus dem Krankenzimmer sahen Änne und Hubert feixend zu, wie sie mit den Teppichklopfern aufeinander losdroschen. Alle warteten sekündlich auf Frau Marthas Auftauchen. Es verlieh der Szene eine zusätzliche Spannung: Wieviel Schläge noch auf jeder Seite? Kein Ton wurde laut, um das Vergnügen möglichst lange hinauszuziehen. Wie immer freilich erschien auch diesmal die Leiterin — von der gleichen Regung gezogen, die Änne, Franziska und Hubert rechtzeitig auf den Kampfplatz rief. Es war merkwürdig: In solchen Fällen versammelte sich das ganze Heim wie auf Verabredung da, wo die jeweils Streitenden möglichst allein bleiben wollten.
    »Was soll der Unfug ?«
    Wer die metallene Härte der Stimme nicht kannte, hätte es kaum für möglich gehalten, daß diese vier Worte genügten, den Kampf zu beenden und sämtliche Zuschauer wie mit einem Riesenbesen vom Schauplatz zu fegen. Hubert lag blitzschnell im Bett, Änne duckte sich in den Schatten des Zimmers zurück, Franziska hielt Malwine in der Küche den Milchbecher vors Gesicht, und keiner verriet mit einem Zucken, daß er eben noch neugierig einer Aufsässigkeit zugeschaut hatte. Nur Leo und Andreas selber maßen sich nicht wie sonst unterdrückt fluchend mit giftigem Blick, sondern steckten schon kurz darauf die Köpfe zusammen. Das war noch nie geschehen, und doch übersah Frau Martha es.
    Malwine würgte an der Milch, bis sie grünlich anlief. Schwester Monika nahm Franziska den Becher aus der Hand und versuchte sich wie Don Chaussee zu verhalten, dessen erstaunliche Erziehungserfolge sie so bewunderte. »Nun hör mal zu«, sagte sie, Malwine mütterlich ansehend, »die Milch ist doch so lecker — probier sie nur mal richtig .«
    Malwine dachte an Franziskas Schreien und den Krach zwischen den Jungen und war viel zu unglücklich, um hinzuhören.
    Statt dessen

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