13 - Geheimagent Lennet in der Schlangenfestung
die dreieckigen Köpfe und blinzelten Lennet noch einmal zu. Dann schloß Sybil die Tür.
»He!« rief Lennet leise. »Schließen Sie nicht zu.«
»Das wäre gegen mein Gewissen", erwiderte Sybils Stimme von draußen. »Sie müssen schon selbst herauskommen!«
»Das Mädchen ist total plemplem", murmelte Lennet.
»Schade, ich hatte mir schon Hoffnungen gemacht. Offenbar wird es das beste sein, wenn ich mich an den ersten Polizisten wende, den ich morgen sehe. Sidneys Leute werden mir das Gehirn aus dem Schädel pusten, aber das wäre immer noch besser als die Zärtlichkeiten von Darling und Sweetie.
Allerdings müßte ich einen richtigen Polizisten erwischen.
Dieser Sidney ist imstande, lauter falsche Polizisten um mich herum zu postieren. Dann...«
In diesem Augenblick erschien auf der Wand gegenüber dem Fenster ein kleiner Lichtfleck.
Flucht aus dem Krankenhaus
»Lassen Sie mich los! Lassen Sie mich los! Ich muß Lennet retten.«
Man hatte den Verletzten bei einem SEAT gefunden, der an einem Baum gelandet war. Glücklicherweise war die rechte Tür offen, und der Fahrer war herausgeschleudert worden. Ein Lebensmittelhändler hatte den jungen Mann am frühen Morgen gefunden und in ein Krankenhaus in Malaga gebracht. Der Patient stand unter der Wirkung des Schocks, hatte aber keine ernstlichen Verletzungen.
»Lassen Sie ihn schlafen", hatte der alte Doktor Ramirez gesagt. »Das ist alles, was Senor Lennet jetzt braucht.«
Denn diesen Namen hatte man in den Papieren des Verletzten gefunden. Und dieser Name stand auch über seinem Bett. Dieser arme französische Tourist schlug um sich, als die Krankenpfleger und Medizinstudenten an sein Bett kamen. Ja, er gab sogar dem alten Dr. Ramirez einen Faustschlag und schrie:
»Ich muß Lennet retten!«
Ramirez lächelte in seinen weißen Bart.
»Ich bleibe bei meiner Diagnose. Das Gehirn ist nicht verletzt.
Der Patient hat jedoch so große Angst um sein Leben, daß er glaubt, er müsse sich selbst retten. Geben Sie ihm eine doppelte Dosis Beruhigungsmittel. Wenn er aufwacht, ist er wieder in Ordnung.«
Der Arzt und sein Gefolge verschwanden. Die Krankenschwester ging ebenfalls, um die Spritze vorzubereiten.
Edmond sah sich schnell in dem weißen sterilen Zimmer um.
Auf dem Stuhl dort lagen seine Kleider, das heißt, dort lagen Lennets Kleider.
Mit einem Satz war er aus dem Bett. In fliegender Eile zog er sich an. Auf dem Gang hörte er bereits den Schritt der Krankenschwester. Er stürzte zum Fenster, riß es auf und sah hinaus. Es war nicht hoch. Er schwang sich aufs Fensterbrett und sprang. Die niedrige Mauer um das Krankenhaus war ebenfalls ein Kinderspiel.
Dann stand Edmond auf dem Bürgersteig, und ihm wurde deutlich, daß er nicht wußte, wo er sich befand und welchen Wochentag man schrieb. Er hielt einen alten Herrn an, der gerade vorbeiging:
»Verzeihung, Caballero, können Sie mir sagen, was für einen Wochentag wir heute haben?«
Der alte Herr sah ihn über seine Brille hinweg mißtrauisch an.
»Freitag, junger Mann.«
»Freitag? Ich dachte, es sei Donnerstag. Und wie heißt diese Stadt?«
Der alte Mann sah auf das Krankenhaus, auf Edmond. Ihm kam ein Verdacht: Ein entsprungener Verrückter. »Polizei!
Polizei!«
Edmond begriff sofort und rannte, so schnell er konnte, weiter.
»Freitag", wiederholte er, »Freitag! Dann ist der Unfall schon vor sechsunddreißig Stunden passiert: Was ist aus Lennet geworden? Was macht Mira?«
Während der Bewußtlosigkeit war eine Veränderung in ihm vorgegangen. Nicht, daß er sich völlig verändert hätte, doch die Dinge hatten sich für ihn verändert. Er begriff plötzlich, was wichtig war und was weniger wichtig genommen werden mußte.
Lennet retten, der durch einen Anfall von Neid in Gefahr gebracht worden war; Mira finden, die er in einem Anfall von schlechter Laune alleingelassen hatte - das war jetzt wichtig.
»Ich könnte mich ja nicht mehr im Spiegel sehen!« murmelte er laut.
Und sich im Spiegel zu betrachten, das war für Edmond Balantinier etwas ganz Wichtiges.
Der Zettel fiel ihm ein, den er aus dem Fenster geworfen hatte. Die Telefonnummer? Ohne sie war nichts zu machen. Er mußte Mira finden. Vielleicht erinnerte sie sich doch an die Nummer.
Edmond winkte ein Taxi heran und gab dem Fahrer die Adresse des Torremar.
»Aber das ist in Marbella", sagte der Fahrer.
»Na und? Können Sie nicht auf der Landstraße fahren?«
»Polizei! Polizei!« brüllte der alte Mann. Edmond ergriff
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