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13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

Titel: 13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Schärfe umher.
    „Gesegnet sei eurer Eingang in das Haus meines Sohnes!“ grüßte sie. „Welcher ist der Emir, den ich suche?“
    „Ich bin es. Komm und laß dich nieder!“
    Sie erhob abwehrend die Hand, als ich auf die Matte deutete, die in meiner Nähe lag.
    „Nein, Chodih; es ziemt mir nicht, in deiner Nähe zu sitzen. Erlaube, daß ich mich in einer Ecke niederlasse!“
    „Nein, das erlaube ich nicht“, antwortete ich ihr. „Bist du eine Christin?“
    „Ja, Herr.“
    „Auch ich bin ein Christ. Meine Religion sagt mir, daß wir vor Gott alle gleich sind, ob arm oder reich, vornehm oder niedrig, alt oder jung. Ich bin dein Bruder, und du bist meine Schwester; aber deiner Jahre sind viel mehr als der meinigen; daher gebührt dir der Platz zu meiner rechten Seite. Komm und laß dich nieder!“
    „Nur dann, wenn du es befiehlst.“
    „Ich befehle es!“
    „So gehorche ich, Herr.“
    Sie ließ sich zu mir führen und setzte sich an meiner Seite nieder; dann verließ ihre Schwiegertochter das Gemach. Die Alte blickte mir lange forschend in das Gesicht; dann sagte sie:
    „Chodih, du bist wirklich so, wie du mir beschrieben wurdest. – Kennst du Menschen, bei deren Eintritt sich der Raum zu verfinstern scheint?“
    „Ich habe vieler solcher Leute kennengelernt.“
    „Kennst du auch solche Menschen, welche das Licht der Sonne mitzubringen scheinen? Wohin sie nur immer kommen, da wird es warm und hell. Gott hat ihnen die größte Gnade gegeben: ein freundliches Herz und ein fröhliches Angesicht.“
    „Auch solche kenne ich; aber es gibt ihrer wenig.“
    „Du hast recht; aber du selbst gehörst zu ihnen.“
    „Du willst mir eine Höflichkeit sagen!“
    „Nein, Herr. Ich bin ein altes Weib, welches ruhig nimmt, was Gott sendet; ich werde niemand eine Unwahrheit sagen. Ich habe gehört, daß du ein großer Krieger bist; aber ich glaube, daß du deine besten Siege durch das Licht deines Angesichts erringst. Ein solches Angesicht liebt man, auch wenn es häßlich ist, und alle, mit denen du zusammentriffst, werden dich lieb gewinnen.“
    „Oh, ich habe sehr viele Feinde!“
    „Dann sind es böse Menschen. Ich habe dich noch nie gesehen, aber ich habe viel an dich gedacht, und meine Liebe hat dir gehört, noch ehe dich mein Auge erblickte.“
    „Wie ist dies möglich?“
    „Meine Freundin erzählte mir von dir.“
    „Wer ist diese Freundin?“
    „Marah Durimeh.“
    „Marah Durimeh?“ rief ich überrascht. „Du kennst sie?“
    „Ich kenne sie.“
    „Wo wohnt sie? Wo ist sie zu finden?“
    „Ich weiß es nicht.“
    „Aber wenn sie deine Freundin ist, mußt du doch wissen, wo sie sich befindet.“
    „Sie ist bald hier, bald dort; sie gleicht dem Vogel, welcher bald auf diesem, bald auf jenem Zweig wohnt.“
    „Kommt sie oft zu dir?“
    „Sie kommt nicht, wie die Sonne, regelmäßig zur bestimmten Stunde, sondern sie kommt wie der erquickende Regen, bald hier, bald dort, bald spät und bald früh.“
    „Wann erwartest du sie wieder?“
    „Sie kann noch heute in Lizan sein; sie kann aber auch erst nach Monden kommen. Vielleicht erscheint sie niemals wieder, denn auf ihrem Rücken lasten viel mehr Jahre als auf dem meinigen.“
    Das klang alles so wunderbar, so geheimnisvoll, und ich mußte unwillkürlich an Ruh 'i kulyan, den ‚Geist der Höhle‘ denken, von welchem die alte Marah Durimeh in ebenso geheimnisvoller Weise zu mir gesprochen hatte.
    „So hat sie dich besucht, als sie von Amadijah kam?“ fragte ich.
    „Ja. Sie hat mir von dir erzählt; sie sagte, daß du vielleicht nach Lizan kommen würdest, und bat mich, für dich zu sorgen, als ob du mein eigener Sohn seist. Willst du mir dies erlauben?“
    „Gern; nur mußt du auch meine Gefährten mit in deine Fürsorge einschließen.“
    „Ich werde tun, was in meinen Kräften steht. Ich bin die Mutter des Melek, und sein Ohr hört gern auf meine Stimme; aber es ist einer unter euch, dem meine Fürbitte nicht viel helfen wird.“
    „Wen meinst du?“
    „Den Bey von Gumri. Welcher ist es?“
    „Der Mann dort auf der vierten Matte. Er hört und versteht ein jedes deiner Worte; die anderen aber reden nicht die Sprache deines Landes.“
    „Er mag hören und verstehen, was ich sage“, antwortete sie. „Hast du gehört von dem, was unser Land gelitten hat?“
    „Man hat mir vieles erzählt.“
    „Hast du gehört von Beder-Kahn-Bey, von Zeinel-Bey, von Nur-Ullah-Bey und von Abdel-Summit-Bey, den vier Mördern der Christen? Sie

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