Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

Titel: 13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
bist als Geisel hier und wirst den Angriff deiner Leute mit dem Leben bezahlen müssen.“
    „So sterbe ich. Allah hat alles im Buche verzeichnet, was dem Gläubigen geschehen soll. Kein Mensch kann sein Kismet (Vorherbestimmung) ändern.“
    „Bedenke, daß der Melek mein Gastfreund ist! Er hat nicht gewollt, daß mir Übles geschehe, und nur der Raïs ist es gewesen, der ohne Wissen der übrigen feindlich gegen uns gehandelt hat.“
    „Wie bist du entkommen, Herr?“
    „Frag den Ruh 'i kulyan!“
    „Den Ruh 'i kulyan?“ rief er verwundert. „War er bei dir?“
    „Nein, ich war bei ihm, und er wünscht, daß auch du zu ihm kommst.“
    „Ich? Wann?“ erkundigte er sich fast bestürzt.
    „Sofort.“
    „Herr, du scherzest! Der Ruh 'i kulyan ist ein gewaltiger, mächtiger Geist, und ich bin nichts als ein armer Delidschi (Sterblicher), der vor dem Unsichtbaren zittern muß.“
    „Er ist nicht unsichtbar.“
    „Hast du ihn gesehen?“
    „Ich habe ihn gesehen und mit ihm gesprochen.“
    „Und du bist nicht sofort gestorben?“
    „Wie du siehst, lebe ich noch.“
    „Ja, ihr Emire aus Frankistan wißt, wie man mit Geistern zu verkehren hat!“
    „Gibt es hier nicht viele Leute, die bei dem Ruh 'i kulyan gewesen sind, ohne darauf sterben zu müssen?“
    „Sie haben zu ihm gesprochen, aber sie haben ihn nicht gesehen.“
    „Ich habe dir nicht gesagt, daß du ihn sehen wirst. Er hat befohlen, daß der Melek, du und Nedschir-Bey sofort zur Höhle kommen sollt. Willst du diesem Befehl ungehorsam sein? Auch der Melek wird dahin kommen!“
    „Dann gehe auch ich mit.“
    „Das wußte ich. Aber wirst du dabei nicht vergessen, daß du der Gefangene des Melek bist?“
    „Glaubt er, daß ich ihm entfliehe?“
    „Er muß vorsichtig sein. Willst du ihm versprechen, keinen Fluchtversuch zu machen, und gibst du ihm dein Wort, freiwillig wieder hierher zurückzukehren?“
    „Ich gebe ihm mein Wort.“
    „Reiche ihm die Hand!“
    Er tat dies, und der Melek versicherte ihm:
    „Bey, ich vertraue dir und werde dich nicht bewachen, obgleich mir der Besitz deiner Person jetzt wichtiger ist, als große Schätze. Wir werden nicht gehen, sondern reiten, und du sollst frei auf deinem Pferd sein.“
    „Reiten?“ fragte ich. „Ist dies nicht unmöglich bei diesem Weg?“
    „Es gibt einen Umweg“, antwortete er, „der zwar länger ist, auf dem wir aber zu Pferd die Höhle eher erreichen, als wenn wir die Höhen mühsam erklettern. Du reitest mit, Herr?“
    „Ja, obgleich ich nicht mit zum Geist gehen werden.“
    „Was soll mit Nedschir-Bey geschehen?“
    Der Genannte wartete meine Antwort gar nicht ab, sondern sagte tückisch:
    „Ich gehe nicht mit; ich bleibe hier!“
    „Du hast gehört, daß dich der Ruh 'i kulyan verlangt“, warnte ihn der Melek mit ernster Stimme.
    „Was dieser Fremde sagt, brauche ich nicht zu beachten!“
    „So willst du dem Geist nicht gehorchen?“
    „Ich gehorche ihm, aber nicht, wenn er mir diesen Franken schickt!“
    „Aber ich befehle es dir!“
    „Melek, ich bin Nedschir-Bey, der Raïs von Schohrd; du hast mir nichts zu befehlen!“
    Der Melek sah mich fragend an, darum wandte ich mich zu meinem kleinen Hadschi Halef Omar:
    „Halef, hast du gesehen, ob es hier Stricke gibt?“
    „Siehe, dort im Winkel liegen genug, Herr“, antwortete er.
    „Nimm davon und komm!“
    Der kleine Hadschi merkte, was geschehen sollte. Er versetzte dem Raïs, der ihm in der Richtung stand, einen nicht sehr freundschaftlichen Rippenstoß und nahm dann die aus Leff (Dattelfaser) gearbeiteten Stricke vom Boden auf. Ich aber erklärte dem Melek:
    „Will er nicht mit, so wird er gezwungen. Wir binden ihn auf das Pferd, so daß er sich nicht bewegen kann.“
    „Versucht es“, drohte der Raïs. „Wer mir nahe kommt, dem tue ich so, wie du es mit dem Mann Madanas gemacht hast!“
    „Was meint er?“ fragte Halef.
    „Er soll auf das Pferd gebunden werden, will aber einen jeden niedertreten, der es wagt, sich ihm zu nahen.“
    „Maschallah, der Mensch ist verrückt!“
    Bei diesen Worten tat der kleine Mann einen Sprung, und im nächsten Augenblick lag der riesige Chaldani, der allerdings an den Händen gefesselt war, auf der Erde. Eine Halbe Minute später waren ihm die Beine so fest und eng zusammengebunden, daß seine ganze Gestalt so unbeweglich war, als ob sie in einem Futteral steckte.
    „Aber, Halef, er soll ja auf dem Pferd sitzen?“ erinnerte ich.
    „Ist nicht nötig, Sihdi“, antwortete

Weitere Kostenlose Bücher