13 kleine Friesenmorde
Sportlergemeinde heirateten sie am 21. März 1988.
Sie gestalteten die Kate zu einem gemütlichen Nest und genossen ihr Beisammensein unter dem Schwur der ewigen Treue.
Am Tag des Frühjahrsanfanges 1990 kam es im Wohnzimmer der Annchen Bolerius zu einer kleinen Familienfeier. Die Mama wurde 59 Jahre alt, und Claudia und Tomco begingen ihren zweiten Hochzeitstag. Die Nachbarn hatten sich eingefunden.
Tante Gretjen und Onkel Hugo waren aus Leybuchtpolder angereist. Sie führten erfolgreich ihren Gemüsehof. Dazu zählten weite Erdbeerfelder, die sie im Sommer für Selbstpflücker freigaben. Hinzu kam das Kartoffelgeschäft im Spätsommer.
Annchen Bolerius servierte gegen 19 Uhr, das hatte Tradition, den Tee, echt mit Kluntje und Sahne. Dazu reichte sie Butterkuchen.
Um 20 Uhr räumte Claudia das Geschirr ab. Tomco trug Getränke an die zusammengerückten Tische. Er kredenzte den Lieblingswein der Mama. Es handelte sich um den »Spät-Layer Ackertropfen«. Er schenkte das friesische Pils aus, bot O-Saft und Sprudel an. Auf den Tischen befanden sich Schälchen mit Knabbereien.
Sie prosteten sich zu. Tante Gretjen sprach von früher. Sie war drei Jahre jünger als Annchen Bolerius. Auch die Alten aus der Nachbarschaft erinnerten sich an die kargen Jahre ihrer Jugendzeit.
Tomco erzählte Döntjes, über die die Besucher herzhaft lachten.
Die Alten kamen in gehobener Stimmung auf ihre»Weh-Wehchen« zu sprechen. Sie hatten es in den Schultern, redeten über neue Hüften.
Claudia füllte die Gläser nach und verschaffte sich Gehör. Sie sah niedlich aus im engen Rollkragenpullover und den eng sitzenden Cordjeans. Sie warf den Zopf über ihre Schulter.
»Meine Kollegin und ihr Mann schenkten ihren Eltern zu Weihnachten eine Busfahrt nach Hamburg. Eine Wochenendreise ab Norden mit dem Besuch einer Vorstellung in der Staatsoper und anschließender Übernachtung im Hotel Atlantik. Die Bauersleute traten die Reise an. In der Oper gab es den ?Freischütz? von Weber. Während der Gewitterszene, bei künstlichen Blitzen und mächtigem Donnergroll aus den Lautsprechern, neigte sich die Bäuerin ihrem Mann zu und flüsterte ihm ins Ohr: ?Das Unwetter hatte ich schon den ganzen Tag über in meinem Knie.? Dabei rieb sie mit der flachen Hand über ihre Beine.«
Claudia erntete Gelächter und Beifall.
Mamas Schulfreundin, Maike Kutz, wohlhabende Gattin des Eigentümers des »Reiterhofes«, erhob sich, holte aus dem Korridor das Akkordeon, griff in die Tasten und übertönte die Frage von Tante Gretjen, die von Claudia wissen wollte, wann denn das Baby zur Welt kommen würde.
Maike Kutz spielte gekonnt und sang laut vernehmlich auch den Text. »Heute Abend ist Laternenfest . . . « Alle stimmten ein. Es folgte das Nordseelied.
Stimmung kam auf. Vergessen waren Krankheiten und Alterspessimismus. Sangeslustig verband alle eine tiefe Harmonie. Beim anschließenden kalten Büfett, das mit auserlesenen Leckereien nichts zu wünschen übrig ließ, bedankte sich Onkel Hugo im Namen der Besucherfür den herrlichen Abend. Er fand die Zustimmung aller Gäste, und nur der Blick auf die Uhr hielt sie davon ab, die Feier fortzusetzen. Zu den Akkordeonklängen von Maike Kutz sangen sie »Auf Wiedersehen . . . « und traten den Heimweg an.
Es war bereits nach 24 Uhr, als Claudia sich verliebt und glücklich im Ehebett der wohnlichen Kate an Tomcos Seite kuschelte, ihm mit heißen Küssen den Wunsch nach einem Baby unterbreitete und sich voll des süßen Weines ihren Träumen hingab.
Das Fischgeschäft erntete bereits nach kurzer Zeit einen guten Ruf. Die alte Dame hatte ein freundliches Wesen. Der Laden war pingelig sauber und die Ware absolut frisch. Auch Annchen Bolerius kam dabei nicht zu kurz. Der Umsatz war mehr als zufrieden stellend, und nach Abzug der Kosten blieb ein erklecklicher Gewinn. Doch das Stehen hinter dem Tresen, das Zubereiten der Fischhäppchen brachte sie an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit. Sie klagte über Rückenschmerzen und bat ihre Schwiegertochter, bei einer angemessenen Bezahlung und Verzinsung einer bereitgestellten Kommanditeinlage, in das Geschäft einzusteigen, um sie zu entlasten, während ihr Sohn Tomco dank seiner Tüchtigkeit in der »Eike Casparsen GmbH« zum Prokuristen aufstieg. Ihm oblagen die Betreuungen der Ferienhausprojekte auf Juist, Norderney und Baltrum.
Er war berufsbedingt viel unterwegs, während Claudia ihren Dienst im Krankenhaus im Schichtwechsel versah.
Die junge Frau
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