13 kleine Friesenmorde
Tür öffnete. Sie erschrak zu Tode, als ihr Sohn sie mit seinen Sorgen vertraut machte.
Annchen Bolerius brühte einen Tee auf, während sich Tomco noch einmal mit dem Rad auf den Weg zur Kate machte. Vergeblich, Claudia tauchte nicht auf. Für Annchen Bolerius und ihren Sohn wurde die Nacht zu einem Martyrium. Sie hielten sich wach mit Tee und gaben am frühen Morgen eine telefonische Vermisstenanzeige auf. Sie baten die Polizei um Mithilfe. Sie befürchteten das Schlimmste.Kommissar Gerrit Groener, 44, verheiratet, Vater zweier Töchter. Lena, 16, besuchte das Gymnasium und Lotte, 11, die Orientierungsstufe. Seine Frau Friedchen, 40, arbeitete auf Stundenbasis bei einem Steuerberater. Sie hatten am Judas-Schlot gebaut und lebten ohne finanzielle Sorgen. Ihre Töchter waren nicht nur gesund und niedlich, sondern folgten problemlos den Erziehungsvorstellungen der Eltern. Friedchen Groener passte ihre Arbeit in der Steuerpraxis an die Stundenpläne ihrer Töchter an. Lena und Lotte mussten so gut wie nie den Haustürschlüssel mit zur Schule nehmen. Sie erfuhren eine heute selten gewordene Betreuung durch ihr Elternhaus.
Doch an diesem Samstagmorgen im September geriet die Vorplanung total aus dem Lot. Die Räder blieben im Schuppen. Die Fahrradtour nach Norderney an diesem herrlichen, sonnigen Spätsommertag wurde auf das nächste Wochenende verschoben, weil der Papa bereits um sechs Uhr zum Revier fuhr. Dort lag eine Vermisstenanzeige vor, die keinen Aufschub duldete. Die Familie frühstückte, was selten vorkam, ohne Papa.
Kommissar Gerrit Groener und sein Kollege Menke Loose trafen sich zur frühen Stunde im Dienstzimmer des Reviers. Sie studierten kritisch die in der Suchmeldung aufgeführten Angaben über die vermisste Person und die örtlichen Gegebenheiten. Sie breiteten die Generalstabskarte des Landkreises Aurich aus.
Annchen und Tomco Bolerius hatten während der Nacht vergeblich auf die Rückkehr von Claudia, Schwiegertochter und Ehefrau, gewartet, die gegen 21.30 Uhr mit dem Fahrrad die Geburtstagsfeier ihrer Freundin Ute Sanders verlassen hatte.
Tomco Bolerius bewohnte mit der Vermissten eine umgebaute Kate auf dem Breiten Weg, während Annchen Bolerius, Inhaberin des Fischgeschäftes, auf der Ostermarscher Straße zu Hause war. Die Entfernung vom Domizil der Mama zur Kate betrug geschätzte 600 Meter. Den Notruf hatte Tomco Bolerius von der Wohnung seiner Mutter durchgegeben.
Ute Sanders wohnte in Hage auf der Eichenallee im Neubaugebiet zwischen der Hagermarscher Straße und Bahnhofstraße, dem ehemaligen Lazarett der Wehrmacht und späteren Bundeswehr-Sanitäts-Depot. Kommissar Groener und sein Kollege Loose markierten mit einem Bleistift den mutmaßlichen Heimweg der Vermissten.
Er führte an der Kläranlage entlang zum Gewerbegebiet »Negen Dimt« und von dort auf den Breiten Weg. Der fest ausgebaute, auch von Autos benutzte Versorgungs- und Verbindungsweg verlief am Schießstand vorbei, tangierte den Rand des Nordholzes, in den ein Fuß- und Wanderweg führte. Von dort verlief der Breite Weg kurvenreich durch das Weideland, zweier großer Höfe in Richtung Junkersrott, direkt an der Kate vorbei, in die Claudia Bolerius nicht zurückgefunden hatte.
Gerrit Groener bat seinen Kollegen Loose, den Kartenausschnitt mit der markierten Route und die Vermisstenanzeige zu fotokopieren. Anschließend faxten sie die Unterlagen an die Staatsanwaltschaft in Aurich.
Gerrit Groener war mittelgroß. Er trug sein dunkelblondes Haar mit Scheitel. Er liebte weite Fahrradtouren und suchte mit seiner Familie regelmäßig das Norddeicher Wellenbad auf. Er kannte sich aus im Waldgebiet rund um das Lütetsburger Schloss, zu demauch das »Nordholz« und der »Wischer« mit dem Kaak- und Neuen Kaakweg gehörte.
Menke Loose, der 34-jährige Beamte, war in Jever geboren und hatte nach seiner Ausbildung über Oldenburg nach Norden gefunden. Seine fast gleichaltrige Freundin unterrichtete an der Lintelner Schule. Er hatte eine gesetzte Statur. Sein ins Rötlich gehendes festes Haar trug er im Fassonschnitt. Er spielte mit seiner Freundin Tennis im Club »Blau Gelb«.
Der Kommissar nahm den Hörer ab und wählte die Nummer. Feuerwehrchef Frerik Ewers meldete sich. Er war Konrektor der »Wildland-Schule« und befand sich um diese Zeit bereits in seinem Büro.
»Tag der offenen Tür. Unser Computerraum ist fertig gestellt. Großer Bahnhof. Die Bürgermeisterin mit Anhang, der Schulrat. Kannst gerne zu einem Schnack
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