13 - Wo kein Zeuge ist
Zigaretten. Zittrig zündete sie sich eine an und inhalierte gleichermaßen zittrig. Sie rauchte Virginia Slims. Das passte, dachte Barbara. Rauch dich schlank, sozusagen. Und Arabella hatte es nötig: Sie hatte sich offenbar einen Trainingsplan gemacht, um wieder in Form zu kommen. Sie war eigentlich hübsch - reine Haut, schöne Augen, dunkles, seidiges Haar -, aber sie sah aus, als habe sie während der Schwangerschaft ein paar Kilo zu viel zugelegt. Ich muss für zwei essen, hatte sie sich wahrscheinlich gesagt.
»Wenn es Alibis sind, die Sie wollen - und das ist es doch, was die Polizei immer haben will, oder? -, dann hat Griff eines: Ihr Name ist Ulrike Ellis. Wenn Sie bei Colossus waren, kennen Sie sie.«
Das war nun wirklich eine interessante Wendung. Nicht die Tatsache, dass Ulrike und Griff eine Affäre hatten, denn das hatte Barbara ja bereits vermutet, sondern dass Arabella davon wusste und nicht besonders erschüttert zu sein schien. Was hatte es damit wohl auf sich?
Arabella schien ihre Gedanken zu lesen. »Mein Mann ist schwach«, erklärte sie. »Aber alle Männer sind schwach. Wenn eine Frau heiratet, dann weiß sie das und entscheidet im Voraus, dass sie es akzeptiert, wenn diese Schwäche sich früher oder später zeigt. Sie weiß nie, in welcher Form diese Schwäche sich manifestieren wird, aber ich nehme an, das ist Teil der ... Entdeckungsreise. Wird es der Alkohol sein? Fresssucht, Spielsucht, seine Arbeit, andere Frauen, Pornographie, Fußballschlägereien, Sportsucht oder Drogen? In Griffs Fall hat sich herausgestellt, dass er unfähig ist, zu anderen Frauen nein zu sagen. Aber das ist kaum überraschend, wenn man bedenkt, wie sie sich ihm an den Hals werfen.«
»Es muss hart sein, mit jemandem verheiratet zu sein, der so ...« Barbara suchte nach dem richtigen Wort.
»Schön ist? Göttlich?«, schlug Arabella vor. »Adonis? Narziss? Nein, es ist überhaupt nicht hart. Griff und ich haben die Absicht, verheiratet zu bleiben. Wir kommen beide aus Scheidungsfamilien, und das wollen wir Tatiana nicht zumuten. Irgendwie habe ich es geschafft, alles in die richtige Perspektive zu rücken. Es gibt Schlimmeres als einen Mann, der den Avancen anderer Frauen erliegt. Griff hat schon früher Affären gehabt, Constable. Und zweifellos werden andere folgen.«
Barbara hatte das Gefühl, sie müsse die Verwunderung aus ihrem Kopf schütteln. Sie war es gewöhnt, dass Frauen um ihre Männer kämpften oder Rache nahmen, wenn sie betrogen wurden, sich oder anderen Schaden zufügten, wenn sie plötzlich feststellen mussten, dass ihr Ehemann fremd ging. Aber das hier? Gelassene Analyse, Akzeptanz und c'est la vie? Barbara konnte nicht entscheiden, ob Arabella Strong reif, abgeklärt, verzweifelt oder einfach total verrückt war.
»Also, inwiefern ist Ulrike sein Alibi?«, fragte sie.
»Vergleichen Sie die Daten der Mordfälle mit seiner Abwesenheit von zu Hause. Er war mit ihr zusammen.«
»Die ganze Nacht?«
»Lange genug.«
Und war das nicht verdammt praktisch? Barbara fragte sich, wie viele Telefonate zwischen den dreien geführt worden waren, um das hier auf die Reihe zu kriegen. Und außerdem fragte sie sich, wie viel von Arabellas ruhiger Akzeptanz tatsächlich ruhige Akzeptanz war, wie viel Ausdruck der Verwundbarkeit, die eine Frau empfand, wenn sie ein Baby hatte. Arabella brauchte ihren Mann als Ernährer, wenn sie zu Hause bleiben und Tatiana versorgen wollte.
Barbara schlug ihr Notizbuch zu und bedankte sich bei Arabella für ihre Zeit und Bereitschaft, offen über ihren Mann zu sprechen. Sie wusste, falls es bei dieser Fahrt nach Nordlondon noch irgendetwas zu gewinnen gab, hier war es nicht zu finden.
Zurück in ihrem Auto holte sie das Straßenverzeichnis hervor und suchte die Quaker Street. Ausnahmsweise hatte sie einmal Glück: Sie lag direkt südlich des Schienenstrangs zur Liverpool Street Station. Die Quaker Street war offenbar eine kurze Einbahnstraße, die die Brick Lane mit der Commercial Street verband. Sie konnte zu Fuß gehen und wenigstens einen Löffel ihrer Pop-Tarts, die sie zum Frühstück verspeist hatte, abarbeiten. Die Folienkartoffel von Camden Lock musste warten.
»Hier ist wegen all der Anrufe der Teufel los, Tommy«, sagte John Stewart. Er hatte ein säuberlich geheftetes Dokument exakt vor sich hingelegt, und während er sprach, schob er es in eine perfekte Parallele zum Rand des Konferenztisches. Er rückte seine Krawatte zurecht, kontrollierte seine
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