13 - Wo kein Zeuge ist
Ihnen.«
»Manchmal werde ich selbst nicht klug aus mir«, erwiderte er.
»Dann ...«
»Sie haben nicht die Worte provoziert«, unterbrach Lynley. »Die waren unverzeihlich. Aber Sie haben das Faktum dieser Worte provoziert, ihre Realität, wenn Sie so wollen.« Er ging zu ihr an den Tisch. Er war aufgebracht, und das war kein gutes Zeichen. Es bedeutete, dass ihm möglicherweise bald die Ideen ausgehen würden, um Barbara Havers' Beförderung in ihren alten Rang als Detective Sergeant zu bewerkstelligen. Und es bedeutete, dass ihm möglicherweise bald die Bereitschaft abhanden kommen würde, das zu tun. Er sagte: »Barbara, Sie wissen, wie es läuft. Teamwork. Verantwortung. Eine Aufgabe ausführen, die einem übertragen wird, und zwar bis zum Ende. Den Bericht einreichen. Auf weitere Befehle warten. Wenn Sie eine Situation wie diese haben, wo mehr als dreißig Leute sich darauf verlassen, dass Sie tun, wozu Sie eingeteilt wurden ...« Er hob die Hand und ließ sie wieder sinken.
Havers beobachtete ihn. Er beobachtete sie. Und dann war es auf einmal, als werde ein Schleier zwischen ihnen gehoben, und sie verstand. Sie sagte: »Es tut mir Leid, Sir. Was kann ich sagen? Sie können keinen zusätzlichen Druck gebrauchen, und genau den mach ich, was?« Rastlos rutschte sie auf ihrem Stuhl hin und her, und Lynley wusste, sie wollte eine Zigarette, sehnte sich nach etwas, um ihre Hände zu beschäftigen und ihr Hirn zu stimulieren. Ihm war danach, ihr eine Zigarette zu genehmigen, und ebenso war ihm danach, sie zappeln zu lassen. Irgendetwas in dieser unseligen Person musste nachgeben, oder sie war für immer verloren. Sie sagte: »Manchmal habe ich so dermaßen die Schnauze voll davon, dass alles im Leben so ein Kampf sein muss. Versteh'n Sie?«
»Was ist los bei Ihnen zu Hause?«, fragte er.
Sie lachte in sich hinein und richtete sich auf ihrem Stuhl auf. »Nein. Diese Richtung werden wir jetzt nicht einschlagen. Sie haben genug, womit Sie sich herumplagen müssen, Superintendent.«
»Alles in allem würde ich sagen, ein Familienzwist über zwei Taufgarnituren ist nicht unbedingt etwas, womit man sich plagt«, entgegnete er trocken. »Und ich habe eine Frau mit genügend politischem Geschick, um einen Waffenstillstand zwischen den Parteien auszuhandeln.«
Havers lächelte wider Willen, so schien es. »Ich meinte nicht bei Ihnen zu Hause, und das wissen Sie genau.«
Er erwiderte das Lächeln. »Ja, ich weiß.«
»Sie kriegen jede Menge Druck von oben, stell ich mir vor.«
»Sagen wir einfach, ich finde derzeit heraus, was Malcolm Webberly sich all die Jahre von Hillier und den anderen bieten lassen musste, um uns den Rücken freizuhalten.«
»Hillier fürchtet, dass Sie ihm auf den Fersen sind«, bemerkte Havers. »Noch ein paar Stufen auf der Leiter, und Bingo! Sie leiten Scotland Yard, und er muss vor Ihnen strammstehen.«
»Ich habe keinerlei Ambitionen, Scotland Yard zu leiten«, entgegnete Lynley. »Manchmal ...« Er sah sich in dem Büro um, das vorübergehend zu benutzen er sich bereit erklärt hatte. Die zwei Fensterfronten, die lächerlicherweise einen Aufstieg in der Hierarchie symbolisierten, der Konferenztisch, an dem er und Havers saßen, Teppichfliesen auf dem Boden statt PVC, und draußen die Männer und Frauen, die derzeit seinem Befehl unterstanden. Letzten Endes war all das bedeutungslos, und es war weit unwichtiger als die Situation, mit der er momentan konfrontiert war. Er sagte: »Havers, ich glaube, Sie haben Recht.«
»Natürlich hab ich Recht«, antwortete sie. »Jeder, der sieht ...«
»Ich meine nicht in Bezug auf Hillier, sondern auf Colossus. Er sucht sich dort seine Opfer aus, also muss er eine Verbindung zu der Einrichtung haben. Es widerspricht dem, was wir normalerweise von Serienmördern erwarten, aber andererseits, was war so anders an Peter Sutcliffe, der es auf Prostituierte abgesehen hatte, oder an den Wests, die sich trampende Mädchen geschnappt haben? Oder irgendjemandem, der Frauen auflauert, die im Park ihren Hund ausführen oder Ähnliches? Oder jemandem, der bei Nacht ein offenes Fenster wählt, wenn er weiß, dass dort eine ältere Frau allein wohnt? Unser Mann tut das, was sich in der Vergangenheit für ihn bewährt hat. Und wenn man bedenkt, dass er es fünf Mal geschafft hat, ohne gefasst zu werden - ohne auch nur irgendjemandem aufzufallen, Herrgott, warum sollte er nicht einfach so weitermachen?«
»Also glauben Sie, dass auch die übrigen Opfer
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