13 - Wo kein Zeuge ist
Zimmer verabschiedete, fühlte er sich bereit für eine neue Runde in seinem Berufsalltag.
Was diese Runde brachte, waren Informationen aus verschiedenen Quellen. Er traf sein Team in der Einsatzzentrale, wo unablässig Telefone klingelten und Constables Daten in die Computer eingaben. Stewart war dabei, Einsatzberichte von einem seiner Teams zusammenzutragen, und - mirabile dictu - Barbara Havers hatte es in Lynleys Abwesenheit offenbar fertig gebracht, Anweisungen von DI Stewart entgegenzunehmen, ohne dass es zu einem Zwischenfall gekommen war. Als er die Gruppe zusammenrief, erfuhr er als Erstes, dass Havers auf Stewarts Anweisung hin zu Colossus gefahren war, um noch einmal mit Ulrike Ellis in den Ring zu steigen.
»Es ist erstaunlich, wie schnell sie Informationen über Jared Salvatore zusammengeklaubt hat, nachdem ihr klar wurde, dass wir das Anwesenheitsbuch vom Empfang haben, in dem sein Name wieder und wieder zu finden ist«, berichtete Havers. »Außerdem hat sie allerhand brauchbare Details über Anton Reid ausfindig gemacht. Sie ist jetzt an Bord, Sir, die Fleisch gewordene Kooperation. Sie hat mir eine Liste mit den Namen der Jungen gegeben, die im Laufe der letzten zwölf Monate aus dem Colossus-Programm ausgeschieden sind, und ich überprüfe, ob sie den übrigen Opfern zuzuordnen sind.«
»Wie steht es mit den persönlichen Beziehungen der beiden Jungen zu Colossus-Mitarbeitern?«
»Jared und Anton? Griffin Strong war ihr Einstufungsleiter - Überraschung, Überraschung. Anton Reid hat außerdem eine Weile Greenhams Computerkurs besucht.«
»Und was ist mit Kilfoyle und Veness? Gab es Beziehungen zwischen den Jungen und ihnen?«
Havers konsultierte ihren Bericht, der ausnahmsweise getippt war - vielleicht als Beweis ihrer zweifelhaften Absichten, in Zukunft eine Vorzeigepolizistin zu sein. »Kilfoyle und Veness kannten beide Jared Salvatore. Der Junge war offenbar der reinste Zauberkünstler im Erfinden von Kochrezepten. Er konnte nicht lesen, also nicht nach der Anleitung aus Büchern kochen, aber er war in der Lage, etwas zusammenzubrutzeln, das er den Colossus-Mitarbeitern servierte. Sie waren seine Versuchskaninchen. Alle kannten ihn, wie sich jetzt herausstellt. Mein Fehler war, nur Ulrike Ellis und Griff Strong nach ihm zu fragen.« Sie sah in die Runde, als erwarte sie von irgendjemandem eine Reaktion auf ihr Eingeständnis. »Als die beiden mir sagten, er sei kein Colossus-Klient, habe ich es geglaubt, weil sie es bei Kimmo Thorne so bereitwillig zugegeben haben. Tut mir Leid.«
»Was haben Kilfolye und Veness über Anton Reid zu sagen?«
»Kilfolye behauptet, er erinnere sich nicht an Anton. Veness nur vage. Er sagt, vielleicht hat er ihn gekannt. Neil Greenham erinnert sich an ihn.«
»Dieser Greenham, Tommy«, unterbrach John Stewart. »Der ist ein richtiger Choleriker, wenn wir dem Schuldirektor in Kilburn glauben wollen, wo er unterrichtet hat. Greenham hat ein paar Mal vor seinen Schülern die Beherrschung verloren und einen Jungen gegen die Tafel gestoßen. Die Eltern haben sich umgehend beschwert, und er hat sich entschuldigt, aber das heißt ja nicht, dass diese Entschuldigung aufrichtig war.«
»So viel also zu seiner Theorie über Disziplin«, bemerkte Havers.
»Werden diese Männer inzwischen observiert?«, fragte Lynley.
»Wir haben zu wenig Leute, Tommy. Hillier bewilligt uns keine weiteren Kräfte, bis wir ein Ergebnis vorgelegt haben.«
»Verdammt noch mal ...«
»Aber wir haben ein bisschen herumgeschnüffelt, und darum bekommen wir allmählich ein Bild von ihren abendlichen Aktivitäten.«
»Die da wären?«
Stewart nickte seinen Beamten vom Team drei zu. Bislang gab es wenig Verdächtiges. Jack Veness ging nach Feierabend regelmäßig in den Miller and Grindstone, seine Stammkneipe in Bermondsey, wo er am Wochenende auch kellnerte. Er trank, rauchte und telefonierte hin und wieder in der Telefonzelle vor der Tür ...
»Das klingt viel versprechend«, sagte jemand.
... aber das war alles. Dann ging er nach Hause oder zu einem indischen Schnellimbiss unweit Bermondsey Square. Griffin Strong ging abends entweder in seine T-Shirt-Druckerei in der Quaker Street oder nach Hause. Er schien aber auch eine Vorliebe für ein bengalisches Restaurant an der Brick Lane zu haben, wo er gelegentlich allein zu Abend aß.
Was Kilfoyle und Greenham betraf, hatte Team drei Informationen gesammelt, die besagten, dass Kilfoyle viele seiner Abende in der Othello-Bar des
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