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13 - Wo kein Zeuge ist

13 - Wo kein Zeuge ist

Titel: 13 - Wo kein Zeuge ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Selbstzweifel inzwischen so offensichtlich?«, fragte er.
    »Ich würde es nicht Selbstzweifel nennen. Und nebenbei bemerkt, finde ich, du bist zu hart zu dir, wenn du es so nennst.«
    »Wie würdest du es also nennen?«
    Helen dachte darüber nach, den Kopf zur Seite geneigt, während sie ihn betrachtete. Sie hatte sich noch nicht angezogen, nicht einmal die Haare gekämmt, und Lynley stellte fest, dass er sie gern so zerzaust hatte. Sie sah ... sie sah mütterlich aus, dachte er. Das war das Wort, auch wenn er sich eher die Zunge abgebissen hätte, als das zu sagen. Sie antwortete schließlich: »Ich würde es sachten Wellengang auf der Oberfläche deines Seelenfriedens nennen, verursacht durch die Regenbogenpresse und den Assistant Commissioner von New Scotland Yard. David Hillier will, dass du versagst, Tommy. Das solltest du doch inzwischen wissen. Auch wenn er ohne Unterlass nach Ergebnissen schreit, bist du doch der letzte Mensch auf der Welt, von dem er sie bekommen möchte.«
    Lynley wusste, sie hatte Recht. Er sagte: »Was mich zu der Frage bringt, warum er mir diese Position überhaupt gegeben hat.«
    »Als Interim Superintendent oder Leiter dieser Ermittlungskommission?«
    »Beides.«
    »Wegen Malcolm Webberly natürlich. Hillier hat dir selbst gesagt, er wisse, was Malcolm gewollt hätte, also tut er es. Es ist seine ... Hommage an ihn, denke ich, mir fällt kein besseres Wort ein. Es ist sein Beitrag, Malcolms Genesung zu begünstigen. Aber seine eigenen Wünsche - Hilliers, meine ich - kommen dem in die Quere, was er für Malcolm tun will. Also hast du einerseits die Beförderung zum Interim Superintendent, und du hast die Leitung dieser Ermittlung, aber andererseits wird beides von Hilliers Missgunst begleitet.«
    Lynley dachte darüber nach. Es ergab durchaus einen Sinn. Aber so war Helen: Kratzte man an der Oberfläche ihrer typischen Unbekümmertheit, fand man eine Frau, die ebenso klug wie intuitiv war. »Ich hatte keine Ahnung, dass du so eine Begabung für Stegreif-Psychoanalyse hast«, bekannte er.
    »Oh.« Sie prostete ihm mit der Teetasse zu. »Das lernt man bei den Nachmittagstalkshows, Liebling.«
    »Wirklich? Ich hätte dich nie für eine heimliche Talkshowsüchtige gehalten.«
    »Du schmeichelst mir. Ich habe eine echte Schwäche für die amerikanischen Shows entwickelt. Du weißt schon: Jemand sitzt auf dem Sofa, schüttet dem Talkmaster und einer halben Milliarde Zuschauer sein Herz aus, und anschließend bekommt er Ratschläge und wird in die Welt hinausgeschickt, um Drachen zu töten. Es ist Bekenntnis, Katharsis, Entschluss und Erneuerung, alles in einem säuberlichen Fünfzig-Minuten-Segment. Ich bewundere die Art und Weise, wie sie im amerikanischen Fernsehen alle Probleme des Lebens lösen, Tommy. So, wie die Amerikaner die meisten Dinge tun, nicht wahr? Die Revolverheldenmethode: Zieh deinen Colt, schieße in der Gegend herum, und das Problem ist verschwunden. Angeblich, jedenfalls.«
    »Du willst mir doch nicht vorschlagen, ich solle Hillier erschießen, oder?«
    »Höchstens als letztes Mittel. Aber vorher rate ich zu einem Abstecher nach Osterley.«
    Also war er ihrem Vorschlag gefolgt. Es war eine gottlose Stunde für einen Besuch in der Rehaklinik, aber er nahm an, dass sein Polizeiausweis ihm Tür und Tor öffnen werde.
    Das war der Fall. Die meisten Patienten waren noch beim Frühstück, aber Malcolm Webberlys Bett war leer. Doch ein hilfsbereiter Pfleger wies Lynley den Weg zum Physiotherapieraum. Dort fand Lynley Detective Superintendent Webberly, der sich mit Gehversuchen zwischen zwei parallelen Stangen abmühte.
    Lynley beobachtete ihn von der Tür aus. Allein die Tatsache, dass der Superintendent noch lebte, war ein Wunder. Er hatte endlos viele Verletzungen überstanden, die er davongetragen hatte, als er mit einem Auto überfahren worden war.
    Seine Milz und ein gutes Stück der Leber waren zerstört. Er hatte einen Schädelbruch erlitten, und ein Blutgerinnsel im Gehirn war operativ entfernt worden. Fast sechs Wochen künstliches Koma. Eine gebrochene Hüfte, ein gebrochener Arm, fünf gebrochene Rippen und inmitten der langsamen Rekonvaleszenz von alldem kam noch ein Herzinfarkt dazu. Er war ein unverwüstlicher Krieger im Kampf um die Wiedererlangung seiner Kräfte. Außerdem war er der einzige Mann bei New Scotland Yard, in dessen Gegenwart Lynley nie das Gefühl hatte, eine Maske tragen zu müssen.
    Webberly bewegte sich im Schneckentempo zwischen den Stangen

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