13 - Wo kein Zeuge ist
Überraschung sah. »Wie ich sagte. Meine Autorität übersteigt Ihre, Superintendent. Also setzen Sie sich hin. Sie werden ein Weilchen hier sein.«
Hamish Robson bewies wenigstens so viel Anstand, ein zerknirschtes Gesicht zu machen und so nervös zu wirken, wie man es von jedem intuitiven Menschen in einer vergleichbaren Situation erwartet hätte.
Er betrat das Büro mit einem gelben Schreibblock und einem kleinen Stapel Unterlagen. Letzteren reichte er Hillier. Er nickte Lynley zu und zuckte eine Schulter, was zu sagen schien: Das war nicht meine Idee.
Lynley erwiderte das Nicken. Er hegte keinen Groll gegen den Mann. Seiner Meinung nach taten sie beide nur ihren Job, und zwar unter extrem schwierigen Bedingungen.
Hillier hatte sich offenbar in den Kopf gesetzt, Dominanz zum Thema dieser Besprechung zu machen. Er stand nicht vom Schreibtisch auf, um sich an den Konferenztisch zu setzen, wo er die Besprechung mit dem Pressechef und dessen Assistenten gehalten hatte, sondern wies Robson mit einer Geste den Stuhl vor seinem Schreibtisch direkt neben Lynley zu. So saßen sie beide wie zwei Bittsteller da, die vor den Thron des Pharao getreten waren. Es fehlte nur noch, dass sie sich mit dem Gesicht nach unten zu Boden warfen.
»Was haben Sie herausgefunden, Hamish«, fragte Hillier unter Umgehung aller höflichen Vorreden.
Robson hielt seinen Block mit dem Daumen auf den Knien fest. Sein Gesicht wirkte fiebrig, und für einen Augenblick verspürte Lynley Mitgefühl. Robson saß wieder einmal zwischen den Stühlen.
»Bei den ersten Verbrechen erreichte der Täter das ersehnte Gefühl der Allmacht durch die offenkundige Handlungsabfolge des Verbrechens«, begann Robson, und er schien unsicher, wie genau er sich durch das Minenfeld der Spannungen zwischen den beiden Polizeibeamten bewegen sollte. »Ich meine die Entführung des Opfers, das Fesseln und Knebeln, die Rituale des Brennens und Schneidens. Doch in diesem Fall in Queen's Wood waren die alten Verhaltensmuster nicht ausreichend. Was immer die früheren Taten ihm gegeben haben - und lassen Sie uns vorerst weiterhin postulieren, dass es Macht war -, das ist ihm dieses Mal verwehrt geblieben. Und das hat einen Ausbruch von Wut ausgelöst, die er bisher nicht verspürt hat. Und ich nehme an, dass diese Wut ihn überraschte, da er sich zweifellos eine komplexe Rechtfertigung zurechtgelegt hat, warum er diese Jungen tötet. Und Wut ist in dieser Gleichung bisher nie vorgekommen. Doch jetzt fühlt er sie, weil er in seinem Machtstreben frustriert worden ist, und so verspürt er ein starkes Bedürfnis, das, was er bei seinem Opfer als Auflehnung deutet, zu bestrafen. Dieses Opfer macht der Mörder verantwortlich dafür, dass er von ihm nicht bekommt, was alle anderen zuvor ihm verschafft haben.«
Robson hatte auf seine Notizen geschaut, während er sprach, doch jetzt sah er auf, als brauche er eine Aufforderung, um fortzufahren. Lynley sagte nichts. Hillier nickte knapp.
»Also reagiert er bei diesem Jungen mit physischer Gewalt, bevor er ihn tötet«, erklärte Robson. »Und danach empfindet er keine Reue: Der Leichnam wird nicht respektvoll aufgebahrt, sondern achtlos weggeworfen. Und das an einem Ort, wo es Tage hätte dauern können, ehe jemand über ihn stolpert. Wir können also davon ausgehen, dass der Mörder die Ermittlungen verfolgt und nicht nur bemüht ist, keine Beweise am Tatort zu hinterlassen, sondern ebenso, nicht gesehen zu werden. Ich nehme an, dass Sie schon mit ihm gesprochen haben. Er weiß, dass Sie ihm auf der Spur sind, und er hat nicht die Absicht, Ihnen in Zukunft irgendetwas zu liefern, das ihn mit den Verbrechen in Zusammenhang bringt.«
»Ist das der Grund, warum wir dieses Mal keine Fesselspuren gefunden haben?«, fragte Lynley.
»Ich glaube nicht. Vielleicht ist es so, dass der Täter vor diesem Mord glaubte, die Omnipotenz erlangt zu haben, nach der er sich sein ganzes Leben gesehnt hat. Dieses wahnhafte Machtgefühl hat ihn zu der Überzeugung gebracht, dass er sein nächstes Opfer nicht einmal immobilisieren musste. Doch ohne Fesseln, stellte sich heraus, hat sich der Junge gewehrt, und das erforderte eine individuelle Methode, ihn aus der Welt zu schaffen. Statt der Schlinge benutzt der Mörder seine Hände. Nur durch dieses Mittel kann er das Gefühl von Macht zurückerlangen, das ja sein eigentliches Tatmotiv ist.«
»Wie lautet demnach Ihre Schlussfolgerung?«, fragte Hillier.
»Sie haben es mit einer inadäquaten
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