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13 - Wo kein Zeuge ist

13 - Wo kein Zeuge ist

Titel: 13 - Wo kein Zeuge ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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das Bild, das sie von sich selbst erschaffen hatte, mit Tomaten zu bewerfen.
    Neil Greenham führte diese Liste an. Er hatte seine fauligen, kleinen, informellen Gemüsegranaten wahrscheinlich seit Monaten gesammelt und nur auf den passenden Zeitpunkt gewartet, um sie abzufeuern. Denn Neil kämpfte um die totale Kontrolle über Colossus, was Ulrike erst während der jüngsten Entwicklungen klar geworden war, als Bensley und Richie in ihrem Büro aufgetaucht waren. Natürlich war Neil nie ein Teamspieler gewesen - man bedenke allein die Tatsache, dass er einen Lehrerjob zu einer Zeit verloren hatte, da die Regierung händeringend nach Pädagogen suchte! -, und das war auch immer ein Warnsignal gewesen, das Ulrike zur Kenntnis hätte nehmen sollen. Doch das war nichts im Vergleich zu seiner heimtückischen Seite, die sich mit der unerwarteten Ankunft zweier Vorstandsmitglieder in Elephant and Castle gezeigt hatte, ganz zu schweigen von den Fragen, die sie bei ihrer Ankunft gestellt hatten. Neil würde also überglücklich sein, sie zu teeren, und zwar mit einem Pinsel, den er bereits in Pech getaucht hatte, nachdem sie ihn zum ersten Mal schief angesehen hatte.
    Dann war da Jack Veness. Die ganze Was-hatte-sie-sich-nur-gedacht-Angelegenheit mit Jack. Ihre Irrtümer in Bezug auf Jack hatten jedoch nichts damit zu tun, dass sie zu seiner Tante gelaufen war, sondern vielmehr damit, dass sie ihm überhaupt einen bezahlten Job bei Colossus gegeben hatte. O ja, das war ja angeblich die ganze Theorie hinter der Organisation: den Übeltätern Selbstvertrauen zu vermitteln, bis sie geläutert waren. Doch sie hatte eine entscheidende Erkenntnis außer Acht gelassen, die sie über Individuen wie Jack schon lange gewonnen hatte: Sie reagierten empfindlich, wenn jemand an ihnen zweifelte, und ganz besonders biestig wurden sie dann, wenn sie das Gefühl hatten, dass jemand sie anschwärzte oder das auch nur in Erwägung zog. Also würde Jack auf Rache aus sein, und die würde er auch bekommen. Er war sicher nicht in der Lage, so weit zu denken, um zu erkennen, dass seine Teilnahme an ihrer Demontage bei Colossus eines Tages zurückkommen und ihn in den Arsch beißen könnte, wenn ein Nachfolger für sie bestimmt wurde.
    Griff Strong hingegen verstand das nur zu gut. Er würde tun, was nötig war, um seine Position in der Organisation zu schützen, und wenn das bedeutete, dass er scheinbar zögerliche Andeutungen über sexuelle Belästigung durch eine Vorgesetzte machen musste, die die Finger einfach nicht von seinem verlockenden, wenn auch verheirateten und ach so unwilligen Körper lassen konnte, dann würde er genau das tun. Das, was Neil Greenham dem Vorstand eingepflanzt und Jack bewässert hatte, würde Griff kultivieren. Bei seiner Befragung würde er auch bestimmt diesen verfluchten Seemannspulli tragen. Falls er überhaupt nach Rechtfertigungen suchte, würde er eine Liste von Gründen anführen, warum sie in eine Situation geraten waren, in der jeder für sich selbst kämpfen musste. Arabella und Tatiana würden diese Liste anführen. »Rike, du weißt, dass ich familiäre Verpflichtungen habe. Das hast du immer gewusst.«
    Der Einzige, der Ulrike einfiel, der sich vielleicht positiv über sie äußern würde, war Robbie Kilfoyle, und auch das nur, weil er als Ehrenamtler im Gegensatz zu den fest angestellten Mitarbeitern vorsichtiger sein musste, wenn er befragt wurde. Er musste einen Drahtseilakt der Neutralität vollbringen, weil das der einzige Weg war, um seine Zukunft zu sichern und in die Richtung zu gehen, die er anstrebte, nämlich die einer Festanstellung. Er wollte sicher nicht für den Rest seiner Tage Sandwiches ausliefern, oder? Aber Rob musste positioniert werden. Er musste sich selbst als Spieler in ihrem und keinem anderen Team sehen.
    Sie machte sich auf die Suche nach ihm. Es war spät geworden. Sie schaute nicht auf die Uhr, aber die Dunkelheit draußen und die Stille im Gebäude sagten ihr, dass es weit nach sechs Uhr sein musste, wahrscheinlich näher an acht. Robbie arbeitete abends oft länger, um alles wieder aufzuräumen. Es konnte gut sein, dass er noch irgendwo im rückwärtigen Teil des Hauses war, und wenn nicht, war sie entschlossen, ihn ausfindig zu machen.
    Doch er war nicht mehr da. Der Geräteraum war geradezu zwanghaft ordentlich - ein Umstand, für den sie Rob loben konnte, wenn sie mit ihm sprach, dachte Ulrike -, und die Schulküche war so makellos, dass man vom Boden hätte essen

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