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13 - Wo kein Zeuge ist

13 - Wo kein Zeuge ist

Titel: 13 - Wo kein Zeuge ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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nachmittags ehrenamtlich bei uns, nachdem er die Sandwiches ausgefahren hat. Aber wir betrachten ihn trotzdem als einen der unseren.«
    »Davon hat er mir nie was erzählt.«
    »Stehen Sie ihm nahe?«
    »Warum fragen Sie?«
    Mrs. Puccini klang misstrauisch, und Ulrike erkannte, dass dies eine Wiederholung ihrer Begegnung mit Mary Alice Atkins-Ward werden konnte, wenn sie diese Richtung weiterverfolgte. Lächelnd antwortete sie: »Nur so. Ich dachte nur, weil Sie ihn doch schon so lange kennen. Wie eine zweite Mutter fast.«
    »Hm. Ja. Arme Charlene. Möge ihre arme, gequälte Seele in Frieden ruhen. Alzheimer. Aber das hat Rob Ihnen ja bestimmt erzählt. Sie ist letztes Jahr im Winter gestorben, das arme Ding. Hat ihren eigenen Sohn am Ende nicht mehr erkannt. Oder sonst irgendwen. Und dann sein Vater. Die letzten Jahre hat's unser Rob wirklich nicht leicht gehabt.«
    Ulrike runzelte die Stirn. »Sein Vater?«
    »Einfach tot umgefallen. Letzten September war das. Er wollte wie immer zur Arbeit und ist einfach umgefallen. Die Gwynne Place Steps da drüben runter.« Sie zeigte auf die Treppe am Südwestende des Platzes. »Er war tot, bevor er unten ankam.«
    »Tot?«, fragte Ulrike. »Ich wusste nicht, dass Robs Vater auch ... Er ist tot? Sind Sie sicher?«
    Im Licht der Straßenlaterne warf Mrs. Puccini ihr einen Blick zu, der besagte, wie merkwürdig sie diese Frage fand. »Wenn nicht, Herzchen, haben wir alle da rumgestanden und zugeguckt, wie jemand anderes eingeäschert wurde. Und das ist nicht wahrscheinlich, oder?«
    Nein, musste Ulrike zustimmen, das war es nicht. Sie sagte: »Ich nehme an, es ist nur ... Verstehen Sie, Rob hat nie erwähnt, dass sein Vater verstorben ist.« Ganz im Gegenteil, fügte sie in Gedanken hinzu.
    »Na ja, das kann ich mir vorstellen. Rob ist nicht der Typ, der herumläuft und um Mitleid bettelt, ganz gleich, wie niedergedrückt er nach dem Tod seines Dad gewesen war. Vic hatte nichts für Heulsusen übrig, und wie heißt es so schön: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Aber täuschen Sie sich nicht: Den Jungen hat es schwer getroffen, als er plötzlich allein war.«
    »Gibt es keine weiteren Verwandten?«
    »Ach, er hat irgendwo eine Schwester, viel älter als er, aber die ist schon vor Jahren verschwunden und war auf keiner der Beerdigungen. Verheiratet, Kinder, Australien oder weiß der Kuckuck, wo. Soweit ich weiß, hat sie nichts mehr von sich hören lassen, seit sie achtzehn war.« Mrs. Puccini sah Ulrike noch einmal scharf an, als wolle sie sie einschätzen. Als sie weitersprach, wurde offensichtlich, warum: »Aber wissen Sie, Herzchen, weil ja nur Sie und Trixie es hören ...« Sie wies mit einem kurzen Schütteln der Leine auf ihren Hund, der zu ihren Füßen lag und diese Geste offenbar als Aufforderung verstand, den Spaziergang fortzusetzen, denn er erhob sich umständlich. »Victor war kein besonders netter Kerl.«
    »Robs Vater.«
    »Ganz genau. Natürlich war es ein Schock, als er so plötzlich abtreten musste, aber wenn Sie die Wahrheit wissen wollen, hier im Viertel hat ihm kaum jemand eine Träne nachgeweint.«
    Ulrike hörte ihr zu, war aber immer noch damit beschäftigt, die erste Neuigkeit zu verarbeiten: Robbie Kilfoyles Vater war tatsächlich tot. Es stand im Widerspruch zu dem, was Rob ihr kürzlich erzählt hatte: Irgendetwas von Bezahlfernsehen, oder? Etwas, das Sail Away hieß? Doch alles, was sie zu Mrs. Puccini sagte, war: »Ich wünschte, er hätte es mir erzählt. Es hilft, sich die Dinge von der Seele zu reden.«
    »Oh, ich nehme an, das tut er.« Seltsamerweise wies Mrs. Puccini wieder zu den Gwynne Place Steps hinüber. »Man findet immer ein offenes Ohr, wenn man bereit ist, dafür zu bezahlen.«
    »Bezahlen?« Offene Ohren und bezahlen konnte nur eines von zwei Dingen bedeuten: Prostitution, was ungefähr so gut wie bewaffneter Raubüberfall zu Rob zu passen schien, oder Psychotherapie, was ebenso unwahrscheinlich war.
    Mrs. Puccini schien zu wissen, was sie dachte, denn sie lachte herzhaft, ehe sie erklärte: »Das Hotel. Am Ende der Treppe. Er geht fast jeden Abend in die Bar. Ich schätze, da ist er auch jetzt.«
    Das erwies sich als richtig, nachdem Ulrike sich von Mrs. Puccini und Trixie verabschiedet hatte und die Treppe hinabgelaufen war. Sie führte zu einem Hochhaus, das unübersehbar aus der Nachkriegszeit stammte, ein Übermaß an schokobraunen Ziegeln und so gut wie keine äußere Dekoration aufwies. In dem Haus fand sich jedoch eine

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