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13 - Wo kein Zeuge ist

13 - Wo kein Zeuge ist

Titel: 13 - Wo kein Zeuge ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Kahlkopf.
    Wieder die Frage: Was machst du?, und der Tonfall implizierte die Drohung.
    Fu erwiderte nichts, da die Antwort offensichtlich war: Er sah die Nachrichten an und wurde Zeuge der Entfaltung seiner persönlichen Geschichte. Er drückte der Welt seinen Stempel auf, und war es nicht genau das, was ihm immer befohlen worden war?
    Du solltest mir lieber antworten, wenn ich mit dir rede. Ich hab gefragt, was du da tust, und ich will eine Antwort.
    Und dann: Wo, zum Henker, bist du eigentlich aufgewachsen? Nimm die verdammte Teetasse da vom Holztisch. Willst du in deiner Freizeit die Möbel polieren, da du ja so viel freie Zeit hast? Was denkst du dir eigentlich? Oder hast du das Denken verlernt?
    Fu konzentrierte seine Aufmerksamkeit auf den Fernseher.
    Er konnte das einfach aussitzen. Er wusste, was als Nächstes kommen würde, denn manche Dinge waren so sicher, als wären sie in Granit gemeißelt: Kleie in warmer Milch, zu dünnem Brei aufgeweicht, die zum Himmel gesandten Stoßgebete um einen schnellen Stuhlgang, damit er den Moment nicht an einem öffentlichen Ort erleben musste wie etwa der Schultoilette. Und wenn der Stuhlgang klappte, ein triumphierender Eintrag im Kalender, der innen an der Kleiderschranktür hing. R für regelmäßig, wo regelmäßig doch das Letzte war, das zu sein eine Made sich je erhoffen konnte.
    Aber heute Morgen war irgendetwas anders. Fu fühlte ihn angreifen, ein Reiter geradewegs aus der Apokalypse.
    Wo sind sie? Was, zum Teufel, hast du getan ... Ich hab dir gesagt, du sollst deine Dreckspfoten bei dir behalten. Hab ich das nicht gesagt? Hab ich dir das nicht ausdrücklich gesagt? Stell die gottverfluchte Glotze ab und sieh mich an, wenn ich mit dir rede.
    Er wollte die Fernbedienung haben. Aber Fu gab sie nicht heraus.
    Du willst mir die Stirn bieten, Charlene? Du willst mir die Stirn bieten?
    Und was, wenn er das tat?, dachte Fu. Und was, wenn sie es tat? Was, wenn sie beide es taten? Was, wenn er es tat? Was, wenn alle es täten? Erstaunlicherweise war er furchtlos, nicht mehr argwöhnisch, gänzlich in sich ruhend, sogar ein wenig amüsiert. Die Macht der Made war nichts im Vergleich zu seiner eigenen, jetzt, da er sie einmal ergriffen hatte, und das Schöne daran war, die Made ahnte nicht, womit sie es zu tun hatte. Fu fühlte eine ungeheure Präsenz in seinen Adern, eine Fähigkeit, Sicherheit und ein Wissen.
    Er erhob sich aus seinem Sessel und gestattete seinem Körper, sich in Gänze zu zeigen, unmaskiert. Er sagte: »Ich wollte es und hab es mir genommen. Das war alles.«
    Dann nichts mehr. Nichts. Es war, als erkenne die Made Fus Macht. Er spürte einen Gezeitenwechsel.
    »Gut für dich«, sagte Fu zu ihr. Ein gesunder Selbsterhaltungstrieb konnte einem hier gute Noten einbringen.
    Doch die Made konnte es nicht so ganz lassen, hatte sie ihre Wesensart doch lange und gründlich verinnerlicht. Also ließ sie Fu nicht aus den Augen, folgte jeder seiner Bewegungen und wartete auf ein Anzeichen, dass es ungefährlich sei, zu sprechen.
    Fu setzte den Wasserkessel auf. Vielleicht sollte er eine ganze verdammte Kanne Tee trinken, dachte er. Und er würde eine Sorte wählen, die eine feierliche Note hatte. Er betrachtete die Teedosen im Schrank. Imperial Gunpowder?, überlegte er. Zu schwach, wenngleich er zugeben musste, dass der Name ihm gefiel. Er entschied sich für die, welche die Lieblingssorte seiner Mutter gewesen war: Lady Grey mit der leichten Fruchtnote.
    Und dann: Wieso bist du eigentlich schon auf? Vor neun Uhr morgens, das muss das erste Mal sein, seit... wann? Und wann willst du eigentlich mal etwas Vernünftiges tun? Das wüsste ich wirklich gern.
    Fu ließ den Löffel sinken, mit dem er Lady Grey in die Kanne gegeben hatte, und schaute auf. »Niemand weiß es«, sagte er. »Weder du noch sonst irgendwer.«
    Glaubst du das wirklich? Du machst jemanden in der Öffentlichkeit kalt, und keiner weiß es? Dein Name drei- oder viermal im Polizeiregister, und das ist in Ordnung, ja? Wen soll das kümmern? Und rühr Charlene nicht an! Wenn irgendwer die blöde Schlampe anfasst, dann ich.
    Jetzt waren sie auf vertrautem Boden. Die Schläge mit der flachen Hand, damit sie keine Spuren hinterließen, die Hand ins Haar gekrallt, den Kopf nach hinten gerissen, der Stoß gegen die Wand und die Tritte gegen Körperstellen, die niemand sehen würde.
    Lungenriss, dachte Fu. War es das gewesen? Und er hatte gesagt: Pass auf, Junge, hier kannst du was lernen.
    Da fühlte Fu den

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