1301 - Kreuzzug des Bösen
so taten, als wäre alles normal.
Keine bewegte sich von der Stelle. Sie alle hatten nur ein Ziel. Sie starrten auf die Säule, die das Abbild der Templerin Konstanza darstellte.
Ob ein bestimmter Zeitpunkt angepeilt wurde, wusste ich auch nicht. Ich wartete weiterhin ab und nahm mir die Zeit für einen Rundblick, so gut dies möglich war.
Nein, da war nichts anderes zu sehen. Kein Fremder näherte sich dem Ziel. Auch der Lastwagen blieb in der Dunkelheit verborgen.
Es gab nur die Frauen, die Statue und das Warten auf einen ungeheuren Vorgang.
Manchmal trieb der Wind Rauch gegen meine Augen. Ich putzte ihn weg. Er legte sich auf meine Schleimhäute, und ich unterdrückte das Husten nur mit großer Mühe.
Dann passierte es doch. Endlich. Ich merkte, dass die Spannung von mir abfiel. Aus dem Kreis der Frauen hatte sich eine Person gelöst.
Sie sah aus wie die anderen. Der Körper wurde von einem Gewand bedeckt, aber die Kapuze hing noch oben am Nacken. Der Kopf lag frei, und ich erkannte Rosanna.
Endlich würde sich etwas tun.
Ich verfolgte von meinem erhöhten Standort aus den Weg der Frau.
Ihr Ziel war klar!
Wie eine Büßerin schritt sie der Steinfigur entgegen. Sie hielt den Kopf gesenkt, als wäre sie nicht würdig, einen Blick auf das Abbild zu werfen.
Die anderen Frauen verfolgten jede Bewegung mit ihren Blicken, und sie wagten es nicht, Rosanna zu stören. Schließlich hatte sie ihr Ziel erreicht und blieb davor stehen. Den Kopf hielt sie gesenkt.
Ehrfurcht und Respekt bot sie der Figur an.
Nach einer Weile erst schaute sie hoch, um einen Blick in das Gesicht zu werfen. So musste sie auch die dort eingravierte Baphomet-Fratze sehen. Aber dieses Bild war sie gewohnt.
Sie sprach mit der Statue. Sie flüsterte nur, sodass ich nichts verstand. Den Kopf hatte sie etwas zurückgedrückt. Sie wollte das Gesicht nicht aus dem Blick lassen, und ich konzentrierte mich mehr auf ihre Haltung.
Man musste sie als bittend ansehen. Sie schaute flehend hoch und hoffte, den Kontakt herstellen zu können. Und sie hörte nicht auf zu sprechen. Dabei hatte sie ihre Stimme etwas angehoben. Das Flüstern wurde von der klaren Luft bis an meine Ohren getragen, aber verstehen konnte ich nichts.
Wie würde Konstanza reagieren?
Ich machte mir meine Gedanken. Als ich mit dem Kreuz in ihre Nähe gekommen war, hatten sich die Zeiten verschoben. Ich war plötzlich in der Vergangenheit gelandet und dort Zeuge einer Fast-Hinrichtung geworden. Wie verhielt es sich jetzt?
Das Kreuz hatte sich nicht erwärmt. Ich fühlte es, als meine Finger darüber hinwegglitten. Noch kam die Magie des Baphomet nicht zum Durchbruch. Es brauchte noch gewisser Eckpunkte oder Stationen, um dies in die Wege zu leiten.
Plötzlich geschah etwas, mit dem ich nicht gerechnet hatte. Rosanna sprach nicht mehr. Sie trat zurück, obwohl noch nichts geschehen war. Aber sie begann, sich auszuziehen. Vor aller Augen streifte sie den Umhang oder die Kutte von ihrem Körper, und jeder rechnete damit, sie nackt oder im Unterzeug zu sehen.
Falsch getippt. Auch ich zählte mich dazu, denn was unter der Kutte zum Vorschein kam, war etwas ganz anderes. Eine zweite Garnitur. Nur eine, die nicht in unsere Zeit hineinpasste, sondern in die der Konstanza. Wenn mich meine Augen nicht täuschten, trug Rosanna so etwas wie einen Schutz. Keine direkte Rüstung. Es war ein Kettenhemd, das ihr bis zu den Oberschenkeln reichte. In Hüfthöhe wurde es von einem Gurt umspannt und war in Höhe der Brust und des Rückens durch zwei Panzerteile verstärkt worden.
Die Beine waren von einer engen Stoffhose bedeckt, und die Füße der Frau steckten in halbhohen Stiefeln.
Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich war im ersten Moment fasziniert. Dann schaute ich zu, wie sich Rosanna bewegte und so etwas wie eine Strickmütze über ihren Kopf streifte. Das war sie nicht, denn ich hörte dabei ein leises Klirren. Sie bestand aus kleinen Metallteilen und lag wie ein Netz auf dem Kopf der Frau, wobei sie das Gesicht frei ließ.
Rosanna hatte sich perfekt vorbereitet. Sie wollte der anderen beweisen, dass sie dazu gehörte, und auch ihre Kämpferinnen mitbrachte. Die Überraschung hatte ich schnell überwunden und war gespannt, wie es weitergehen würde.
Mein Blickwinkel war so gut, dass ich ihren gesamten Körper vom Kopf bis zu den Füßen sah. Und dabei fiel mir auf, dass Rosanna nicht bewaffnet war. Aber sie trug die Schutzkleidung, und weil sie sich so gekleidet hatte, ging ich davon
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