131 - Der Mörder aus dem Totenreich
die Stadt, auf der Suche nach einem Opfer.
Er trug eine grauenerregende milchweiße Maske, die er selbst gefertigt hatte. Sie war aus weichem Gummi und verlieh ihm ein affenähnliches Aussehen. Gummibeulen bedeckten seinen kahlen Schädel. Es sah aus, als wäre die Maske im Begriff zu zerrinnen. An Wangen und Kinn baumelten lange Gummitropfen.
Seine Opfer sollten zu Tode erschrecken, wenn er ihnen gegenübertrat. Starr vor Angst sollten sie sein, wenn sie ihn sahen, und das waren sie bisher auch immer gewesen.
Noch vertuschte die Polizei seine Schreckenstaten, damit es zu keiner Massenhysterie in London kam. Mit jeder weiteren Leiche würde das aber schwieriger werden.
Irgendwann würden die Zeitungen von einem »neuen Ripper« berichten. Diese Berühmtheit strebte Buzz Janssen an. Er hatte sich deshalb diesmal auch für ein bekanntes und beliebtes Opfer entschieden: für Lilian McFane.
Die Sache würde so viel Staub aufwirbeln, daß es die Polizei nicht vertuschen konnte.
Ein Angstschrei würde durch die Stadt gellen, und er würde Musik in Buzz Janssens Ohren sein.
***
Lilian McFane ließ sich vom Impresario einen Frotteemantel über die Schultern hängen. »Du warst heute abend ganz besonders in Form«, sagte er.
»Ich wollte Vicky Bonney und ihrem Freund gefallen«, sagte die Künstlerin. »Sie saßen in der ersten Reihe.«
»Unternehmen wir noch was?« fragte der Impresario.
»Heute nicht, tut mir leid, Frank. Ich bin mit Vicky und Tony verabredet,«
»Na, dann eben ein andermal. Zieh dich um, du bist verschwitzt. Du darfst dich nicht erkälten. Es wäre schlimm, wenn du für ein paar Tage ausfallen würdest.«
Zwei Fans hatten es irgendwie geschafft, am Pförtner vorbeizukommen. Sie wollten nicht am Bühneneingang auf Lilian warten, sondern sich ihr Autogramm jetzt schon holen.
Der Impresario fing die beiden Jugendlichen ab. »Moment, Freunde! Wie seid ihr hier reingekommen? Ihr wartet schön brav draußen - wie die anderen.«
»Ach, laß sie doch, Frank«, sagte Lilian. »Wenn sie schon mal hier sind, sollen sie ihr Autogramm bekommen. Da es ihnen gelungen ist, den Pförtner zu überlisten, haben sie sich eine Belohnung verdient, finde ich.«
»Die Belohnung sollte meines Erachtens aus einem Hinauswurf bestehen«, brummte der Impresario. »Wenn das Schule macht, sind wir hier bald unseres Lebens nicht mehr sicher.«
Die Fans bekamen ihr Autogramm und zogen freudestrahlend ab.
Und Lilian McFane begab sich in ihre Garderobe.
Wo sie erwartet wurde…
***
Buzz Janssen hatte die finstere Rückfront des Theaters erreicht und mit der Faust ein Fenster eingeschlagen. Niemand hörte das Klirren.
Lilian stand zu diesem Zeitpunkt noch auf der Bühne und nahm den Applaus des begeisterten Publikums dankbar entgegen. Er war mehr wert als die Gage, er machte sie glücklich. Es war ein wunderbares Gefühl, Abend für Abend von so vielen Menschen bejubelt zu werden. Kein anderer Beruf vermittelte soviel spontane Dankbarkeit. Am Theater konnte man die Früchte der Arbeit sofort ernten, und das war das Schöne daran.
Während Lilian also die Ovationen entgegennahm, öffnete Buzz Janssen das Fenster und stieg in einen düsteren Korridor, den er sogleich entlangschlich.
Vor einer Metalltür blieb er kurz stehen. Er lauschte. Niemand war in der Nähe. Janssen öffnete die Tür und hatte eine eiserne Wendeltreppe vor sich.
Er stieg die Stufen hinunter. Das Geländer wackelte ein wenig, und Janssens weiter Umhang verhedderte sich an einer Stützstrebe. Er wurde ruckartig gestoppt, mußte zwei Stufen hinaufsteigen und den Umhang lösen.
Man hätte ihn für eine Figur aus einem Schauerstück halten können. Er schlang den schwarzen Umhang eng um seinen Körper und hielt ihn fest Wenige Augenblicke später gelangte er in jenen Gang, der zu Lilian McFanes Garderobe führte.
Er öffnete die Tür und verschwand in dem kleinen Raum, den in Kürze auch sein Opfer betreten würde. Völlig ahnungslos würde sie hereinkommen, gut gelaunt, in bester Stimmung, aufgekratzt und lebensfroh.
Buzz Janssen hörte die Schritte einer Frau. Sie stöckelte heran.
Das konnte nur Lilian McFane sein.
Eiskalt bereitete sich der Killer auf den Mord vor.
***
Lilian summte ein Lied, als sie ihre Garderobe betrat. Sie hatte keine schlechte Stimme, war sehr musikalisch. Seit sie mit diesem Stück so groß rausgekommen war, hatten sich schon zwei Schallplattenproduzenten bei ihr gemeldet, die Lilians frische Popularität geschickt
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