131 - Fluch der Dämonen
wir schon. Komm, erzähle weiter."
Nadja seufzte und fuhr fort:
„Heinrichs Weib war eine Schönheit, zumindest nach damaligen Begriffen. Sie verdrehte allein mit ihren betörenden Blicken den Männern reihenweise den Kopf. Aber sie war auch sehr fruchtbar. Sie schenkte Heinrich fünf Kinder - alles Mädchen. Blond und liebreizend wie die Frau Mama.
Im Jahre 1147 schloß sich Heinrich dem Staufer Konrad III. an, um mit ihm zum zweiten Kreuzzug ins Morgenland zu ziehen. Das muß dem guten Heinrich einige Überwindung gekostet haben, denn er wußte, daß er ein begieriges und lebenslustiges Weib hatte. Diese Eigenschaft, die er so sehr an ihr schätzte, wurde für ihn nun zu einem Problem. Denn Heinrich würde einige Zeit weg sein, und er wußte, daß seine Frau solange der Fleischeslust unmöglich entsagen konnte. Und wenn erst die Adeligen der Umgebung und die Minnesänger davon Wind bekämen, dann würden sie wie die Schmeißfliegen in Schwärmen kommen.
Diesen Gedanken ertrug Heinrich nicht. Aber zum Glück gab es zu dieser Zeit ein probates Mittel, das Keuschheit garantierte und dafür sorgte, daß die Angetraute unberührt blieb, auch wenn man mal für Jahre in den Krieg zog. Erraten… Heinrich ließ also für seine Runhild einen Keuschheitsgürtel anfertigen und verpaßte ihn seiner Alten. Runhild nützte alles Jammern nichts, und sie konnte kein Argument vorbringen, das den eifersüchtigen Burgherrn zu Milde verleiten konnte. Er hatte nur ein Argument, aber das stach alle anderen aus. Das war die Triebhaftigkeit seiner Runhild.
Also zog Heinrich gegen die Heiden, den Schlüssel für den Keuschheitsgürtel in der Tasche. Irgendwann erreichte sein an Entzugserscheinungen leidendes Weib die Kunde, daß ihr Gatte ein Held war, denn er gehörte zu jenem Heer von Kreuzrittern, das die Streitkräfte des Emir Imadeddin Zenkis von Mossul vernichtend geschlagen hatte. Bald nach dieser Kunde erreichte Runhild aber noch eine andere, nämlich die, daß ihr Held in dieser Schlacht gefallen sei.
Da machte Runhild ein Faß auf, ließ den Keuschheitsgürtel aufbrechen und führte von da an ein recht flottes Leben. Es gibt eine ganze Menge überlieferte Minnegesänge über das Treiben der liebeshungrigen Runhild.
Das ging eine ganze Zeitlang gut.
Eines Tages tauchte auf der Burg jedoch ein heruntergekommener Raubritter auf, der auf dem letzten Loch pfiff. Es muß wohl so gewesen sein, daß Runhild trotz der Schmutzschicht, die dem Verlotterten anhaftete, unter den Lumpen ein attraktives Mannsbild vermutete. Sie ließ ihn bewirten und ihn fein herausputzen, weil er behauptete, bei der Schlacht von Dorlaion dabeigewesen zu sein und ihren seligen Ritter gekannt zu haben.
Man gab ein großes Fest, bei dem sich die Burgherrin ungeniert mit ihren Liebhabern vergnügte, und forderte den fremden Ritter auf, über die Geschehnisse bei der Schlacht zu erzählen.
Und das tat er, und zwar auf eine recht originelle Weise, nämlich aus der Warte des angeblich gefallenen Heinrich von Laufach. Das finden alle köstlich, und Runhild ergreift die Gelegenheit, um über ihren vermeintlich verblichenen Ollen zu lästern.
Da packt den fremden Kreuzfahrer die Wut - und er gibt sich als Heinrich zu erkennen. Er greift zur Streitaxt und metzelt alle Liebhaber seines ungetreuen Weibes nieder. Runhild aber fleht ihn um Vergebung an, lockt ihn mit den süßesten Versprechungen, und es scheint, daß Heinrich ihr vergibt, denn er verschont Runhilds Leben vorerst…
Aber der Schein trog. In Wahrheit nahm Heinrich an seinem untreuen Weib furchtbare Rache. Er verpaßte ihr einen Keuschheitsgürtel mit sieben Schlössern, einen Keuschheitsgürtel, der nicht zu knacken war und so schwer wie eine Ritterrüstung. Und nachdem dies geschehen, ließ er Runhild lebendig einmauern.
Von da an weicht die Überlieferung ab, und es gibt viele Versionen über das Schicksal der Runhild. Es heißt, daß Runhilds Geist von dieser Stunde an die Burg heimgesucht habe und nur Ruhe finden könne, wenn ein unberührter Jüngling Runhilds Grab finde und den Keuschheitsgürtel öffne. Eine andere Version besagt, daß der Fluch nur von Runhild genommen werden könne, wenn sich eine Frau finde, die ihr den Keuschheitsgürtel abnimmt."
Nadja machte eine bedeutungsvolle Pause, zwinkerte Coco zu und sagte abschließend:
„In einem Punkt sind sich aber alle Legenden einig: Irgendwo in den Ruinen der Burg ist noch der Keuschheitsgürtel versteckt und wartet darauf, daß
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