131 - Pakt mit Luzifer
die Fesseln zu sprengen. Aber die Gurte waren
festgezurrt. Er konnte sich nicht rühren und war seinem Peiniger hilflos
ausgeliefert.
»Wie gesagt, ich persönlich habe nichts gegen
Sie. Irgend etwas aber müssen Sie ausgefressen haben, daß er ausgerechnet Sie
ausgewählt hat. Rein zufällig tut er nämlich nichts. Glaube ich jedenfalls .«
Prühning hörte jedes einzelne Wort, und sie
wirkten wie Hammerschläge auf ihn. Er warf wild den Kopf hin und her, die Haare
flogen ihm in die Stirn.
Was faselte dieser Verrückte da? Wer war
»Er«?
Hatte er, Prühning, Feinde? Die hatte wohl
jeder. Aber daß sein Tod von Bedeutung sei, das war schon kriminell.
Der Einstich in die Vene erfolgte.
Prühning richtete seinen Blick flehentlich
auf das Fenster zur Straße. Er hörte den vorbeiflutenden Verkehr, Geräusche und
Stimmen. Da draußen waren Menschen. Aber sie hätten ihn nicht mal gehört, wenn
er hätte schreien können. Die Geräusche auf der Straße waren zu laut.
Prühning nahm noch mal seine ganze Kraft
zusammen, straffte seinen Körper und bäumte sich auf.
Dann sackte er schlaff in sich zusammen.
Nur eine kleine Luftblase in seiner Vene
brachte ihm den Tod.
*
Unbemerkt wie er gekommen war, verließ der
Fremde Dr. Prühnings Praxis.
Alle Lichter in den Räumen waren erloschen.
Starr und reglos lag der Arzt auf der Bank,
seine Augen waren vor Entsetzen weit aufgerissen.
Sein unheimlicher Gast hatte ihm nach
Eintritt des Todes die Ledergurte um Fuß- und Handgelenke gelöst und den Knebel
aus dem Mund genommen.
Doch Prühning konnte nicht mehr schreien.
Alles lag still und dunkel. Und dann geschah
etwas, was eigentlich nicht sein konnte und nicht sein durfte.
In der Dunkelheit bewegte sich eine Gestalt.
Sie kam aus dem Nichts wie ein Geist. Kein Fenster öffnete sich, keine Tür. Für
diese schattengleiche Erscheinung boten die Wände des alten Hauses kein
Hindernis.
Lautlos, als ob sie schwebe, näherte sie sich
dem Toten. Gierige, nicht menschliche Augen blickten auf die Leiche. Ein
lebender Prühning wäre vor Schreck beim Anblick dieser gelbgrünen
Raubtierpupillen erstarrt. Ein zwingender, unbarmherziger Blick,
gletscherkalt...
Der unheimliche Besucher aus dem Nichts
streckte die Rechte aus, in der er einen Stab hielt. Das vordere Ende dieses
Stabes näherte sich dem Gesicht Dr. Prühnings.
Es zischte, als ob die Spitze glühendheiß
sei. Hart und kurz drückte der schattengleiche, gespenstische Besucher den Stab
auf die rechte Wange der Toten. Als er ihn zurückzog, glühte dort ein
unheimliches Symbol. Eine sich ringelnde Schlange, die ihr Maul schrecklich
weit aufriß. Groß und gewaltig ragten die dolchartigen Zähne hervor, und die
Augen in dem drachenförmigen Schädel glühten rot wie das Feuer der Hölle.
»Die Schlange«, sagte der Schattengleiche
abstoßend. »Das Symbol der Hölle, mein Symbol, soll auch dich zieren, zum
Beweis dafür, daß ich hiergewesen bin...«
*
In dieser Nacht fuhr die Frankfurter Polizei
wie immer ihre zahlreichen Einsätze. Es kam zu Schlägereien in Bars und
Kneipen. Radaubrüder mußten voneinander getrennt werden. Eine Streifenbesatzung
berichtete von einem enttäuschten Liebhaber, der mit der Dame seines Herzens im
Bahnhofsviertel handelseinig gewesen war. Besagte »Dame« tauchte aber unerkannt
unter, ohne für die Vorauszahlung ihre Liebesdienste zu leisten.
Eine Nacht wie jede andere, in der geflucht
und gelacht, gescherzt und geliebt wurde, in der sich Verbrechen ereigneten, in
der Rettungswagen des Roten Kreuzes durch die Innenstadt rasten und
Polizeistreifen mit Blaulicht zum nächsten Einsatzort jagten.
Und doch war diese Nacht anders. Zum ersten
Mal waren nicht allein menschliche Hände maßgebend für ein Verbrechen.
Mensch - und Teufel waren gemeinsam tätig geworden .. .
Als das Verbrechen entdeckt wurde, war die
Nacht, in der Luzifer irdischen Boden berührt hatte, vorüber...
Die Arzthelferin kam in die Praxis, fand sie
unverschlossen und entdeckte den Toten.
Die Mordkommission unter Leitung von
Kommissar Schneider traf um halb acht Uhr in der Eschersheimer Landstraße ein.
Die Routinearbeit begann. Spurensicherung,
eine erste Vernehmung. Was hatte die Arzthelferin zu der Angelegenheit zu
sagen? War ihr etwas aufgefallen, nachdem sie gestern abend gegangen war? Hatte
Dr. Prühning noch einen Patienten oder eine Patientin erwartet?
Die üblichen Fragen, um einen ersten
Anhaltspunkt zu finden.
Aufnahmen wurden
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