131 - Unternehmen 'Crow's Nest'
Menge Hass auf die Unterdrücker aufgestaut hatte – und außerdem wollten sie sich an den Mördern Dickless Kids rächen.
Dr. Ryan hielt zwar wenig davon, sich mit den Kreisen anzulegen, in deren Gefangenschaft Emmiem schmachtete, aber er hatte nicht vergessen, dass Mr. Black und seine Gefährten auch ihn vor einigen Jahren vor einer fragwürdigen Zukunft auf den Straßen der Oberwelt bewahrt hatten.
Außerdem war er darauf bedacht, dass den Jugendlichen nichts passierte: Die Medikamente, die er für seine in der Illegalität lebenden Patienten brauchte, gab es nur auf dem Schwarzen Markt, und dort durfte er sich selbst nicht blicken lassen.
Trashcans Lieferanten waren mehrheitlich Technos, die sich für die Waren, die sie an die Oberwelt schmuggelten, Dienstleistungen erkauften, die sie im Pentagon-Bunker nicht bekamen.
Der Mann, mit dem sich Trashcan Kid an diesem Tag treffen wollte, erweckte auch Hackers Interesse: Bunkerleute, die illegalen Tätigkeiten nachgingen, handelten vielleicht auch mit Informationen. Und wenn der Mann sich seinen neuen Freunden ohnehin schon ausgeliefert hatte, war er vielleicht unter etwas mehr Druck auch bereit auszuplaudern, ob Emmiem noch lebte und wo er sich befand.
Mr. Hacker stand neben Honeybutt hinter der verdreckten Scheibe eines alten, nicht mehr benutzten Kassenhäuschens und musterte das Menschengewimmel vor der Bühne. Die Arena war ein idealer Ort für illegale Geschäfte, denn sie hatte über ein Dutzend Ausgänge.
Außerdem wurde sie von zahllosen in Felle und Leder gekleideten Gestalten frequentiert, die keine Probleme mit der Kälte hatten, weil sie sich mit kleinen braunen Alk-Flaschen warm hielten. Die Stimmung war großartig; die aufgedrehten Zuschauer grölten jedes Lied mit.
Schon in Hackers Jugend waren Retro-Konzerte bei den Straßengören Waashtons äußerst beliebt gewesen. Bei solchen Veranstaltungen ließ man die Waffen traditionell zu Hause, rauchte mit der Konkurrenz die Friedenspfeife und vergaß die kleinlichen Streitereien, die einen den Rest des Jahres auf Trab hielten. Sogar der Fettsack im Rathaus förderte diese Veranstaltungen, weil seine Gardisten an solchen Tagen weniger Schädel einschlagen mussten.
»Ist er das?« Honeybutt drängte sich neben Mr. Hacker und deutete an die rechte Seite der Bühne.
Hacker kniff die Augen zusammen. Trashcan Kid begrüßte gerade ein hageres Element, das alt genug war, um sein Vater zu sein. Der Mann trug zwar das wehende bunte Räuberzivil der Oberweltler, aber er war bleich und seine steife Haltung deutete an, dass er eine Techno-Erziehung genossen hatte. Laut Trashcan arbeitete er als Chemiker in einem WCA-Labor.
Die beiden steckten die Köpfe zusammen und besprachen sich kurz. Mr. Hacker sah, dass ein Stapel Bax-Karten aus seinem eigenen Beutel den Besitzer wechselte, dann drückte der Chemiker Trashcan ein Päckchen in die Hand. Als er sich durch die dicht stehende und singende Menge davonmachen wollte, hielt Trashcan ihn am Ärmel fest. Er beugte sich vor, und Hacker nahm an, dass er ihm die entscheidende Frage stellte: »Kennste ‘n Typ namens Emmiem?«
Der Schwarzhändler schüttelte den Kopf und wollte sich losreißen, doch Trashcan hielt ihn nun mit beiden Händen fest.
Hacker sah, dass der Mann in eine Tasche seiner weiten Jacke griff, und im gleichen Moment keuchte Honeybutt auf.
»Hacker!«
Mr. Hacker sah es schon: Auf der Bühne entstand Unruhe.
Fünf, sechs – nein, sieben Männer schoben den weinroten Vorhang hinter dem Drummer beiseite und stürmten nach vorn.
Die Musiker schauten überrascht auf. Einer der Störenfriede drückte den Bassisten zur Seite; ein anderer schlug dem Sänger so brutal ins Kreuz, dass der mit der Nase voran ins Publikum segelte.
Die Musik setzte vollends aus. Das Publikum schrie erschreckt durcheinander und wich zurück. Die Kerle auf der Bühne – Hacker sah nun, dass sie samt und sonders bewaffnet waren – traten an den Bühnenrand und schossen in die Richtung, in der er Trashcan und der Schwarzhändler gerade noch gesehen hatte.
Mr. Hacker zog seinen Driller.
Das Publikum spritzte auseinander. Mehrere erboste Zuschauer warfen Flaschen auf die Bühne. Einer der Schützen wurde an der Schläfe getroffen und taumelte zurück.
Hacker schlug die verdreckte Scheibe ein und schob seine Waffe ins Freie. Er zweifelte nicht daran, dass sie es mit Weltrat-Agenten zu tun hatten: Entweder hatten sie Trashcan Kid zufällig erkannt oder den Schwarzhändler
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