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1311 - Die Teufelszunge

1311 - Die Teufelszunge

Titel: 1311 - Die Teufelszunge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Schweißperlen auf seiner Stirn. Ob sie von der Wärme des Scheinwerfers stammten, war fraglich, und so ruhig wie sich dieser Mann gab, war er auch nicht. Das leichte Zittern war bei ihm nicht zu übersehen.
    Er hob die Trompete an. Er drückte das Mundstück leicht gegen seine Lippen. Dann probierte er jedes der sechs Pumpventile durch und deutete durch ein Nicken an, dass er zufrieden war.
    Ich lehnte mich entspannt zurück und dachte an nichts anderes als an die Musik, als er die ersten Töne blies…
    ***
    In der kindlichen Vorstellungswelt der Mythologie und auch in der manch erwachsener Person sind die Engel oft Geschöpfe, die durch den Himmel fliegen und auf der Trompete blasen. Auch sie ist praktisch ein mit Mythen beladenes Instrument, da brauchte ich nur an die Trompeten von Jericho zu denken, deren Kraft hatte Mauern einstürzen lassen.
    Doch zurück zu den Engeln. Man sagt ihnen nach, dass sie die Kunst des Trompetenblasens perfekt beherrschten. Wenn das zutraf, dann war Walter Shols ein Engel, denn sein Spiel war perfekt.
    Das merkte sogar ich als Laie.
    Er spielte wunderbar. Fantastisch. Einfach perfekt. Da war auch ein klassisches Solostück für ein Instrument nicht langweilig. Dieser Mann brachte es tatsächlich fertig, seiner Trompete nicht nur Töne zu entlocken, er kleidete sie sogar in Gefühle, sodass selbst ich mir bei dieser Musik etwas vorstellen konnte.
    Schon jetzt bereute ich es nicht, Bills Einladung angenommen zu haben.
    Dieser Mann war einfach toll. Und so wie ich dachten auch die anderen Besucher. Ich brauchte mich nur umzuschauen, um zu sehen, dass sie alle von diesem Spiel fasziniert waren. Die meisten von ihnen hielten die Augen geschlossen und gaben sich dem musikalischen Genuss hin. Dementsprechend stark brandete auch der Beifall nach dem ersten Stück auf, als Walter Shols sein Instrument sinken ließ und tief, sehr tief durchatmete. Es lag nicht allein an der Luft oder an seiner Atemtechnik. Mir kam es vor, als wäre er unwahrscheinlich erleichtert darüber, dass er die erste Hürde seines Konzerts genommen hatte.
    Mit einem hellen Tuch wischte er über seine Stirn, verbeugte sich mehrmals und warf einer Frau an einem der vorderen Tische eine Kusshand zu.
    »Und? Was sagst du, John?«
    »Einmalig.«
    »Das habe ich gewusst.«
    Glenda klopfte Bill auf die Schulter. »Aber nur durch Sheilas Drängen.«
    Bill verdrehte leicht die Augen. »Ja, ja, ich weiß. Ihr Frauen seid euch immer einig, wenn es gegen die Männer geht.«
    »Das muss auch so sein.«
    Unser kleiner Dialog endete, als der Meister sein Instrument wieder anhob und das nächste Stück begann. Er hatte sich so hingestellt, dass er ins Publikum schauen konnte, aber sein Blick war dabei auf einen bestimmten Tisch gezielt, an dem jemand sitzen musste, den er gut kannte. Möglicherweise seine Frau oder ein Bekannter.
    Er setzte die Trompete an.
    Es sah alles so spielerisch leicht aus, was er tat. Das war es jedoch nicht. Dazu gehörten Können, große Klasse, tolle Begabung und eben eine große Liebe zur Musik.
    Er blies wieder.
    Schon der erste Ton schmetterte gegen die Decke. Er war wie ein Ruf, der durch den umgebauten Saal hallte. Es war wunderbar, ihm zuzuhören, wie er allmählich an Höhe verlor, leiser wurde, aber nicht so schwach, als dass er versackt wäre.
    Laut und schrill blasen kann jeder, dachte ich mir, aber nicht so fein und leise. Da ließ der Künstler sein Gefühl mitschwingen. Da legte er seine Seele hinein, und genau das merkte man auch im Publikum. Es war noch stiller und konzentrierter geworden als beim ersten Stück. Kein Räuspern war zu hören, kein Rascheln von Papier, die gesamte Aufmerksamkeit galt nur dieser wunderbaren Musik.
    Sie wurde gespielt – und irritierte!
    Ich wusste selbst nicht, was mich dazu trieb, mich auf dem Sitz zu drehen, aber ich tat es. Man hatte das Licht gedämpft, aber es war nicht so stark gedimmt worden, dass die Gäste in der Dunkelheit saßen. Es strahlte noch genügend stark ab, um zumindest die Gesichter und Bewegungen derjenigen Zuhörer zu erkennen, die an den mir am nächsten stehenden Tischen saßen.
    Da fiel mir etwas auf.
    Wie gesagt, ich war nicht der Fachmann. Die Rolle hatten andere Leute inne. Da gab es sogar welche, die Notenblätter in den Händen hielten und jeden Ton genau verfolgten.
    Genau die waren es, deren Gesichter sich verändert hatten. Sie schüttelten die Köpfe, sie schauten nach, sie blickten sich an. Einige von ihnen begannen zu

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