1313 - Die Kolonisten von Lao-Sinh
Nicht alle waren zurückgekehrt.
Was Dao-Lin-H'ay auf Hubei vorfand, das war dementsprechend nur der Grundstock zu einer Kolonie, und der war noch reichlich klein geraten. Die Unterkünfte, die eigentlich errichtet werden sollten, damit die Neuankömmlinge sich umgehend ihrer Arbeit widmen konnten, waren nur zu einem geringen Teil fertiggestellt, und auch die vorgeplanten Werkstätten und Industrieanlagen machten noch einen ziemlich kläglichen Eindruck.
Sie stürzte sich mit Feuereifer in ihre Arbeit.
Zwei Vorteile hatte sie dabei gegenüber der Protektorin der ersten Expedition: Ihre Mannschaft war nach dem langen Flug und der damit verbundenen Langeweile ganz versessen darauf, endlich etwas unternehmen zu können. Und die Bewohner der kleinen Kolonie schöpften neuen Mut, als sie nun endlich, nach mehr als vierjähriger Wartezeit, die Bestätigung dafür erhielten, daß weitere Kartanin ihnen nach LAO-SINH folgen würden.
Die Protektorin der ersten Expedition hieß Sho-Do-H'ay und war eine entfernte Verwandte Dao-Lins. Eine sehr entfernte allerdings, denn Sho-Do entstammte einem Zweig der Familie, der schon seit langer Zeit nicht mehr auf Kartan ansässig war.
Sho-Do-H'ay machte ihrer höhergestellten Verwandten keine Schwierigkeiten. Sie schien im Gegenteil froh zu sein, die Verantwortung an Dao-Lin abtreten zu können.
„Die Lager für die Tränen N'jalas sind vorbereitet", erklärte sie, während sie Dao-Lin durch die Kolonie führte. „Es kann sich allerdings nur um vorübergehende Lager handeln, denn sie liegen alle in der Nähe der Siedlung."
„Führ mich hin", bat Dao-Lin.
Es war ein kalter, stürmischer Tag auf Hubei, und ein leichter Schneeregen trieb über das karge Land. Den Kartanin machte das nichts aus. Sie waren an solche Bedingungen gewöhnt.
„Wir haben einige natürliche Höhlen gefunden und sie entsprechend ausgebaut", berichtete Sho-Do, während sie eine graue Metalltür öffnete, die direkt in den Felsen des Berges zu führen schien, an dessen Fuß man die Kolonie errichtet hatte.
Dao-Lin besichtigte das erste Lager und war zufrieden. Die Höhle war weit verzweigt und bot eine große Zahl von kleinen Hohlräumen, die sich leicht abtrennen ließen. Nur der vordere Teil der Höhle war bereits fertig ausgebaut - dort lagerte der Paratau, den die erste Expedition mitgebracht hatte.
Es handelte sich um eine relativ geringe Menge Tränen. Die fünfzig Esper, die über diese Vorräte wachten, hatten einen leichten Dienst zu verrichten. Sie lebten in getarnten Räumen oberhalb der Lagerstätten, außerhalb des eigentlichen Höhlensystems. Was von außen wie gewachsener Fels aussah, das zeigte sich von drinnen als eine Flucht von kleinen Räumen. Von dort oben konnte man die ganze Siedlung und den provisorischen Raumhafen überblicken.
Die beiden anderen Höhlen, die zwar für die Aufnahme des Parataus vorbereitet waren und ebenfalls Unterkünfte für die Esper enthielten, gefielen Dao-Lin-H'ay weniger gut. Sie wußte im ersten Augenblick nicht recht, woran das lag, aber auch Sho-Do-H'ay schien von diesen Lagerstätten nicht recht überzeugt zu sein.
„Es war die einzige Möglichkeit, auf die schnelle etwas fertigzustellen", entschuldigte sie sich. „Wir hatten es hier auf Hubei nicht leicht."
„Warum?" fragte Dao-Lin forschend. „Gibt es hier Gefahren?"
„Eigentlich nicht", erwiderte Sho-Do verlegen. „Der Planet ist unbewohnt, und es scheint keine raumfahrenden Völker zu geben, die sich für Hubei interessieren. Die Lebensbedingungen sind gut. Wir haben eine ganze Anzahl von Tälern gefunden, die sich für die Landwirtschaft eignen. In den ersten beiden Jahren waren die Ernteergebnisse gering, aber jetzt sind wir soweit, daß wir genug Vorräte anlegen können, um die Versorgung der Kolonie und der noch eintreffenden Kartanin sicherstellen können."
„Das hört sich gut an!" sagte Dao-Lin zufrieden.
„Ich weiß", murmelte Sho-Do. „Aber das ist auch nicht der Punkt, der mir Sorgen bereitet hat. Es ist wohl einfach so, daß wir alle uns unter LAO-SINH etwas anderes vorgestellt haben als das, was wir hier vorfanden."
„Ich habe es schon bemerkt", versicherte Dao-Lin. „Für die Esper ist deutlich spürbar, daß wir uns in LAO-SINH befinden, aber die anderen merken so gut wie nichts davon. Sie sind davon ausgegangen, daß sie es ebenfalls spüren können. Nun sind sie enttäuscht."
„Das ist noch nicht alles", meinte Sho-Do mit deutlich sichtbarem Unbehagen. „Diese
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