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1317 - Die Orphischen Labyrinthe

Titel: 1317 - Die Orphischen Labyrinthe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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daß die Gejagten die Sache ebenfalls zu einem Ende bringen wollen. Jedes Mittel ist dafür recht. Nur der Endzweck entscheidet. Sie oder ich!"
    „Rechnest du damit, daß sie dich besiegen?" fragte Alaska erstaunt.
    „Nicht wirklich", meinte Lainish. „Aber ich will ihnen das Gefühl geben, daß sie eine Chance haben. Als Jäger habe ich manchmal den Eindruck, daß ich die Todessehnsucht eines Gejagten erfülle, wenn ich ihm den Fangschuß gebe. Es ist aber umgekehrt ebenso, daß ein Jäger sich in dem Bewußtsein der Gefahr aussetzt, daß er auf der Strecke bleiben kann. Mit dem Tod konfrontiert zu werden, kann auf die Dauer zu einer gewissen Sehnsucht nach dem Tod werden. Nicht, daß man das Leben verachtet, aber die Frage, wie denn das Sterben eigentlich ist, die stellt man sich. Und das glauben Roi und Ronald von mir. Sie glauben - und das sollen sie -, daß ich bereit bin, diese Erfahrung zu machen."
    „Und wie stehst du wirklich dazu?" Statt eine Antwort zu geben, deutete Lainish mit dem Permit in die Höhe. Das Rotauge war jetzt direkt über ihnen, und das Kristallgebirge wuchs immer noch in die Höhe.
    „Du brauchst dich nur vom Boden abzustoßen, Saedy, dann fängt das Rotauge dich ein", erklärte Lainish.
    Alaska hatte für einen Moment wieder Kontakt mit Sijol und Agruer, als sie in den Bereich seiner Ishara kamen.
    „Spring, Saedy!" rief Lainish und schnellte seinen mächtigen Oghauer-Körper hoch. „Ich habe keine Todessehnsucht, aber ich werde so tun ..."
    Das Rotauge verschluckte ihn. Alaska sprang ebenfalls. Kaum daß er keinen Boden unter den Wurzelbeinen mehr hatte, wurde er von einem Sog erfaßt und von dem rotierenden Flammenrad verschluckt. Er hatte das Gefühl, daß alles um ihn ins Riesenhafte wuchs und daß er selbst zur Größe eines Insekts schrumpfte.
    Aber dieser Verkleinerungsprozeß beeindruckte ihn nicht in gebührendem Maß. Etwas anderes, eine Idee, die ihn wie ein Blitz aus heiterem Himmel traf, nahm ihn voll in Besitz.
    Er wußte mit einmal, was Lainish vorhatte. Sein philosophisches Gespräch über die seltsame Bindung zwischen Jäger und Gejagten und die daraus entstehende Todessehnsucht hatte ihm die Augen geöffnet.
    Lainish wollte Ron und Roi glauben machen, daß er voller Todessehnsucht war. In Wirklichkeit aber wollte er sie nur ködern.
    Das war auch die Antwort darauf, warum sich Sijol und Agruer in einem Respektabstand hielten.
    Lainish war der Köder - Sijol und Agruer sollten die Vollstrecker sein. Ihm selbst war dabei nur eine Statistenrolle zugedacht.
    Damit aber wollte sich Alaska nicht abfinden. Er mußte Roi und Ron unbedingt warnen.
    Das rote Glühen erlosch. Schwärze senkte sich über ihn. Und als diese ihn entließ, befand er sich in völlig veränderter Umgebung. Er hatte eine vergleichbare Landschaft in der Labyrinthwelt noch nicht gesehen.
    „Wo sind wir hier?" fragte er ins Nichts, denn er konnte Lainish nicht sehen.
    „Im Innern des Rotauges - im Mikrokosmos der Labyrinthwelt", antwortete ihm Lainishs Originalstimme, die sanfte Engelsstimme des Zwerg-Gavvron. „Hier wird jeder auf seine geringstmögliche Größe reduziert. Egal in welche Gestalt er auch transmutiert wurde, hier bekommt er sein ureigenstes Wesen zurück."
    „Und was sollen wir hier?"
    „Wir warten auf die Opfer."
    „Wenn sie aber nicht kommen?"
    „Sie werden kommen. Da kenne ich Roi und Ronald viel zu gut, vermutlich besser, als sie sich selbst kennen. Dieser Mikrokosmos ist nämlich neutraler Boden, wo keiner dem anderen etwas anhaben kann. Ich sagte es schon, daß jeder auf seine geringste Größe, auf sein ureigenstes Ich reduziert wird. Egal, was er im Labyrinth ist, ob Oghauer oder Cepralaun - gar ein Krüppel wie du - hier ist er er selbst. Roi und Ron werden es sich nicht nehmen lassen, mich vor der Entscheidung hier aufzusuchen ..."
    ... und wenn sie den Mikrokosmos wieder verlassen, werden Sijol Caraes und Agruer Ejskee sie am Ausgang des Rotauges erwarten, vollendete Alaska den Satz in Gedanken.
    Und er saß hier fest und hatte keine Möglichkeit, die Freunde vor diesem Hinterhalt zu warnen.
    „Diese Kalydonische Jagd ist so gut wie gelaufen", sagte Lainish. „Wir könnten die Wartezeit nützen, um uns Gedanken über weitere gemeinsame Unternehmungen zu machen, Saedy..."
     
    5.
     
    Der Cepralaun galt in der Labyrinthwelt als Personifizierung der stärksten Tugenden von Kraft, Mut und Klugheit. Das alles vereinigte Roi Danton in sich, und er hatte ein zusätzliches

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