1317 - Horror-Puppen
Wimpern. Mein Name schien ihr nichts zu sagen. Umso besser, dann war die Überraschung vielleicht größer, wenn ich auf die eigentlichen Dinge zu sprechen kam.
Unter meinen Füßen spürte ich einen Sisalteppich, der so hart wie Kork war. Ich fragte: »Schießen Sie immer auf Menschen, die auf Ihr Haus zukommen?«
»Es waren Feinde.«
»Nein, der Besuch bei Ihnen war mit Sheila Conolly abgesprochen. So kenne ich es.«
»Ich auch.«
»Sehr gut. Und trotzdem haben Sie geschossen. Irgendwie passt das nicht in die Rechnung hinein.«
»Sie kam nicht allein.«
»Ist das schlimm?«
»Ja, sie hat mich betrogen.«
»Bestimmt nicht. Sie wollte nur Ihre Puppen sehen, und das nicht ohne Grund. Oder wollen Sie behaupten, dass sie sich mit normalen Puppen umgeben haben?«
»Nein, normal sind sie nicht.«
»Das habe ich gesehen, denn eine von ihnen ist im Nebenzimmer verbrannt. Ich war schneller als sie und werde das verdammte Gefühl nicht los, dass sie mich hat töten wollen. Also kann man hier wirklich nicht von normalen Puppen sprechen.«
»Sie sind meine Freunde«, flüsterte Iris. »Sie sind alles, was ich habe. Ich lasse sie mir nicht wegnehmen.«
Das konnte ich sogar verstehen. Trotzdem dachte ich anders darüber, denn derartige Puppen oder Wesen stellten auch eine Gefahr für Leib und Leben anderer dar. Sie gehorchten ihrer Meisterin, und wenn die wollte, dass Menschen starben, dann setzten die Helfer es in die Tat um.
»Aber es sind keine normalen Puppen, denke ich mal.«
»Nein, sie leben.«
Voller Stolz hatte sie die Antwort gegeben, und auf dieses Leben kam ich mit meiner nächsten Frage zurück.
»Es ist ein unheiliges Leben. Ein verfluchter Zauber. Da können Sie mir nicht widersprechen.«
»Vielleicht…«
»Voodoo!«
Ich hatte ins Schwarze getroffen, denn Iris zuckte leicht zusammen, als hätte sie einen Piekser mit einer Nadel bekommen.
Und so setzte ich die nächste Frage nach. »Bist du eine Voodoo-Meisterin? Beherrschst du die Magie der lebenden Toten? Werden die Puppen von dieser unheiligen Kraft angetrieben?«
Da lächelte sie und war wieder sehr stolz. »Du weißt viel. Aber du bist ein Fremder, und Fremde nehmen mein Geheimnis mit ins Grab. Ich lasse mich nicht mehr fertig machen und herumkommandieren. Ich stehe auf eigenen Füßen. Die Zeit der Sklaverei ist vorbei. Ich bin wer, und ich werde mich an all denjenigen rächen, die mir damals Böses gewollt haben.«
Ein Wort hatte mich aufhorchen lassen, und da fragte ich jetzt nach. »Du hast von einer Sklavin gesprochen?«
Sie nickte.
»Aber die Sklaverei ist vorbei.«
»Nicht wirklich.«
»Hier gibt es sie nicht. In Afrika schon. Da existieren Länder, in denen die Sklaverei noch vorhanden ist. Aber immer mehr Organisationen wenden sich dagegen und machen dies auch öffentlich.«
»Du irrst wie alle Weißen. Ich bin auch nicht nur in meiner Heimat versklavt worden, sondern hier in London. Hier hat man mich so gehalten. Ich musste alles machen. Jeden Dreck. Ich habe keine Freizeit gehabt. Ich habe bei dieser Familie alles machen müssen und bekam als Lohn oft genug Schläge.«
»Wo war das?«
»Nicht weit von hier.«
»Wer tat dies?«
»Es waren Landsleute von mir, die mich gekauft haben. Ich stamme aus dem Sudan und die Familie ebenfalls. Ich hatte eine schlimme Kindheit, aber ich wusste, dass ich mich irgendwann befreien würde, und das habe ich nun getan. Sie zogen weg, wieder zurück, und da habe ich die Chance zur Flucht genutzt.«
»Und die Puppen?«, fragte ich, »was ist mit ihnen passiert? Woher kommen sie?«
»Ich habe sie in langen Jahren gesammelt. Es sind die einzigen Freunde, die ich besitze. Ich durfte sie auch haben. Niemand hatte etwas dagegen. Aber es wusste auch keiner, dass ich mich schon in meiner Kindheit immer bei meinem Onkel sehr wohl gefühlt habe, denn er war ein besonderer Mann. Zauberer und Schamane. Und er hat mir so viel erklärt und beigebracht. Ihm war es egal, dass ich ein Mädchen war. Er suchte nur jemanden, dem er sein Wissen weitergeben konnte.«
»Verstehe. Und das an eine Iris.«
»Wieso?«
»Ich komme mit deinem Namen nicht zurecht. Heißt man im Sudan auch Iris?«
»Nein, nie.«
»Aber du heißt so.«
»Ja.«
»Warum?«
»Weil ich ihn so liebe. Ich habe den Namen mal in einem Buch gelesen und mich in ihn verliebt. Als ich frei war, habe ich meinen richtigen abgelegt und Iris angenommen. Ich liebe ihn, und ich werde ihn immer lieben, darauf kannst du dich verlassen.«
»Und
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