1319 - Der Bote des schwarzen Tods
ihm Widerstand entgegensetzen. Es schob sich weiter nach vorn und bewegte dabei suchend seinen hässlichen Schädel. Es machte den Anschein, als wollte es sich ein Opfer aussuchen.
Larry Hurst hielt sich noch immer im hinteren Teil des Busses auf. Links neben ihm saßen zwei Frauen zusammen. Beide sprachen mit flüsternden Stimmen Gebete.
Auch Larry Hurst war ein gläubiger Mensch. In diesem Fall konnte er nicht beten. Fantasien stiegen in ihm hoch. Er hätte sich jetzt eine Waffe gewünscht, eine Machete, mit deren scharfer Schneide er den Knochenkörper zertrümmert hätte.
Ihn hatte das Entsetzen allmählich verlassen. Er konnte wieder klar denken. Er dachte dabei an sein Handy. Leider trug er es nicht am Körper. Der kleine Apparat lag in der Nähe seines Fahrersitzes in einem Fach am Armaturenbrett. Hätte er es bei sich gehabt, hätte er versucht, Hilfe zu holen. Da war es ihm egal, ob man ihm geglaubt hätte oder nicht.
Auf die Idee mit dem Handy kam keiner der Fahrgäste. Er wollte es ihnen zurufen, nur befand er sich in einem Zustand, in dem er keine Sätze formulieren konnte. In seiner Kehle schien ein Kloß zu stecken.
Die Angst sorgte bei ihm für einen rasenden Herzschlag, während das Skelett immer näher kam. Plötzlich waren ihm die anderen Menschen egal geworden, obwohl es seinen Kopf bewegte.
Hurst sah sich als Opfer an.
Weiter zurück konnte er kaum. Nach zwei kleinen Schritten wäre er gegen die Rückbank gestoßen, doch die war besetzt. Es gab noch die Chance, zur hinteren Bustür zu laufen, also zu fliehen. Dann aber hätte er die Menschen, für die er Verantwortung trug, allein lassen müssen. Dazu konnte er sich noch nicht entschließen.
Auf der anderen Seite wollte er sich auch nicht töten lassen. Er hatte keinen Beweis bekommen, doch für ihn stand schon fest, dass dieses verdammte Skelett etwas vorhatte, das durchaus mit dem Tod eines Menschen enden konnte.
Vielleicht war es auch möglich, Hilfe zu holen. Er fuhr zwar eine recht einsame Strecke, die hatte er bewusst benutzt, weil sie durch eine schönere Landschaft führte, doch es gab immer wieder andere Fahrzeuge, die hierher fuhren.
»Ich komme wieder«, flüsterte er, als er sich zur Flucht entschlossen hatte. »Ich komme wieder, Freunde, darauf könnt ihr euch verlassen. Ich werde Hilfe holen. Bleibt ruhig. Tut nichts. Wartet einfach nur ab.«
Hurst war sich nicht sicher, ob die anderen ihn auch verstanden hatten. Es war ihm auch jetzt egal, denn das knochige Wesen kam immer näher, und er hatte die Umgebung der hinteren Tür noch nicht erreicht. Dass er im Kopf noch die Schmerzen spürte, störte ihn nicht mehr. Er hatte jetzt nur noch einen Gedanken – die Flucht!
Und die setzte er in die Tat um.
Eine scharfe Drehung. Der Sprung auf die Tür zu. Wieder das Stechen in der Stirn. Er hörte die entsetzten Rufe der Fahrgäste, dann hatte er den Türgriff erwischt. Es war ein noch älteres Fahrzeug, dessen Türen sich in althergebrachter Weise öffnen ließen und nicht durch einen Knopfdruck.
Keine Druckluft. Dafür musste er die Klinke nach unten rammen.
Er kannte das Spiel, rammte die Tür auf und wäre fast mit ihr hinausgefallen, so viel Schwung hatte er sich gegeben.
»Tut mir Leid!« rief er den Fahrgästen noch zu und sprang nach draußen…
***
Obwohl die Klimaanlage lief, schwitzte Flavio McCormick. Er hockte im Fond des Wagens und grübelte vor sich hin. Wenn er nach vorn blickte, sah er die Köpfe seiner beiden Leibwächter. Es waren Männer, auf die er sich verlassen konnte, denn sie hatten ebenfalls die knöcherne Erscheinung gesehen, die das Grundstück überflogen hatte, aber auch die gut ausgebildeten Kämpfer waren in diesem Fall ratlos gewesen. Sie hätten auch kein Erklärung geben können, denn so etwas konnte man nicht erklären. Aber sie wussten, dass die Lage verdammt ernst war und dieses fliegende Skelett nicht aus der Gruselkammer eines Filmregisseurs stammte.
Hier war etwas geschehen, das sich zu einem Problem entwickelt hatte. Er war nicht in der Lage, es mit normalen Mitteln zu lösen, und genau das war das Problem.
Er hatte Hilfe holen müssen.
Hilfe von zwei Polizisten, von Yard-Beamten. Es gefiel ihm nicht.
Er wollte seine Ruhe haben, um unbehelligt den Geschäften nachgehen zu können. Grabsteine zu verkaufen war ein normales Geschäft. Andere verkauften Möbel oder Lebensmittel. Er hatte sich eben für Grabsteine interessiert, wobei er sie nicht selbst durch seine handwerklichen
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