132 - Entführt!
verstoßen.«
»So heißt es.« Aruula nickte. »Und weiter?«
»Nichts weiter. Es ist ein ungeheuerlicher Regelbruch, und deshalb sind alle in der Siedlung völlig aus dem Häuschen.«
»Allerdings entspricht es nicht der Wahrheit.«
»Behauptet Saad?« Hacker wirkte skeptisch.
»Ich glaube ihm. Er hat mich überzeugt.« Aruula berichtete Mr. Hacker, was sie von Saad erfahren hatte.
»Klingt plausibel«, gab Hacker zu. »Die Frage ist nur, wie wir Honeybutt und Faathme finden sollen.«
»Zuerst sollten wir Saad fragen. Er kann das Verhalten seiner Gefährtin am besten einschätzen und hat am ehesten eine Vorstellung, wo wir suchen müssen. – Ach ja: Und erwähne den wahren Grund für ihr Verschwinden nicht vor den Anderen. Ich schätze, der Frevel, als Mutter sein Kind behalten zu wollen, ist noch größer als der, jemanden zu verstoßen.«
Hacker schüttelte verständnislos den Kopf. »Es gibt Gebräuche, die sollte man ganz schnell vergessen. Auch wenn sie irgendwann mal aus einem triftigen Grund entstanden sind.«
Sie verließen mit gesenktem Kopf die Hütte, um sich nicht am Türrahmen zu stoßen. Draußen war von Saad nichts zu sehen. Dafür kamen drei der kleinwüchsigen Dörfler auf sie zu.
Es handelte sich um zwei Frauen und einen Mann.
Es hatte wieder leicht zu schneien begonnen. Haar und Schultern der Drei waren weiß gepudert, was darauf hindeutete, dass sie sich schon länger im Freien aufhielten.
»Wir haben auf euch gewartet«, begrüßte sie eine der Frauen.
»Könnt ihr uns sagen, wohin Saad gegangen ist?«, fragte Aruula.
»Er hat etwas zu erledigen und lässt euch ausrichten, dass er sich bald bei euch melden wird.« Der männliche Zwerg hatte gesprochen und verbeugte sich leicht vor Aruula.
»Das gefällt mir nicht«, raunte Mr. Hacker Aruula zu. »Ich sehe mal nach den Andronen«, sagte er laut und schritt um die Dörfler herum. Irgendwie erwartete Aruula, dass sie versuchen würden ihn aufzuhalten, doch sie ließen ihn ziehen.
»Ich dachte, Abn el Saad gilt als… Ausgestoßener?«, fragte Aruula. »Trotzdem redet ihr mit ihm?«
»Wir gehören zu seiner Familie.« Eine der beiden Frauen kam auf Aruula zu. Sie war um einige Zentimeter größer als ihre Begleiterin, was nach den Maßstäben ihres Volkes einen gewaltigen Unterschied machen musste. »Und seitdem du dich mit ihm verbündet hast, gehörst du sozusagen ebenfalls zur Familie.«
»Ich fühle mich geehrt«, entgegnete Aruula freundlich – und beschloss, die Ehre mit dem Nützlichen zu verbinden. »In diesem Fall kannst du mir doch sicher etwas über Faathme erzählen. Was ist sie für ein Mensch? Wie war ihre Ehe mit Saad?«
»Ich weiß nicht, ob es meinem Bruder…«, begann die Frau, wurde aber von Mr. Hacker unterbrochen, der aufgeregt winkend zurückgelaufen kam. Schon von weitem rief er: »Verdammt, Aruula! Er hat dich reingelegt!«
***
Kurz zuvor
Saad trat aus seiner Hütte und ließ Aruula und deren Begleiter allein. Er ging jedoch nur ein paar Schritte um seine Behausung herum und trat durch eine Hintertür wieder ein. In dem kleinen Raum, der unterirdisch unter jenem lag, in dem Aruula und Mr. Hacker sich aufhielten, warteten zwei Zwerginnen auf ihn. »Ich weiß einen Weg, Faathme zu finden«, berichtete er aufgeregt.
»Wo ist sie?«, fragte Biinura. Sie war eine seiner beiden Schwestern und überragte ihn um einige Zentimeter.
»Ich kann es nicht sagen. Noch nicht. Doch ihr könnt sie jetzt womöglich finden, denn ich weiß von einer Person, die sich bei ihr aufhält. Sich selbst kann sie ständig abschirmen, aber ich glaube nicht, dass ihr das auf Dauer mit einer Begleiterin gelingt.«
»Um wen handelt es sich?« Biinura fuhr mit dem ausgestreckten Zeigefinger über den Rücken ihrer Knollennase.
»Du kannst ihr Gedankenmuster in Aruulas Bewusstsein erlauschen. Der Name der Person ist Honeybutt. Wir können davon ausgehen, dass Faathme sie in ihre Gewalt gebracht hat.«
Biinura schwieg für einen Moment, ebenso ihre kleinere Schwester. Saad konnte beobachten, wie sich die Mimik der beiden Frauen entspannte und sie ihre Augen schlossen. Er wusste, dass sie jetzt aktiv lauschten. Er hoffte darauf, von ihnen bald ein Ergebnis geliefert zu bekommen.
Es ließ tatsächlich nicht lange auf sich warten, denn die beiden Schwestern zählten zu den stärksten Telepathinnen im Dorf.
»Ich spüre ihre Gegenwart!«, rief Biinura leise aus.
Saad merkte, wie diese Ankündigung ihn aufgeregt die Fäuste ballen
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