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1324 - Der Angriff

1324 - Der Angriff

Titel: 1324 - Der Angriff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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zunächst nur erschüttert und wahnsinnig traurig. Für mich persönlich würde sich nicht viel ändern. Allerdings für Jane Collins. Sie würde jetzt allein in diesem Haus leben, das stand fest. Sarah hatte ihr versprochen, ihr nach ihrem Tod das Haus zu vererben.
    Im Moment war alles so unwichtig geworden. Ich erhob mich wieder, und meine Glieder schienen eingefroren zu sein, so steif war ich geworden.
    Lady Sarah lag neben mir. Ich schaute durch die offene Tür in den Flur. Dort war weder etwas zu sehen noch zu hören. Die Totenstille blieb um mich herum bestehen.
    Meine Beine waren schwach. Ich atmete schwer, und ebenso schwer lehnte ich mich auch gegen den Türpfosten. Dass Jane nicht aus dem Haus gelaufen war, wusste ich. Ich überlegte, ob sie hoch in ihre Wohnung gelaufen war, doch da hatte ich nichts gehört.
    Hier unten war nur eine Tür zugefallen.
    Ich verließ die Küche. Mit langsamen Schritten ging ich tiefer in den Flur hinein. Aus dieser Richtung hatte ich das Husten oder Keuchen gehört. Die Tür zu Lady Sarahs Wohnzimmer war nicht ganz geschlossen. Durch den offenen Spalt drang mir das Geräusch erneut entgegen. Jetzt erkannte ich, dass Jane Collins es abgegeben hatte.
    Ich stieß die Tür auf.
    Jane saß in dem Sessel, in dem sich Lady Sarah immer so wohlgefühlt hatte. Die Detektivin hielt den Kopf angehoben. So konnte sie mir entgegenschauen.
    Sie sah mich, aber sie schaute durch mich hindurch. Die Tür schloss ich nicht, denn ich ging zur Seite und holte mir einen der antiken Stühle mit dem Rohrgeflecht als Sitzbespannung.
    Im schrägen Winkel setzte ich mich nahe zu Jane und nahm ihre Hände in meine. Sie fühlten sich kalt an. Ich war nicht mal sicher, ob Jane es merkte.
    Doch sie hatte etwas bemerkt, denn sie bewegte ihre Lippen, die so blass waren, ganz im Gegensatz zu dem rötlichen verweinten Gesicht.
    »Sie ist wirklich tot – nicht?«
    »Ja – leider.«
    Jane zog ihre Hände zurück. Sie presste sie gegen ihre Augen und schüttelte den Kopf. Ein erneuter Weinkrampf überfiel sie nach dieser Antwort. Sie konnte nicht anders. Wenn jemand Verständnis für sie hatte, dann ich, denn Lady Sarah Goldwyn war zu Jane Collins wie eine Mutter gewesen. Zugleich auch die beste Freundin, und die beiden hatten sich wirklich blendend verstanden.
    Irgendwann schaffte sie es wieder, einige Worte zu sprechen. »Es ist so endgültig, John, und das ist das Schlimme. Der Tod ist endgültig. Ich weiß es, ich habe ihm unzählige Male ins Gesicht geschaut, aber ich kann es trotzdem nicht begreifen. Das ist es, was mich verrückt macht und diese Leere in meinen Kopf bringt.«
    Mir brauchte sie das nicht zu sagen. Ich wollte sie auch nicht unterstützen. Wir wussten ja selbst, wie der Hase lief. Auch mir war der Tod schon in vielen Variationen begegnet, aber er ist immer besonders schwer zu ertragen, wenn es einen Bekannten oder einen Freund trifft. Wir alle hatten die Horror-Oma gemocht, sehr sogar.
    Und jetzt gab es sie nicht mehr als lebende Person. Damit mussten wir erst mal fertig werden.
    Auf der anderen Seite durften wir auch nicht in eine zu tiefe Phase der Trauer verfallen, denn unsere Feinde waren leider nicht tot.
    Die lebten noch, und sie würden jetzt triumphieren, denn ein Ziel hatten sie schon erreicht.
    »Ich bin schuld«, flüsterte Jane mit erstickt klingender Stimme.
    »Ja, ich allein.«
    »Unsinn.«
    »Sag das nicht!«, fuhr sie mich an. »Sag das nicht. Ich habe sie allein gelassen. Wäre ich mit dem Typen nicht zum Essen gegangen, was sowieso keinen Folgeauftrag gebracht hat, wäre ich hier bei ihr geblieben und hätte sie retten können. Dann wäre das nicht passiert, John. Darauf gebe ich dir Brief und Siegel.«
    »Kann sein, Jane, aber bitte, du brauchst dir keine Vorwürfe zu machen. Es ist das Schicksal. Du hast sie oft genug allein gelassen. Es ist nie etwas passiert. Wie hättest du wissen können oder sollen, dass gerade an diesem Abend die andere Seite zuschlägt?«
    »Es war dumm von mir, mich zum Essen einladen zu lassen. Der Kerl ist ein Blender, ein Aufschneider. Deshalb bin ich so schnell wie möglich nach Hause gekommen. Und jetzt das hier.« Sie schüttelte den Kopf. »Schrecklich, John. Diese Vorwürfe werde ich nie mehr in meinem ganzen Leben los, das weiß ich.«
    In Momenten wie diesen hatte es keinen Sinn, dagegen zu sprechen. Beide fühlten wir uns so schrecklich hilflos. Wir konnten Lady Sarah nicht mehr zurückholen. Es hatte eine schöne Zeit gegeben, in der

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