1324 - Der Angriff
nicht unbedingt gehört. Dafür hatte ich aber die Bewegung bemerkt. Einen Schatten, der zuckend über den Boden huschte. Ein Mensch hatte ihn bestimmt nicht hinterlassen.
Fast in der gleichen Sekunde hörte ich die Schreie. Sie waren hoch und schrill. Dann erschienen aus dem Hintergrund die beiden flatternden Wesen, die über die Treppe hinwegstürzten und auf mich zuflogen. Die Mäuler hielten sie offen, und sie präsentierten mir ihre Gebisse mit den blutigen Zähnen.
Es war das Blut der Lady Sarah…
***
Justine Cavallo hatte sich in der Vampirwelt eigentlich nie richtig wohlgefühlt. Sie hatte ihr mehr neutral bis negativ gegenübergestanden. Ihr Reich war die normale Welt, in der sie tun und lassen konnte, was sie wollte.
Jetzt allerdings lehnte sie die Vampirwelt noch mehr ab. Daran ändern konnte sie nichts. Es gab sie, es würde sie auch weiterhin geben, denn sie glaubte nicht daran, dass man sie so einfach zerstören konnte. Dafür allerdings besetzen, und das war wieder für sie etwas anderes. Sie wehrte sich dagegen. Sie wollte sich dieses düstere Reich von niemand nehmen lassen, schließlich war dies der Ort für einen perfekten Rückzug.
Jetzt leider nicht mehr. Die verfluchten Mutationen hatten ihn überfallen, und Justine sah sie durch die Luft schweben. Sie segelten dort mit ihren breiten und zackigen Schwingen wie Schatten. Ihre gierigen Augen waren auf der Suche nach Beute. Hin und wieder stießen sie nach unten, und so manches Mal hörte Justine den Schrei einer ihrer Artgenossen, wenn er von den Monstern angegriffen wurde.
Sie wurden getötet. Nicht nur das, man vernichtete sie. Entweder am Boden oder in der Luft, denn oft genug wurden sie auch von den Krallen in die Höhe gezogen.
Justine sah sie dann zappeln, aber losgelassen wurden sie nicht.
Sobald einer der ausgemergelten Blutsauger von den Krallen dieser Wesen gefangen genommen worden war, flogen andere darauf zu und zerrissen es noch in der Luft.
Dracula II in seiner Gestalt als überdimensionale Fledermaus griff dabei nie ein. Justine sah ihn nicht. Sie wusste auch nicht, wo sie ihn finden konnte.
Auch sie selbst war noch nicht angegriffen worden, obwohl sie auf dem Weg zu dem alten Friedhof durch ihr helles Haar ein perfektes Ziel bot. Die Angreifer hatten sich auf die leichter zu besiegenden Feinde konzentriert. An den Schwarzen Tod dachte sie in diesen Sekunden nicht. Er war für sie zu einer Figur im Hintergrund geworden, aber sie hatte ihn auch nicht vergessen.
Der Weg führte bergab. Sie kam sich vor, als würde sie in einer Rinne laufen. Sie war von schwarzgrauem Gestein umgeben. Ein kalter Geruch wehte ihr entgegen, aber den kannte sie. Bis zum Friedhof war es nicht mehr weit, und dann sah sie bei den alten Grabsteinen und Grüften, die so etwas wie eine Heimat für die Blutsauger darstellen sollten, die Bewegungen.
Normal war das nicht!
Justine Cavallo blieb für einen Moment stehen und konzentrierte sich auf das Gebiet. Über ihre Lippen drang ein leises Zischen. Sie merkte, dass es in ihr brodelte, und sie sah, dass zwei Vampirmonster über dem Gelände kreisten. Sie schauten einfach nur zu, was unter ihnen ablief.
Die Schreie!
Die Schreie vom Boden des Friedhofs. Justine hörte sie genau, und sie sah auch, was passierte. Zwei dieser verfluchten Wesen waren in ein großes offenes Grab geflogen und hatten sich eine Gestalt geholt. Die Krallen klemmten in den Haaren, und an dieser grauen Masse zogen sie die Gestalt hoch. Justine konnte für den Blutsauger nichts mehr tun, höchstens seine Einzelteile aufsammeln, wenn die beiden Mutationen mit ihm fertig waren, aber es gab noch andere.
Jetzt zeigte sie, welch eine Kraft in ihr steckte. Sie jagte in langen Sprüngen kraftvoll auf den Friedhof zu. Und sie war schnell, denn ihre Füße schienen den Boden kaum zu berühren. Sie übersprang drei, vier Hindernisse und erreichte den Friedhof.
Im Moment landeten wieder zwei Vampirmonster auf dem Gräberfeld an der anderen Seite.
Um sie kümmerte sich Justine nicht. Sie interessierten die beiden, die eine Gruft umschwebten, um den Blutsauger abzupassen, wenn er aus ihr hervortrat.
Justine griff ein.
Dann zeigte sie, wozu sie fähig war und welche Kräfte tatsächlich in ihr schlummerten. Sie nahm sich nicht erst das eine und danach das zweite Monster vor, sondern bekam beide gleichzeitig an verschiedenen Flügeln zu packen und stieß ein Lachen aus, das wie ein Trompetenstoß in die Dunkelheit gellte.
Dann schlug sie
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