133 - Die Höllenmühle
und mußten feststellen, daß offensichtlich im Stall vor
kurzer Zeit noch Pferde gehalten wurden.
»Wer immer hier wohnt, er scheint
ausgeritten«, bemerkte Berger. »Also wird er auch irgendwann mal zurückkommen.
«
Sie hörten ein dumpfes, krachendes Geräusch,
wie wenn ein Stein mit Gewalt gegen eine Mauer schlägt.
Mehrere Male pochte es dumpf und immer im
gleichen Rhythmus. Dann herrschte wieder Stille.
Berger und Clausen sahen sich an.
»Was ist denn das ?« wunderte sich Clausen.
»Vielleicht der Müller, der seine Mühlsteine
wetzt«, entgegnete Gerd Berger mit breitem Grinsen. »Vielleicht tätschelt er
auch gerade seine Pferde .. .«
»Wie kommst du denn darauf? « fragte Clausen
verwundert. Sie waren beide schon lange Zeit befreundet, doch den eigenartigen
Humor, den Berger gelegentlich produzierte, verstand Clausen auch heute
manchmal nicht.
Berger deutete nach oben. Auch durch das
Stalldach tropfte der Regen. »Vielleicht wollte der Müller für seine Gäule
etwas Gutes tun. Die Mühle scheint der einzige Ort zu sein, wo es noch einigermaßen
trocken ist. Schauen wir uns dort mal um .«
Gesagt, getan.
Sie liefen die zwanzig Schritte bis zur
Mühle, an deren alten Außenwänden das Wasser herabströmte.
Über die rundum laufende Brüstung schwappte
der Regen wie ein Wasserfall, und die Windmühlenflügel knarrten in ihren
Lagern.
Es gab nur einen einzigen Eingang zur Mühle.
Die Tür war einfach eingeklinkt.
Ein kleiner, trockener Raum, ein schmaler
Treppenaufgang ...
».. . aber kein Müller und keine Pferde«,
stellte Clausen lakonisch fest.
Das schwache, kaum noch als solches zu
bezeichnende Tageslicht drang grau und unfreundlich durch den Eingang. Berger
und Clausen ließen die Tür weit offen stehen. Kühle, feuchte Luft mischte sich
in diese modrige, abgestandene ...
Die beiden Freunde gingen einen Stock höher,
ließen ihre Stimme erschallen und hofften auf Antwort.
Doch niemand reagierte . . .
»Du hast dich getäuscht«, mußte Berger sich
sagen lassen. »Da ist kein Mensch . . .«
»Aber das Geräusch vorhin.«
»Du wirst dich getäuscht haben .«
»Unsinn, Hans! Du hast es doch auch gehört ?«
Je länger sie sich in der verfallenen Mühle
aufhielten, desto seltsamer und unheimlicher kam sie ihnen vor.
Sie sahen sich alle Ecken und Winkel an und
stießen auch auf die kleine Kammer, in der ein Generator stand, mit dem man
elektrischen Strom erzeugen konnte. Dieser Generator war erst vor einiger Zeit
eingebaut worden. Frische Spuren wiesen darauf hin.
»Ich verstehe das alles nicht«, meinte
Berger. »Auf der einen Seite macht das Anwesen einen verfallenen und
ungepflegten Eindruck, und es scheint, als ob sich kein Mensch mehr darum
kümmere. Andererseits ist es so, daß einige Dinge eben beweisen, daß doch
jemand hier wohnt. Wer kommt schon auf die Idee, eine so alte Mühle mit einem
Generator zu versehen, weil die Mühle offenbar noch funktionstüchtig ist, die
Windmühlenflügel jedoch repariert werden müßten, was der Besitzer aber
offensichtlich nicht mehr wollte.«
Das alles war ein einziger Widerspruch.
Da war wieder das dumpfe, ferne Klopfen. Es
hörte sich an, als käme es tief aus der Erde, würde sich an den Wänden
entlangziehen, über Bretter und Balken fortsetzen und sich in der Höhe von
ihnen verlieren.
Ein monotoner Rhythmus!
Hans Clausen und Gerd Berger tasteten sich an
den Wänden entlang und gingen über die Treppen wieder nach unten. Dort hörte
Berger den Fußboden ab. »Kein Zweifel. Es kommt von unten .«
»Seit wann haben Mühlen Kellerräume ?« wunderte sich Clausen.
»Die zumindest hat einen. Fragt sich nur, wo
der Zugang ist .«
Es gab keine Tür und keine Klappe.
Ohne daß es den beiden Freunden bewußt wurde,
trennten sich ihre Wege, während sie nach einem Zugang suchten. Clausen suchte
den Boden einer kleinen Lagerkammer ab, Berger hielt sich unmittelbar hinter
der steil hochführenden Treppe und tastete dort die Wand und den Boden nach
einem eventuellen Zugang ab.
Da passierte es!
Während er mit der Rechten die Fuge zwischen
den beiden zusammenstoßenden Mauern entlangfuhr, stand er mit beiden Füßen auf
der hintersten Platte des Fußbodens.
Der Boden öffnete sich unter seinen Füßen.
Knirschend klappte die Bodenplatte nach innen, und wie ein Geschoß sauste Gerd
Berger in die Tiefe.
Zwei, drei Sekunden war er wie gelähmt, kein
Aufschrei kam aus seiner Kehle.
Dann löste er sich aus seiner Erstarrung und
schrie wie
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