1330 - Die Kopfgeldjägerin
mir nicht aus dem Kopf. Ich musste mich einfach damit beschäftigen, aber ich durfte mich nicht zu sehr vom eigentlichen Ziel ablenken lassen.
Da gab es eine Frau, die es sich zum Ziel gesetzt hatte, mich zu töten. Wenn es schwarzmagische Wesen nicht schafften, engagierte man eben eine »normale« Killerin. Der Grusel-Star Vincent van Akkeren war wirklich verdammt kreativ. Er griff auf jedes Mittel zurück und hätte es auch fast geschafft.
Ich hatte diese Elsa Gunn nur einmal gesehen. Ich wusste jetzt auch nicht viel über sie, aber ich traute dieser Frau zu, dass sie auch eine Familie auslöschte, wenn ich nicht so reagierte, wie sie es sich vorgestellt hatte. Sie war als Mensch ebenso grausam wie ein Dämon. Sie kannte keine Gnade. Der Tod gehörte zu ihrem Alltag, und das bereitete mir Probleme.
Mit diesem Gefühl rollte ich auf die Neubausiedlung zu, die wie eine Insel aus dem Grün der Landschaft ragte. Es war noch längst nicht alles fertig. Wege und Straßen mussten noch angelegt werden, und wer jetzt hier schon wohnte, der musste bei Regenwetter oftmals durch dicken Schlamm waten.
Die Gegend war nicht unbelebt. Beladene Lastwagen kamen mir entgegen. Kinder spielten auf Wiesen, und ich musste mich schon stark konzentrieren, um die richtige Strecke zu finden.
Ich wusste, dass es ein einzeln stehendes Haus war, in dem die Familie wohnte. Am Ende einer Straße mit dem Blick in Niemandsland hinein, das jedoch bald ein anderes Gesicht bekommen würde.
Ich entschied mich für die linke Seite und fuhr an einer Reihe von Häusern vorbei, bei denen noch die Vorgärten fehlten. Aber die Menschen dort würden sie noch anlegen und erst auf den Herbst warten, denn zu dieser Jahreszeit konnte am besten gepflanzt werden.
Bevor ich mein Ziel erreichte und weiterhin davon ausging, dass es das letzte Haus in dieser Reihe war, hielt ich kurz an und ließ die Seitenscheibe nach unten fahren. Bei einer Frau, die damit beschäftigt war, die Erde ihres Vorgartens aufzuharken, erkundigte ich mich nach einer Familie Bulder.
Die Frau stützte sich auf ihre Harke und nickte bedächtig.
»Da müssen Sie nur weiter bis zum Ende der Straße fahren. Dort wohnen die Bulders. Ich nehme an, dass die gesamte Familie im Haus ist. Wie ich hörte, hat Ken Bulder Urlaub.«
»Danke, denn zu ihm wollte ich.«
»Grüßen Sie die Nachbarn.«
Mehr sagte die Frau nicht, denn sie kümmerte sich wieder um ihre Gartenarbeit.
Ich rollte weiterhin über den unebenen Untergrund und sah dann auf der linken Seite das Haus der Bulders. Es war wirklich das letzte in der Reihe. Rote Ziegel leuchteten im schwachen Sonnenlicht. Der Vorgarten war schon bearbeitet worden. Die Bulders hatten auch frische Pflanzen gesetzt. Um sie herum sah die Erde feucht aus. Da war der Boden frisch gegossen worden.
Ob man mich vom Haus her beobachtete, wusste ich nicht. Ich ging mal davon aus und stellte fest, dass mein Herz schneller klopfte, als ich abbremste. Ich stellte auch fest, dass ich feuchte Hände bekommen hatte und gestand mir meine Angst ein. Allerdings wollte ich mir meine Unsicherheit der Familie gegenüber nicht anmerken lassen.
Ich verließ den Wagen und beobachtete die Fenster im Erdgeschoss. Hinter den Scheiben sah ich keine Bewegung. Das hatte nichts zu bedeuten. Über sandfarbene Steinplatten ging ich hinweg auf die Haustür zu. Da sie nicht geöffnet wurde, blieb mir nichts anderes übrig, als zu klingeln. Das tat ich nicht eben mit einem guten Gefühl, aber es gab keine andere Möglichkeit für mich.
Wer würde öffnen?
Ich musste nicht lange auf die Antwort warten, denn recht schnell wurde die Tür aufgezogen. Vor mir stand nicht Elsa Gunn, sondern eine Frau Mitte 30, deren Gesicht blass war. Ihren Augen las ich die Angst ab, die in ihr steckte. Sie konnte das Zittern der Lippen nicht vermeiden, und sie bemühte sich um eine Frage.
»Mr. Sinclair?«
»Ja.«
Nach meiner Antwort kam sie mir etwas erleichterter vor. »Wir warten schon auf Sie.«
»Ist alles in Ordnung?«
Im dunkelbraunen Haar trug sie zwei Spangen, die zu locker steckten, denn als sie mit den Fingern durch die Haare strich, lösten sich beide und fielen zu Boden.
»Wir leben!«, flüsterte sie.
»Das wird auch so bleiben«, erklärte ich mit leiser Stimme. »Da brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen.«
»Meinen Sie?«
»Bestimmt.«
»Sie müssen durchgehen. Einfach geradeaus, dann kommen Sie ins Esszimmer.«
»Ist schon okay.«
»Mein Mann ist bewusstlos. Die Frau
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