1331 - Zu Ehren Ijarkors
„Es könnte sich wiederholen."
Unwillkürlich trat er von der Wand zurück, und wieder schoß ein grelles Licht von der Decke zum Boden hin durch die Wand, die für Bruchteile von Sekunden transparent erschien. Aysxixa glaubte, darin die Abbilder von Dutzenden von Nakken erkennen zu können, die einen großen Kreis bildeten.
„Was glaubst du, was das zu bedeuten hat?" fragte Hendroshk.
„Ich habe keine Ahnung." Sie streifte den Arm ab, den er ihr um die Schulter gelegt hatte. „Es könnte sein, daß die Nakken beginnen, sich auf ihre Art zu wehren."
Er sah sich furchtsam um, obwohl keines der Schneckenwesen in der Nähe war. Sie befanden sich auf einer Art Brüstung, von der sie in die große Transporthalle des Heraldischen Tores hinabsehen konnten. In dieser Halle waren die 150.000 Ophaler angekommen.
„Wir müssen weitermachen", drängte sie. „Wenn die Nakken Schwierigkeiten bereiten, hören wir eben nicht bei fünfzig auf. Wir können auch hundert von ihnen mit dem psionischen Gift versorgen. Oder noch einmal so viele."
Es krachte und donnerte vernehmlich, und wiederum wurde es schier unerträglich hell.
Für Sekunden entstand ein Ring aus purer Energie. Er schwebte etwa fünfzig Meter unter Aysxixa und Hendroshk frei in der Halle, und er hatte einen Durchmesser von etwa dreißig Metern. Gleichzeitig durchlief ein bedrohlich klingendes Knistern das Heraldische Tor, so als ob es in seiner innersten Struktur brüchig geworden sei.
Die beiden Gavvron wichen bis in einen Gang zurück, während der Ring allmählich verblaßte und dann endgültig verschwand.
„Weiter", befahl Aysxixa, nachdem sie einige Minuten gewartet hatten, ohne daß sich etwas ereignete. „Wahrscheinlich hat das gar nichts zu bedeuten. Es hat nichts mit uns zu tun, sondern ist völlig normal für Heraldische Tore. Was wissen wir schon von diesen Toren? So gut wie nichts. Die Nakken erzählen uns ja nicht, was sich in so einem Tor abspielt."
Sie blickte Hendroshk an, und sie sah, daß seine Augen flackerten. In seinen Mundwinkeln hatten sich tiefe Kerben gebildet, und seine Nase wirkte seltsam schmal. So sah ein Mann aus, den Angst gepackt hatte.
Aysxixa wußte, daß es nicht so war, wie sie gesagt hatte. Die Blitze waren keine normale Erscheinung in den Heraldischen Toren. Sie hatten unmittelbar mit ihnen zu tun.
Irgend etwas hatte sich verändert. Es war nicht mit den Händen greifbar, aber sie spürte es dennoch. Eine eigenartige Spannung war entstanden, und sie hatte das Gefühl, daß die Funken überspringen würden, wenn sie sich einer der Wände weit genug näherte.
„Wir machen nicht auf halbem Weg halt", sagte sie mit belegter Stimme. Sie erschrak, weil ihre Stimme plötzlich so kraftlos klang, und sie räusperte sich einige Male, um Zeit zu gewinnen und sich zu fangen. Sie wollte Hendroshk gegenüber auf keinen Fall Schwäche zeigen.
Entschlossen ging sie auf eine Tür zu, und sie atmete unwillkürlich auf, als diese sich vor ihr öffnete und den Weg in einen langgestreckten Gang freigab. Doch kaum hatte sie die Tür durchschritten, als es erneut zu einem Phänomen kam, das sie erschreckte. Sie blieb stehen. Ihre Beine schienen von einer Lähmung befallen zu sein.
Von der Decke des Ganges senkten sich nebelhafte Farbschleier herab, die von seltsamen Energiewirbeln erfüllt waren. Sie tanzten auf und ab, hin und her und waren wie lebende Wesen, die sich ihr in irgendeiner Weise mitteilen wollten.
Mit mehreren Gleitern flogen Kodexwahrer Dokroed, Lainish, der Anführer des Hatuatano, Salaam Siin, der ophalische Singlehrer, und Roi Danton zum Terraner-Tor hinüber, dessen Spitze von tiefhängenden Regenwolken umhüllt wurde.
„Ich bin gespannt, wie Lainish vorgehen wird", sagte der Terraner, als sie aus der Flugmaschine stiegen, die von einem Somer bedient worden war.
„Er wird sich direkt an den Tormeister wenden", vermutete Salaam Siin. „Er hat keine andere Wahl."
„Und wie will er das tun?"
Der Ophaler hob zwei seiner Tentakel, um anzuzeigen, daß er darauf auch keine Antwort wußte. Dann blieb er plötzlich stehen und legte zwei weitere Tentakel über den armdicken Knorpelwulst, der sich zwischen Kopf und Rumpf befand. Er stellte sein Gesangsorgan dar.
„Was ist los?" fragte Roi.
„Irgend etwas stimmt nicht", antwortete Salaam Siin. Seine Stimme sank zu einem gurgelnden Baß ab und war kaum noch zu verstehen. „Ich verspüre eine eigenartige Spannung."
Sein teleskopartiger Hals schob sich zur
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