1334 - Der Ghoul und die Witwe
Kontrolle bringen können.
Er wollte mich dem Schwarzen Tod opfern, doch durch die Hilfe meines Freundes war es mir gelungen, seinen Klauen zu entfliehen.
Saladin hatte verloren, und ich hatte ihn außer Gefecht setzen können. Durch einen simplen Schlag gegen den Kopf.
Ich wollte ihn vor Gericht sehen und hatte Purdy Prentiss eingeschaltet. Sie brauchte ihn nicht lange zu verhören. Klar und deutlich hatte sie mir erklärt, dass sie Saladin freilassen musste, weil ihm schlichtweg nichts nachzuweisen war. Er hatte alles abgestritten.
Das Gegenteil konnten wir ihm nicht beweisen. Auch nicht durch die Studenten als Zeugen, denn ihr Erinnerungsvermögen war erloschen. Sie gaben zu, den Hypnotiseur besucht zu haben, um Studien zu treiben. Mehr wussten sie dann nicht, und so stand ich ziemlich besch… eiden da.
»Du hast es noch immer nicht überwunden, John«, stellte die Staatsanwältin fest.
Da saßen wir bereits in dieser Single-Bar, hatten einen Drink vor uns stehen und konnten uns in dem breiten Spiegel anschauen, der die gesamte Rückseite der Bar einnahm.
»So ist es.«
»Ich kann es nicht rückgängig machen.«
»Das weiß ich.« Ich war sehr einsilbig geworden und schaute in das Glas, in dem sich was Gemixtes befand, das zwar leicht bitter, aber nicht schlecht schmeckte. Ein Cocktail eben. Und Cocktail-Bars waren in. Sie schossen wie Pilze aus dem Boden. Frequentiert wurden sie vor allem von einem jungen Single-Publikum.
Purdy sprach ein anderes Thema an. »Willst du heute noch ins Krankenhaus zu Shao?«
»Nein, das brauche ich nicht. Ich habe telefoniert. Sie ist auf dem Weg zur Besserung. Außerdem sitzt Suko an ihrem Bett.«
»Da hat sie Glück gehabt.«
»Stimmt.« Meine Stimme klang bei den nächsten Worten verbissen. »Wäre sie durch den Messerstich gestorben, hätten wir Saladin trotzdem nichts beweisen können.«
»So ist das nun mal, John. Im Augenblick kommt dir das Gesetz sehr einseitig vor. Aber das ist es nicht. Wenn man es allgemein betrachtet, ist es schon neutral.«
Das stimmte ja. Ich befand mich in einer Situation, in der ich eben nicht so denken konnte. Shao war tatsächlich von einem Messerstich getroffen worden. Zum Glück hatte die Klinge sie nur an der rechten Schulter erwischt. Etwas tiefer wäre es gefährlicher gewesen. Zugestochen hatte einer der Studenten, der unter der Kontrolle des Hypnotiseurs gestanden hatte, aber auch ihm würde nichts passieren, denn er hatte überhaupt nicht gewusst, was er tat.
»Wann kommt Saladin wieder frei?«, fragte ich.
Die rothaarige Purdy Prentiss zuckte mit den Schultern. »Das weiß ich nicht genau, John. Ich würde sagen, bald. Aber nagele mich nicht auf einen Zeitpunkt fest.«
»Gut.«
Ich war an diesem Abend nicht sehr gesprächig. Um mich herum verhielt sich das anders. Da gingen die Gäste aus sich heraus. Sie redeten sich fast die Lippen fransig und telefonierten auch dabei. Das Handy war überall präsent. Da die Bar in der Nähe des Gerichts lag, wurde Purdy Prentiss von manchem Gast begrüßt. Zwei junge Männer in grauen Anzügen stellten sich zu uns und fingen ein Gespräch an.
Ich hatte keine Lust, mich daran zu beteiligen. Überhaupt wollte ich nicht länger in dieser Umgebung bleiben, deren Licht einfach zu bunt, zu schrill und zu künstlich war.
Ich tippte Purdy auf die Schulter und sprach in ihr Ohr. »Ich mache mich mal vom Acker.«
»Jetzt schon?«
»Ich bin müde und muss zudem allein sein. Es gibt einfach Dinge, über die ich nachdenken muss.«
»Okay, wir sehen uns dann.«
Mit Küsschen auf die Wangen verabschiedete ich mich. Den Rover hatte ich nicht mitgenommen, und so nahm ich die U-Bahn, die ebenfalls voll war. Hier wurde wenig geredet. Die Menschen waren mehr mit sich und ihren Gedanken beschäftigt.
Deshalb war ich froh, meine Wohnung zu betreten, in der es ziemlich ruhig war. Das Gleiche galt für nebenan. Da war niemand.
Suko würde erst spät aus dem Krankenhaus zurückkehren.
In der Ruhe konnte man seine eigenen Gedanken treiben lassen.
Mir schoss so vieles durch den Kopf, als ich im Sessel saß und die Beine hochgelegt hatte. In meiner Wohnung hatte sich das letzte Drama abgespielt. Hier war Shao auch angegriffen worden, ebenso wie Glenda Perkins. Die beiden Frauen hatten es letztendlich geschafft. Wenn ich den Blick nach links drehte, dann war der Schnitt mit dem Messer einfach nicht zu übersehen. Der Angriff hatte Glenda verfehlt. Die Klinge war nicht in ihren Körper gedrungen,
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