134 - Befehle des Bösen
ein Volltreffer gewesen, und ich ließ sie nicht zur Ruhe kommen.
„Jetzt genügen ihm gelegentlich ein paar größere Tiere und Menschen. Wie gefällt dir die Vorstellung, daß es das ganze Toth-Haus schlucken könnte?"
„Deine Phantasie ist abscheulich, Coco."
„Mir ist es gleichgültig", log ich. „Ich verlasse das Haus, doch du wirst einige Zeit hier wohnen. Mich würde die Vorstellung nicht schlafen lassen, daß unter dem Haus ein schleimiges Untier lauert."
Wieder ein Blattschuß.
„Hm, du hast recht. Wir müssen uns um das Monster kümmern."
„Dies ist auch meine Absicht. Aber wie können wir es töten?"
„Wie soll ich das wissen?" fragte Rebecca ungehalten. „Wenn es nicht einmal Toth gewußt hatte." Dieses Argument hatte einiges für sich. Ich war seinerzeit dabei gewesen, als Johan Zaander von den Ratten angefallen und getötet wurde. Mit seinem Tod waren seine unmenschlichen Monstren gestorben, die von ihm abhängig gewesen waren, durch ein magisches Band mit seinem Leben und seiner dämonischen Existenz verknüpft gewesen waren. Doch ich wußte, daß einige seiner Geschöpfe überlebt hatten, wie der vampirartige Jockey Charles Casbrin. Rebecca bezeichnete das Monster als hirnlosen, schleimigen Klumpen, der sich von Unrat ernährte.
„Vielleicht war es eine Art Protoplasma", meinte ich gedankenverloren.
„Es war die Grundsubstanz, aus der Zaander seine Ungeheuer erschuf', erinnerte sich Rebecca.
„Das erklärte mir Zaander. Mit diesem Plasma könne er die Monster ganz nach seiner Phantasie gestalten."
„Der Klumpen gelangt in die Kanalisation, doch es ist niemand da, der ihn formt. Er ist sich selbst überlassen und paßt sich an die Umgebung immer mehr an. Im Lauf der Wochen wird er größer. So könnte es gewesen sein."
Rebecca zuckte die Schultern. „Mit Vermutungen kommen wir nicht weiter. Ich werde das Ungeheuer beobachten und sicherlich eine Möglichkeit finden, es unschädlich zu machen."
Meine alte Freundin war auf einmal sehr von ihren Fähigkeiten überzeugt.
Mühsam unterdrückte ich ein Gähnen. Die Anstrengungen der vergangenen Stunden machten sich nun bei mir bemerkbar. Meine Glieder wurden schwer, und diesmal gähnte ich ungeniert. Der Apparat meines Bruders konnte mir auch nicht helfen, da seine Kräfte im Toth-Haus unwirksam waren. Selten zuvor war ich so müde gewesen. Mit größter Mühe konnte ich die Augen offenhalten. Alles in mir gierte nach Schlaf.
„Ich zeige dir dein Zimmer, Coco", sagte sie, doch ich verstand Rebecca nur undeutlich. „Steh auf, und folge mir."
Wie in Zeitlupe stand ich auf, schloß die Augen und klammerte mich an Rebecca fest, die mich aus dem Büro ins Stiegenhaus führte. Aus weiter Ferne klang das Krächzen der Feldermausgeschöpfe. „Nicht", sagte ich. „Ich will hier nicht übernachten."
Die Dämonin schob mich die Stufen hoch. Für einen kurzen Moment wollte ich mich wehren, ich riß die Augen auf und blickte mich um. Verschwommen nahm ich ein breites Bett wahr, dann schlossen sich meine bleischweren Lider. Wohlig und warm hüllte mich das Bett ein. Ich rollte mich zusammen und fiel in einen unnatürlich tiefen Schlaf…
Rebecca wartete noch ein paar Minuten, bis Coco fest schlief, dann untersuchte sie das Gerät, das ihre Freundin um den Hals getragen hatte. Sie schaltete es ein, spürte jedoch keine Wirkung. Danach durchsuchte sie Cocos Umhängetasche. Einige Gegenstände bereiteten ihr ziemlich starkes Unbehagen, dazu zählten einige Amulette, die sie rasch zurück in die Tasche warf. Ihr Interesse konzentrierte sich auf vier kleine Plastiksäckchen, die mit Haaren, Fingernagelstücken, Schuppen und Kleidungsfäden gefüllt waren.
Nacheinander öffnete sie die Beutel und roch daran. Dann lächelte sie zufrieden.
„Einen angenehmen Schlaf wünsche ich dir, Coco", sagte sie und verschwand mit den Säckchen aus dem Zimmer.
In der Hauseinfahrt begrüßten sie die Feldermausgeschöpfe stürmisch. Kurze Zeit ließ sie die Liebkosungen über sich ergehen, dann verscheuchte sie ihre Opfer mit ein paar scharfen Worten. Sie beugte sich über den Blonden. Alles Blut war aus seinem Körper entwichen. Er atmete kaum merklich. Die Beine waren seltsam verdreht, und die Arme geschrumpft. Stellenweise war seine Haut grau geworden, das Gesicht war schrecklich verzerrt und büschelweise fiel ihm das Haar aus. Mit beiden Händen strich sie über den Körper, und die blutbeschmierten, zerfetzten Kleidungsstücke lösten sich auf und
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