1340 - Lady Sarahs teuflische Tochter
es, wieder auf die Oberfläche zu gelangen.
In der Dunkelheit war nur sein bleiches Gesicht zu sehen, und in ihm der weit aufgerissene Mund. Seine Augen waren verdreht, dort leuchtete das Weiße hervor.
Er schrie. Er verfiel in Panik. Wahrscheinlich zog der Schlamm bereits an seinen Beinen. Zudem musste er sich beim Sprung vom Steg noch abgestoßen haben, denn er war recht weit in den Sumpf hineingefallen und schlug noch immer um sich, anstatt sich ruhig zu verhalten und auf eine eventuelle Rettung zu hoffen.
Jetzt erwachte auch Claudine Parker aus ihrer Starre. Für Jane hatte sie im Moment keinen Blick. Ihr ging es um Robin.
»Schieß doch, verdammt!«, brüllte sie. »Pflück die Schlampe vom Steg, du Idiot!«
Ob Robin die Aufforderung gehört hatte, war nicht nachzuvollziehen. Er hätte sie hören müssen, doch in seiner Todesangst reagierte er völlig verkehrt. Er schlug auch weiterhin um sich. Er strampelte mit den Beinen. Er schoss nicht, er war zu einem panischen Bündel Mensch geworden, das immer tiefer in den gnadenlosen Sumpf einsackte. Die Kräfte, die ihn einmal gepackt hatten, würden ihn nie mehr loslassen.
Jane Collins hatte ihre große Angst inzwischen überwunden. Von Robin drohte ihr keine Gefahr mehr. Aber Claudine Parker war noch da.
Die Frau war etwas zurückgewichen. Auch sie hatte festgestellt, dass es keinen Sinn hatte, sich um ihren Kumpan zu kümmern. Der würde so lange jammern und schreien, bis ihm die schwammige Flüssigkeit das Maul für immer stopfte.
Die Collins war für sie wichtiger.
»Du verfluchtes Weib!«, brüllte Claudine. Sie bewegte hektisch ihre Hand. Sie wollte an die Waffe herankommen und Jane Collins selbst vom Steg schießen.
Die Detektivin bemerkte es gerade noch rechtzeitig. Und so startete sie ihren zweiten Angriff…
***
Der Steg war einfach zu schmal, um auszuweichen. Das bekam auch Claudine Parker zu spüren, denn sie kam nicht mehr weg und musste den Angriff voll nehmen.
Aber sie war eine Person, die sich blitzartig auf eine neue Situation einstellen konnte. Sie hatte es verdaut, dass ihr Helfer allmählich im Moor versank und nicht mehr daran dachte, auf Jane Collins zu schießen. So konnte sie sich ganz auf sich konzentrieren. Und sie war darin geübt, was Auseinandersetzungen anging.
Als Jane auf sie zustürmte, lief sie ihr nicht entgegen, sondern wich flink zurück. Jane hatte nicht genügend Schwung hinter ihren Angriff gelegt, zudem war der Holzboden rutschig, und ihre Hände fassten ins Leere. Zugleich rutschte sie auf dem glatten Holz aus und geriet dabei ins Straucheln.
Panik jagte in ihr hoch. Wenn sie jetzt fiel, war sie verloren, dann hatte alles nichts genutzt. Jane hatte Glück. Sie konnte sich mit den Händen abstützen. Nur für einen Moment befand sie sich in dieser gebückten Haltung.
Leider reichte für Claudine die Zeitspanne aus.
Sie trat zu.
Jane sah nur den Schatten. Sie drehte den Kopf um eine Idee zur Seite und hatte damit Glück, denn der Tritt erwischte ihr Gesicht nicht voll. Da schrammte der Fuß an ihrer rechten Kinnseite entlang. Der Treffer war trotzdem so hart, dass Jane Sterne sah und für einige Sekunden den Überblick verlor.
Genau das hatte Collins Parker gewollt!
Ihre Gegnerin war nicht mehr in der Lage, sich zu wehren, und die Parker setzte sofort nach. Sie sah die schwankende Gestalt auf dem Steg, und der nächste Schlag mit der flachen Hand traf Janes Gesicht. Ihre Lippen platzten auf, der Steg wurde für sie zu einer Rutschbahn, und es gab nichts, was sie hätte stoppen können.
Plötzlich gab es keinen Halt mehr unter ihrem Körper. Für einen Moment schwebte sie in der Luft, bis sie das Klatschen hörte und erkannte, dass sie das Geräusch verursacht hatte. Sie war in das Wasser gefallen. Nicht nur in das normale Wasser, sondern in einen tödlichen Sumpf!
Sie wollte schreien, doch sie konnte es nicht. Jane merkte, dass sie sank. Langsamer als bei einem normalen Fall ins Wasser. Sie schaukelte dabei von rechts nach links, hörte noch ein Schwappen und dann schlug etwas über ihr zusammen.
Dass es Wasser war, daran dachte Jane nicht. Eine kaum zu beschreibende Panik hielt sie im Griff. Sie steckte in der tödlichen Falle. Der Sumpf würde sie brutal nach unten ziehen.
Instinktiv hatte sie beim Fall den Mund geschlossen. Sie wollte das Zeug nicht schlucken, aber das Gefühl der Angst sprengte fast ihren Kopf. Auch die Augen presste sie zusammen. Trotzdem waren ihre Sinne hellwach. An ihren Füßen
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