1340 - Lady Sarahs teuflische Tochter
schien etwas zu zupfen, um sie dann nach unten zu ziehen.
Die Panik verlieh ihr übergroße Kräfte. Mit einer wilden Bewegung zog sie die Beine an wie ein Frosch und stieß sich dann ab.
Ihr Kopf drang aus dem Wasser. Sie hatte die Arme hochgerissen und stellte fest, dass das Glück zunächst auf ihrer Seite stand, denn sie sah den Steg dicht vor sich.
Jane handelte von Überlebensreflexen getrieben. Bevor sie wieder zurück in die Brühe sank, griff sie mit beiden Händen zu und bekam den Rand des Stegs zu fassen. Auch er war glitschig, bedeckt von irgendwelchen Algen, und so drückte Jane ihre Finger tief in diese weiche Masse hinein.
Sie hielt sich fest. Die Arme schauten aus dem Wasser, ein Teil des Oberkörpers ebenfalls. Jetzt musste es ihr nur gelingen, sich so lange und so fest zu halten, dass sie es schaffte, sich durch die Kraft der Finger aus dem Sumpf zu ziehen.
Es war kein Film, sondern die raue Wirklichkeit. Und Jane war auch keine dieser tollen Action-Frauen, die jede Gefahr locker, mit links, und noch einem Grinsen auf den Lippen meisterten.
Ihr ging es verdammt schlecht, und sie hatte panische Angst davor, es doch nicht zu schaffen. Zudem fühlte sie sich erschöpft, denn die Wirkungen der verfluchten Spritze waren noch nicht verschwunden.
Aber da existierte noch der Überlebenswille, und der gab ihr die nötige Kraft.
Nur nicht die Beine bewegen. Keine unruhige Gestik, die ihre Finger hätten abrutschen lassen können. Den Kopf hielt sie zurückgedrückt. Sie dachte in diesen so langen Augenblicken auch nicht an diesen Robin und an Claudine Parker.
Aber sie wurde recht brutal an sie erinnert. Janes Gehör hatte nicht gelitten. Die Geräusche auf dem Steg klangen hart. Ein paar Echos schwangen ihr entgegen, und sie wusste sofort, dass es die der Schritte waren.
Es kam jemand in ihre Nähe!
Das Wasser rann noch aus ihren Haaren. Sie atmete nicht mehr, sondern keuchte, und sie hielt die Augen weit offen, als wollte sie ihrem eigenen Tod entgegenschauen.
Claudine kam.
Sie ging noch drei kleine Schritte weiter. Dann blieb sie genau an der Stelle stehen, an der Janes Finger den Rand des Stegs voller Verzweiflung umklammerten.
Claudine Parker beugte sich vor. In der Dunkelheit wirkte ihre Gestalt wie der bizarre Schatten einer Sumpfhexe. Nur das Gesicht sah heller aus, ebenso wie die Haut im viereckigen Ausschnitt ihres Kleides.
Jane Collins wusste verdammt genau, was ihr blühen konnte.
Den Verlust des Helfers schien Claudine Parker überwunden zu haben, sonst hätte sie nicht gekichert.
»Es geht dir schlecht, wie?«
»Hör auf…«
»Nein, nein, Jane. Ich höre nicht auf. Du weißt doch, dass ich dich loswerden will. Du passt nicht in meine Pläne. Ich habe verdammt lange warten müssen, bis die Alte krepiert ist. Darauf kannst du dich verlassen. Ich habe beschlossen, dass du auf dieser Welt nichts mehr zu suchen hast. Du bist so überflüssig wie eine verdammte Fliege. Ich brauche dich nicht mehr.«
»Was ist denn mit Sarah? Du behauptest, ihre Tochter zu sein. Ich kann dir nicht glauben.« Jane wunderte sich darüber, dass sie trotz ihrer Schwäche die Worte noch hatte hervorstoßen können, aber höher hatte sie sich nicht ziehen können. Sie merkte auch, dass sie sich nicht mehr viel länger halten konnte. Ihr Gewicht und der Zug aus dem Sumpf nach unten waren einfach zu stark.
»Es ist mir egal, ob du mir glauben willst oder nicht. Für mich ist wichtig, dass du von dieser Welt verschwindest und dich niemand mehr finden wird. Dieser Platz ist ideal. Was der Sumpf einmal verschlungen hat, gibt er nicht mehr zurück.«
Es stimmte. Sie hatte ja so verdammt Recht. Im Mund spürte Jane den bitteren Geschmack von Galle. Im Kopf überschlugen sich die Gedanken. Alles war anders geworden. Das Leben war vorbei. Sie war nicht in der Lage, etwas zu tun. Hilflos hing sie am Steg.
Kalt war das Lächeln der Claudine Parker, die jetzt ihre Füße bewegte, was Jane sehr gut erkannte. Claudine drehte sie etwas, schob sie nach vorn und stellte sich auf die Hacken, sodass die Sohlen etwas über den Händen schwebten.
»Was glaubst du, was jetzt geschieht, Jane?«
»Nein«, flüsterte die Detektivin. »Nein, bitte, das kannst du nicht machen. So grausam ist kein Mensch.«
»Stimmt, Jane. Aber bin ich ein Mensch? Bin ich in deinen Augen wirklich noch ein Mensch?«
Jane verschluckte die Antwort. Aber diese Person hatte Recht.
Ein Mensch war sie nicht mehr. Sie sah nur aus wie ein Mensch,
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